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# taz.de -- Wahl in Estland: Von der bösen Orange bedroht
> Estland wählt am 1. März ein neues Parlament. Der Wahlkampf ist von
> sozialen Themen und der Ukraine-Krise bestimmt.
Bild: Begreift die Welt als Obstsalat: Estlands Premierminister Taavi Roivas.
TALLINN dpa | Taavi Rõivas ist ein junger Este, der mit moderner
Kommunikationstechnik aufgewachsen und von ihr überzeugt ist. Wenn die
Esten am Sonntag (1. März) ein neues Parlament wählen, wird sich der
35-Jährige nicht in die Warteschlange vor den Wahllokalen einreihen, um
sein Kreuz auf einen Stimmzettel zu setzen. Er hat bereits gewählt –
[1][via Internet.]
Auch seine Landsleute machen von der seit nunmehr zehn Jahren bestehenden
Möglichkeit des „E-Voting“ zunehmend Gebrauch. Bereits vor dem eigentlichen
Wahltag stimmten mehr als 10 Prozent der gut 950.000 Wahlberechtigten
online ab. Insgesamt bewerben sich 872 Kandidaten um einen der 101 Sitze im
„Riigikogu“, dem estnischen Parlament.
Edgar Savisaar hingegen wird bewusst „altmodisch“ in seinem Wahlkreis
abstimmen – er setzt auf die Wirkung der Fernsehbilder. Der Tallinner
Bürgermeister gilt als schärfster [2][Rivale von Rõivas]. Keiner spaltet
die Esten so wie der Chef der oppositionellen Zentrumspartei. In der
russischen Minderheit, die etwa ein Viertel der Bevölkerung ausmacht, und
unter Rentnern genießt er die höchsten Vertrauenswerte aller estnischen
Politiker.
Der 64-Jährige Savisaar will mit seinem Plan für einen wirtschaftlichen
Neustart und linkspopulistischen Versprechen bei den Wählern ankommen. Doch
anders als in früheren Wahlen haben nahezu alle Parteien soziale Fragen zum
Thema gemacht, und alle versprechen im Wahlkampf ähnliche Lösungen:
Geringverdiener sollen durch einen höheren Mindestlohn oder
Steuerfreibetrag bessergestellt werden, Familien mit Kindern mehr
Unterstützung erhalten.
## Obst und Gemüse im Wahlkampf
Regierungschef Rõivas, der erstmals als Spitzenkandidat für die
wirtschaftsliberale Reformpartei antritt, will aus Estland ein „neues
nordisches Land“ machen und eine „besser geschützte, wohlhabende und
wachsende Nation“. Die Stimmung im Land wird überschattet vom Konflikt in
der Ukraine.
Angesichts des russischen Vorgehens auf der Krim und im Donbass fürchtet
die ehemalige Sowjetrepublik Moskauer Machtansprüche. Anders als im
benachbarten Lettland gibt es keine klar prorussisch positionierte Partei.
Die besten Kontakte nach Russland unterhält Savisaar, weshalb ihm viele
Esten misstrauen.
Die Sicherheit der kleinen Baltenrepublik war im Wahlkampf ein Dauerthema.
Rõivas machte dabei Schlagzeilen [3][mit einem Wahlvideo mit Kampfjets] und
einem Schulbesuch, bei dem er Kindern die Nato-Beistandsgarantie so
erklärte: Estland sei eine Erbse, die neben einer leicht bösen Orange
(Russland) lebe. Wegen ihrer Freundschaft mit der großen Wassermelone (USA)
und anderen Obst- und Gemüsesorten brauche sie sich aber keine Sorgen zu
machen.
Auch Verteidigungsminister Sven Mikser, Chef der mitregierenden
Sozialdemokraten, betonte wiederholt, die direkte Bedrohung sei aufgrund
der Nato-Mitgliedschaft gering. Mit seiner Partei liegt der 41-jährige in
Umfragen an dritter Stelle vor dem konservativen Wahlbündnis IRL. Auf dem
ersten und zweiten Platz wechseln sich Reform- und Zentrumspartei ab.
Auch zwei neugegründete Parteien könnten den Sprung über die
Fünf-Prozent-Hürde schaffen. Gut 30 Prozent der Wähler sind Umfragen
zufolge noch unentschlossen, wem sie ihre Stimme geben.
28 Feb 2015
## LINKS
[1] http://www.vvk.ee/
[2] http://twitter.com/TaaviRoivas/status/568477214024605698
[3] http://www.youtube.com/watch?v=FNqzSv7l6No
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