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# taz.de -- Grüner über NSU-Ausschuss Hessen: Das Schweigen der V-Männer
> Aufklärung ist wichtiger als Geheimhaltung, sagt Hessens
> Ex-Justizminister von Plottnitz. Er fordert schonungslose Transparenz.
> Auch von den Grünen.
Bild: Grüne und er sollten besser aufklären: Hessens CDU-Ministerpräsident V…
taz: Herr von Plottnitz, sind Sie zufrieden mit der bisherigen Arbeit Ihrer
grünen Freunde im hessischen NSU-Untersuchungsausschuss?
Rupert von Plottnitz: Mich hat es ziemlich verwundert, dass sich die Grünen
gemeinsam mit der CDU bei der Einsetzung des Ausschusses enthalten haben.
Die CDU hat doch seinerzeit sogar für die Untersuchungsausschüsse zur
Aufklärung ihres Schwarzgeld-Skandals gestimmt. Die Annahme, es gebe in
Hessen in Bezug auf den NSU nichts Neues mehr herauszufinden, hat sich
inzwischen als Irrtum erwiesen. Nach den jüngsten Berichten über abgehörte
Telefonate zwischen dem Verfassungsschützer Andreas Temme und seinen
Vorgesetzten lässt sich das so nicht mehr aufrecht erhalten. Für die Grünen
besteht jetzt aller Anlass, als treibende Kraft aufzutreten.
Was erwarten Sie konkret?
Die kritischen Punkte erkennt man inzwischen doch selbst als Zeitungsleser:
Warum macht sich der hessische Verfassungsschutz mit solchem Engagement an
die Verteidigung seines Mitarbeiters Andreas Temme? Warum rät ein
Geheimschutzbeauftragter diesem Beamten, nah an der Wahrheit zu bleiben,
statt die Wahrheit zu sagen? Warum fehlt in der Zusammenfassung der
abgehörten Telefonate die besonders problematische Passage, in der dieser
Geheimschutzbeauftragte gesagt haben soll: Er rate, sich nicht an Orte zu
begeben, an denen so etwas passieren könne? Diese Fragen müssen jetzt
vorrangig geklärt werden.
Aber Ministerpräsident Volker Bouffier spielte doch selbst eine
problematische Rolle bei der Aufklärung des NSU-Mordes in Kassel. Wie
sollen die Grünen als Koalitionspartner da im Ausschuss vorpreschen?
Ich bin mir nicht sicher, ob es richtig ist, Herrn Bouffier zum zentralen
Buhmann zu machen. Er hat damals bestimmten V-Leuten keine
Aussagegenehmigung erteilt und für Geheimhaltung gesorgt, wo mehr
Transparenz richtig gewesen wäre. Aber er hat sich dabei sicher auf
dringliche Ratschläge des Verfassungsschutzes gestützt. Ich kann mir gut
vorstellen, dass er das heute selbst bedauert.
Bedauern hat Bouffier bisher nicht geäußert. Stattdessen verteidigte er
gerade erst seine Entscheidung - mit Verweis auf die Sicherheitslage.
Naja, er sagt, er habe nach bestem Wissen und Gewissen entschieden.
Vermutlich hätten damals alle Innenminister - vielleicht mit Ausnahme von
Günther Beckstein in Bayern - genauso gehandelt. Wichtig ist, jetzt die
Konsequenzen aus dieser Fehlentscheidung zu ziehen.
Welche Konsequenzen verlangen Sie?
Das Verfassungsschutzgesetz muss geändert werden. Es kann doch nicht sein,
dass in einem Rechtsstaat die Geheimhaltungsinteressen eines Geheimdienstes
wichtiger sein sollen als die Aufklärung einer Mordtat - vor allen Dingen,
wenn es sich um eine politischen Mord wie in Kassel handelt. Das aktuelle
Verfassungsschutz-Gesetz ermöglicht eine solche Geheimhaltung aber
ausdrücklich. Das ist aus meiner Sicht der wunde Punkt.
Aber bisher ist doch nicht mal klar, ob der Untersuchungsausschuss jetzt
Zugriff auf alle kritischen V-Mann-Akten bekommt und die V-Leute umfassend
aussagen dürfen.
Da erwarte ich jetzt die größtmögliche Transparenz. Die Zeugen sind ja auch
nicht automatisch schutzlos, wenn sie zur Aussage verpflichtet werden. Für
ihre Sicherheit kann der Ausschuss sorgen, beispielsweise durch
nicht-öffentliche Sitzungen.
Sollten sich die Grünen im Ausschuss diese Forderung nach Freigabe der
Akten und Zeugen zu eigen machen?
Ich will da als ehemaliger Politiker keine Ratschläge geben. Aber ich bin
mir sicher, dass die Grünen hier nicht zu den Bremsern gehören werden. Im
Gegenteil.
6 Mar 2015
## AUTOREN
Astrid Geisler
## TAGS
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Hessen
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