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# taz.de -- Proteste in Burundi: Keine Seite will weichen
> Präsident Nkurunziza knebelt die Medien und setzt Milizen gegen die
> Opposition ein. Die protestiert trotzdem gegen seine dritte Amtszeit.
Bild: Das Privatauto eines Polizisten wurde in Bujumbura von Protestierenden an…
CAMBRIDGE taz | Am fünften Tag in Folge sind am Donnerstag Jugendliche in
Teilen von Burundis Hauptstadt Bujumbura auf die Straße gegangen, um gegen
das Bestreben von Präsident Pierre Nkurunziza zu protestieren, im Juni zu
einer in der Verfassung nicht vorgesehenen dritten Amtszeit anzutreten. Die
Mobilisierung der Opposition bleibt offenbar ungebrochen, trotz der harten
Maßnahmen der Regierung.
Die Proteste hatten am Sonntag begonnen, nachdem ein Parteitag der
Regierungspartei CNDD-FDD (Nationalkomitee/Kräfte zur Verteidigung der
Demokratie) Nkurunziza am Samstag zu ihrem Kandidaten für die
Präsidentschaftswahl am 26. Juni aufzustellen.
Angesichts der sich ausweitenden Unruhen hatten die Behörden am Montag
Abend das „Pressehaus“ in Bujumbura, dem wichtigsten Sitz unabhängiger
Medien im Land, geschlossen und den wichtigsten unabhängigen Rundfunksender
RPA (Radio Publique Africaine) abgeschaltet und ihm wegen „Unruhestiftung“
die Sendelizenz entzogen. Die anderen unabhängigen Radios können nicht mehr
außerhalb der Hauptstadt senden, wenn überhaupt.
Nach Polizeiangaben wurden 157 Menschen festgenommen, darunter der bekannte
Menschenrechtsaktivist Pierre-Claver Mbonimpa, der zu den Protesten ab dem
Wochenende mit aufgerufen hatte. Er kam allerdings am Dienstag Abend wieder
frei. Am Mittwoch schaltete Burundis Regierung die meisten sozialen
Netzwerke ab und erschwerte damit die Kommunikation zwischen Protestführern
und ihrer Basis.
## Gerüchte über nächtliche Morde
Mindestens sechs Menschen sind bei den Protesten und ihrer Niederschlagung
ums Leben gekommen, vermutlich viel mehr. Die Demonstranten, viele davon
durchaus gewaltbereit, stehen der Polizei und der Jugendmiliz der
Regierungspartei, „Imbonerakure“ gegenüber. Videos aus Bujumbura zeigen
Polizei, die scharf auf Straßensperren der Demonstranten schießt.
Fotos, deren Authentizität sich unmittelbar nicht verifizieren lässt,
zeigen Mord- und Folteropfer angeblicher Imbonerakure-Angriffe, die nachts
in einigen Stadtvierteln sowie nahe der Grenze zu Ruanda erfolgt sein
sollen. Die Milizionäre sind mit Macheten, Knüppeln und Granaten
ausgestattet. Immer wieder zirkulieren auch schwer verifizierbare Gerüchte
über nächtliche Morde und Angriffe seitens der Milizionäre.
Die verbreitete Angst vor den Milizen verhindert bislang, dass aus den
Demonstrationen große Massenproteste werden, die auch das Stadtzentrum
erreichen; ein Versuch, auf dem zentralen „Platz der Unabhängigkeit“ zu
demonstrieren, scheiterte am Mittwoch an der geringen Teilnahme. Am
Donnerstag ordneten die Behörden die Schließung der Universität der
Hauptstadt und die sofortige Räumung des Studentenwohnheims an.
## Hoffen auf die Armee
Es ist relativ leicht für die Polizei, die Straßenverbindungen aus
Bujumburas Außenvierteln in die Innenstadt zu sperren. Aber in einigen
Außenvierteln hat der Protest eine Eigendynamik angenommen. Diejenigen, die
sich auf die Straße trauen, gehen davon aus, dass sie Nkurunziza stürzen
können, und hoffen insgeheim, dass die Armee ihnen dabei hilft.
Der Präsident scheint das ebenfalls zu befürchten: Am Dienstag mittag
ordnete er den Rückzug des Militärs aus einzelnen Stadtvierteln an.
Burundis Armee ist zusammengewürfelt aus dem alten Tutsi-dominierten
Militär und Einheiten der heute regierenden ehemaligen Hutu-Rebellen, so
dass ihre Loyalität unklar beziehungsweise gespalten ist. Berichten zufolge
befolgen Demonstranten bereitwillig vereinzelte Aufforderungen von
Soldaten, Barrikaden abzubauen, in der Mutmaßung, die Armee stünde auf
ihrer Seite.
Derweil hält der Zustrom von Flüchtlingen aus Burundi in die Nachbarländer
an. Nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR sind inzwischen über
22.000 Burunder nach Ruanda geflohen und knapp 4.000 in die Demokratische
Republik Kongo.
30 Apr 2015
## AUTOREN
Dominic Johnson
## TAGS
Tutsi
Hutu
Pierre Nkurunziza
Burundi
Putsch
Flüchtlinge
Tansania
Präsidentschaftswahl
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Trauma
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