| # taz.de -- SPD-Justiziarin zu Freihandelsabkommen: „Bestehende Gerichtshöfe… | |
| > Katarina Barley ist Justiziarin der SPD-Fraktion. Sie sieht eine | |
| > Alternative zu den umstrittenen Schiedsgerichten in den | |
| > Freihandelsabkommen TTIP und Ceta. | |
| Bild: „Die private Schiedsgerichtsbarkeit wird von der Bevölkerung nicht akz… | |
| taz: Frau Barley, die Auseinandersetzungen über die Schiedsgerichtsbarkeit | |
| bei den Freihandelsabkommen Ceta und TTIP haben die SPD kalt erwischt. Ist | |
| die SPD nun dafür oder dagegen? | |
| Katarina Barley: Die SPD ist grundsätzlich für Investorenschutz, wenn er | |
| vor willkürlicher und diskriminierender Behandlung durch den jeweiligen | |
| Staat schützt. Die SPD will aber verhindern, dass Investorenschutz dazu | |
| genutzt wird, legitime demokratische Gesetzgebung, zum Beispiel im | |
| Umweltschutz und bei sozialen Rechten, auszuhebeln. | |
| Warum brauchen kanadische und amerikanische Investoren einen anderen Schutz | |
| als einheimische und europäische Investoren? | |
| Teilweise ist ihre Situation objektiv schlechter. So können amerikanische | |
| und kanadische Unternehmen keine Grundrechte beim Bundesverfassungsgericht | |
| einklagen. | |
| Sind Sie deshalb dafür, dass ausländische Investoren bei Schiedsgerichten | |
| klagen können? | |
| Nein, die Staaten dürfen bei so sensiblen Fragen nicht einen Teil ihrer | |
| Souveränität aufgeben. Es kann nicht sein, dass wenige spezialisierte | |
| Anwälte Schiedsgerichte bilden und mit ihren Urteilen die Staaten zu | |
| milliardenschweren Schadensersatzzahlungen an private Investoren | |
| verurteilen. Diese private Schiedsgerichtsbarkeit ist weder sinnvoll, noch | |
| wird sie von der Bevölkerung akzeptiert. | |
| SPD-Chef Sigmar Gabriel hat als Wirtschaftsminister vorgeschlagen, | |
| stattdessen einen Internationalen Handelsgerichtshof einzurichten. Was | |
| halten Sie davon? | |
| Das ist ein guter Vorschlag. Ein Handelsgerichtshof würde von den | |
| beteiligten Staaten geschaffen und wäre damit demokratisch legitimiert. | |
| Allerdings dürfte es einige Jahre dauern, bis ein derartiger Gerichtshof | |
| arbeitsfähig ist. Für das fertig ausgehandelte Ceta-Abkommen käme ein neuer | |
| Handelsgerichtshof eventuell zu spät. | |
| Lehnen Sie den Vorschlag deshalb ab? | |
| Nein, wir sollten den Handelsgerichtshof in Ceta als Option verankern, die | |
| genutzt werden kann, sobald der neue Gerichtshof eingerichtet ist. Bis | |
| dahin brauchen wir aber eine Übergangslösung. | |
| Was schlagen Sie vor? | |
| Wir sollten bereits bestehende nationale und supranationale Gerichtshöfe | |
| nutzen. Kanadische Investoren könnten dann beim Europäischen Gerichtshof | |
| klagen. Europäische Investoren, die sich in Kanada benachteiligt fühlen, | |
| könnten beim kanadischen Obersten Gerichtshof, dem Supreme Court, klagen. | |
| Was sind die Vorteile dieser Lösung? | |
| Beide Gerichte existieren bereits und sind sofort einsatzfähig. Sie sind in | |
| der Bevölkerung und bei Unternehmen bekannt und anerkannt. Sie können auch | |
| dafür sorgen, dass sich die Investoren-Rechtsprechung gut in die sonstige | |
| Rechtsprechung einfügt. | |
| Wenn der Vorschlag so viele Vorteile hat, warum sollte er nur | |
| übergangsweise umgesetzt werden? | |
| Im Verhältnis zu Kanada und wohl auch zu den USA wäre eine Dauerlösung | |
| sinnvoll. Das Ceta-Abkommen zwischen der EU und Kanada soll aber das Muster | |
| für viele neue Handelsabkommen werden, zum Beispiel mit China und Russland. | |
| Es geht mittelbar also auch um den Schutz europäischer Unternehmen in | |
| Staaten, in denen viele schon schlechte Erfahrungen gemacht haben. Dort | |
| kann von europäischen Investoren nicht verlangt werden, auf den jeweiligen | |
| Obersten Gerichtshof zu hoffen. Deshalb brauchen wir am Ende eben doch | |
| einen Internationalen Handelsgerichtshof. | |
| 12 Mar 2015 | |
| ## AUTOREN | |
| Christian Rath | |
| ## TAGS | |
| Schwerpunkt TTIP | |
| SPD | |
| CETA | |
| Schwerpunkt TTIP | |
| Kanada | |
| Der Spiegel | |
| Investorenschutz | |
| Schwerpunkt TTIP | |
| Schwerpunkt TTIP | |
| Schwerpunkt TTIP | |
| Schwerpunkt TTIP | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Neue TTIP-Verhandlungsrunde: Das Ratsgeheimnis | |
| Die aktuellen Verhandlungen zum Freihandelsabkommen TTIP sind | |
| Verschlusssache – sogar für die meisten Abgeordneten. Warum eigentlich? | |
| Beschwerde in Karlsruhe: Massenklage gegen Ceta geplant | |
| Eine Musiklehrerin und Tausende von Mitstreitern wollen den | |
| EU-Freihandelsvertrag mit Kanada angreifen. Sie sehen das Wahlrecht in | |
| Gefahr. | |
| Debatte Zukunft der SPD: Volkspartei ohne Volk | |
| Angeblich hält SPD-Chef Sigmar Gabriel den Kampf ums Kanzleramt für | |
| aussichtslos. Ist das verrückt oder einfach nur realistisch? | |
| Attac-Sprecher über Investitionsschutz: „Die Staaten können nur verlieren“ | |
| Die Bundesregierung hat die Mauritius-Konvention unterschrieben, die | |
| Investitions-Staat-Schiedsverfahren transparenter macht. Attac hält das für | |
| Augenwischerei. | |
| TTIP-Anhörung im Bundestag: Sorge um die Spreewaldgurke | |
| Der Wirtschaftsausschuss des Bundestages debattierte mit zehn | |
| Sachverständigen über die Vor- und Nachteile von TTIP. | |
| Kommentar Sozialdemokraten und TTIP: Links blinken, rechts abbiegen | |
| Wie die SPD die Akzeptanz der umstrittenen Freihandelsabkommen erhöhen | |
| will, klingt gut. Aber eine entscheidende Frage stellt sie nicht. | |
| Freihandelsabkommen TTIP mit den USA: Kampf geht in die nächste Runde | |
| Das EU-Parlament will die Latte für die umstrittenen Verträge hochhängen. | |
| In einem Entwurf legte es sich jetzt auf ein „Nein“ zum Investorenschutz | |
| fest. | |
| Gutachten über Schiedsgerichte: TTIP verstößt gegen Grundgesetz | |
| Der frühere Verfassungsrichter Broß hält Schiedsgerichte in den | |
| Freihandelsabkommen für verfassungswidrig. Völkerrechtler widersprechen | |
| ihm. |