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# taz.de -- Kommentar Wahl in Estland: Oben-unten-Gräben statt Ost-West
> Pro-Russen legen zu, Pro-Europäer verlieren? Stimmt nur auf den ersten
> Blick: Bei der Wahl in Estland ging es vor allem um die sozialen
> Verwerfungen.
Bild: Die Grenzen verlaufen nicht entlang der Völker, sondern zwischen oben un…
Das [1][Wahlergebnis in Estland] bedeutet insgesamt ein Rechtsruck. Doch
von den bisherigen Parlamentsparteien konnte als einzige ausgerechnet die
als „moskaufreundlich“ geltende linke Zentrumspartei zulegen. So lässt sich
das Ergebnis der Parlamentswahlen in Estland zusammenfassen. Und inwieweit
spiegeln sich darin die Vorgänge in der Ukraine wider? Die Wahl ist
vermutlich nur am Rande von diesem Thema beeinflusst worden.
Dafür spricht nicht nur der Wahlkampf, in dem sicherheitspolitische Fragen
allein deshalb kaum eine Rolle spielten, weil es parteipolitische
Kontroversen dazu nicht gab: Keine Partei stellt die feste Verknüpfung in
das NATO-Bündnis und die Westanbindung des Landes in Frage. Und auch das
Zentrum war - nach anfänglichem Zögern - auf einen klaren Kurs der Kritik
gegen die Ukrainepolitik Putins eingeschwenkt.
Die Meinungsumfragen zeigen, dass die EstInnen bei ihrer Wahlentscheidung
weniger die Ukraine als ein ganz anderes Thema bewegte: Ihre eigene
wirtschaftliche und soziale Situation und die ihres Landes. Mag Estland in
einer kriselnden Euro-Zone immer wieder gern schon deshalb als Vorbild
genannt werden, weil die Kennzahlen ein über dem Durchschnitt liegendes
Wirtschaftswachstum vermelden: Die Wahrheit für die breite Bevölkerung
sieht ganz anders aus.
Nur bei einer schmalen Oberschicht kommt dieses Wachstum in Form steigender
Einkommen und Vermögen an, das Gros der EstInnen geht leer aus. Die
Realeinkommen sind seit acht Jahren nicht gestiegen, die Arbeitslosigkeit
hat sich dagegen fast verdoppelt und die Emigration ist stetig gewachsen,
weil immer mehr junge und gutausgebildete Leute keine Zukunft mehr in ihrer
Heimat sehen.
In den tiefer werdenden sozialen Gräben dürfte man auch Antworten auf die
Frage finden, warum zum einen die Zentrumspartei zulegen konnte und warum
zum anderen gleich zwei neue Protest-Parteien auf Anhieb die Sperrklausel
nehmen konnten. Das Land wird vermutlich aber auch in Zukunft von den auf
neoliberalen Kurs festgelegten Mitte-rechts-Parteien gesteuert werden, die
Estland seit 15 Jahren regieren. Für weite Teile der Bevölkerung ist das
keine gute Nachricht.
2 Mar 2015
## LINKS
[1] /Parlamentswahl-in-Estland-/!155604/
## AUTOREN
Reinhard Wolff
## TAGS
Russland
Wahl
Estland
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Moskau
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EU
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