# taz.de -- Krieg in der Ukraine: Mehrfach „ins Gesicht gelogen“ | |
> David Cameron schickt militärische Ausbilder in die Ukraine. John Kerry | |
> ist stinksauer auf Russland. Amnesty International spricht von einem | |
> Streubombeneinsatz. | |
Bild: Separatisten nahe Donezk. | |
LONDON/WASHINGTON/MOSKAU dpa/ap/afp | Zur Ausbildung der Regierungstruppen | |
will Großbritannien Militärberater in die Ukraine schicken. Das Kontingent | |
solle in den nächsten Wochen entsandt werden, wie Premierminister David | |
Cameron in London bekanntgab. „Eine bestimmte Anzahl britischer Kräfte wird | |
involviert sein, sie werden nicht in der Kampfzone sein, aber ich denke, | |
das ist es, womit wir helfen sollten.“ | |
Waffenlieferungen schloss Cameron nicht grundsätzlich aus, er betonte aber: | |
„Wir glauben im Grunde nicht, dass es eine militärische Lösung hierfür | |
gibt. Es muss eine diplomatische Lösung geben.“ Laut britischer | |
Nachrichtenagentur PA sollen bis zu 75 Soldaten und Militärangehörige in | |
die frühere Sowjetrepublik geschickt werden. | |
Cameron warnte, Russlands Präsident Wladimir Putin könnte seine Aggression | |
künftig auch gegen baltische Staaten oder gegen Moldau richten, wenn ihm | |
jetzt nicht Einhalt geboten werde. Das Waffenstillstandsabkommen wirke | |
nicht. Es wäre „wundersam“, wenn die Vereinbarungen in vollem Umfang | |
eingehalten würden, sagte Cameron. Er schlug außerdem vor, Russland aus dem | |
Zahlungsverkehrssystem Swift auszuschließen. | |
US-Außenminister John Kerry attackierte die Regierung in Moskau scharf. Er | |
hielt Russland vor, die „umfangreichste Propaganda-Übung“ zu betreiben, die | |
er seit dem Höhepunkt des Kalten Krieges beobachtet habe. Kerry warf der | |
russischen Regierung vor, wiederholt über ihr Handeln in der Ostukraine | |
gelogen zu haben. Ihm selbst und anderen Menschen habe Moskau mehrfach „ins | |
Gesicht“ gelogen, sagte Kerry. Seit dem Beginn des Konflikts in der Ukraine | |
im Frühjahr vergangenen Jahres traf sich Kerry bereits mehrfach mit seinem | |
russischen Kollegen Sergej Lawrow. | |
## US-Armee nur wenige hundert Meter von Russland entfernt | |
In Estland nahmen am Dienstag US-Truppen an einer Militärparade zum | |
Nationalfeiertag teil. Nur wenige 100 Meter von der EU-Grenze zu Russland | |
entfernt marschierten Soldaten aus den USA und anderen Nato-Staaten | |
gemeinsam mit estnischen Kameraden durch die Stadt Narva im Norden des | |
Landes. Auch mit US-Flaggen geschmückte Kampffahrzeuge waren beteiligt, wie | |
estnische Medien berichteten. | |
Die baltischen Staaten sind wegen Russlands Haltung im Ukraine-Konflikt | |
besorgt um die eigene Sicherheit. Die Nato hat deshalb ihre Präsenz in den | |
drei Ex-Sowjetrepubliken deutlich erhöht. Im Rotationsprinzip sind seit | |
April 2014 jeweils 150 US-Soldaten in Estland, Lettland und Litauen sowie | |
in Polen stationiert. | |
## Waffen ruhen nicht | |
Eine vor anderthalb Wochen für die Ostukraine vereinbarte Waffenruhe | |
erweist sich indes als brüchig. Regierungstruppen und prorussische | |
Aufständische werfen sich gegenseitig Verstöße vor. [1][Auch der Streit um | |
den Abzug schwerer Waffen] aus dem Kriegsgebiet Donbass dauerte an. | |
Die Außenminister aus Frankreich, Deutschland, Russland und der Ukraine | |
verständigten sich am Dienstag bei einem Krisentreffen in Paris darauf, | |
dass wegen der ständigen Waffenstillstandsverletzungen die internationale | |
Beobachtermission deutlich verstärkt werden soll. Die Minister riefen | |
zugleich zur Umsetzung der Mitte Februar in der weißrussischen Hauptstadt | |
Minsk getroffenen Vereinbarungen auf. Dazu zähle insbesondere die | |
Einhaltung der Feuerpause und der komplette Abzug schwerer Waffen, sagte | |
Frankreichs Ressortchef Laurent Fabius. | |
Die proeuropäische Führung der Ukraine und auch der Westen werfen Russland | |
vor, die Separatisten in dem Unruhegebiet unter anderem mit Waffen zu | |
unterstützen. Der Kreml weist die Anschuldigungen zurück. | |
## Auch geächtete Streubomben im Einsatz | |
Nach Angaben von Amnesty International sind bei den Kämpfen in der Ukraine | |
auch international geächtete Streubomben zum Einsatz gekommen. Die Waffen | |
seien offenbar von beiden Seiten genutzt worden, hieß es in einem am | |
Mittwoch [2][//www.amnesty.org/en/annual-report-201415/:veröffentlichten | |
Bericht der Menschenrechtsorganisation.] Die bei Amnesty als | |
Forschungsdirektorin tätige Anna Neistat räumte in Moskau vor Reportern | |
zugleich ein, dass sich dies nur schwer prüfen lasse. | |
„Unter Berücksichtigung von allem, was wir jetzt verstehen, denken wir, | |
dass sie (Streubomben) von beiden Seiten benutzt wurden“, sagte sie. Zudem | |
habe Amnesty International Fälle von Entführungen, Folter und | |
standrechtlichen Tötungen dokumentiert. Die Täter seien sowohl | |
Freiwilligen-Bataillons aufseiten der Regierung als auch Einheiten der | |
prorussischen Separatisten. | |
In dem Jahresreport machte Amnesty beiden Konfliktparteien in der | |
Ostukraine für die hohe Zahl ziviler Todesopfer verantwortlich, die durch | |
wahllos vorgenommene Mörser- und Raketenangriffe [3][zu beklagen seien.] In | |
der Region hätten „beide Seiten darin versagt, vernünftige Vorkehrungen zum | |
Schutz von Zivilisten zu treffen und dabei das Kriegsrecht verletzt“, | |
kritisierte die Organisation. | |
Seit Beginn der Kämpfe zwischen prorussischen Separatisten und den | |
ukrainischen Regierungstruppen im April 2014 sind fast 5.800 Menschen | |
getötet worden. | |
25 Feb 2015 | |
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