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# taz.de -- Schuldenkrise in Griechenland: Hafen Piräus soll verkauft werden
> Der Finanzbedarf ist zu groß: Die gestoppte Privatisierung des Hafen von
> Piräus soll nun doch erfolgen. In Brüssel verhandelt man weiter über die
> Reformliste Athens.
Bild: Bald wohl doch nicht mehr im Besitz der griechischen Regierung: Hafen von…
BRÜSSEL/ATHEN dpa/rtr | Griechenland hat beim Privatisierungsprojekt Hafen
von Piräus (OLP) eine Kehrtwende gemacht. Seine Regierung sei bereit, die
Mehrheit an dem Hafen binnen Wochen zu verkaufen, zitierte die chinesischen
Nachrichtenagentur Xinhua am Samstag den stellvertretenden griechischen
Ministerpräsidenten Yannis Dragasakis.
Nach ihrem Amtsantritt hatte die neue Regierung unter Führung der linken
Syriza-Partei im Januar noch erklärt, sie werde Schluss machen mit der
Spar- und Privatisierungspolitik der Vorgängerregierungen. Stoppen wollte
sie zunächst auch den Verkauf der Mehrheit von 67 Prozent am Hafen von
Piräus. Auf der Fünfer-Liste der aussichtsreichen Bewerber für diese
Beteiligung stand bis dato auch die chinesische Cosco Group.
Die Privatisierung des größten griechischen Hafens war eines der Vorhaben,
zu denen sich die Regierung des damaligen Regierungschef Antonis Samaras im
Gegenzug zu Finanzhilfen verpflichtet hatte. Dass die neue Regierung nun
wieder darauf zurückkommt, hängt offenbar mit dem akute Finanzbedarf des
Landes zusammen. Cosco und seine Mitbewerber seien eingeladen, ein
wettbewerbsfähiges Angebot für den Hafen vorzulegen, sagte Dragasakis nach
einem Bericht der chinesischen Agentur zufolge bei einem Besuch in der
Volksrepublik. Die Transaktion könne dann in kurzer Zeit abgeschlossen
werden. Der Politiker signalisierte, dass sich das chinesische Unternehmen
Hoffnungen auf das Geschäft machen kann.
Unter hohem Zeitdruck verhandeln die griechische Regierung und die
internationalen Geldgeber derweil über die Liste der geplanten Reformen
Athens. Am Samstag liefen in Brüssel die Verhandlungen auf Expertenebene,
die das ganze Wochenende dauern sollen.
Wie aus Kreisen der EU-Kommission verlautete, geht es dabei um
„Reformelemente“, um „so schnell wie möglich eine umfangreiche und
spezifische Liste“ fertigzustellen. Die Gespräche gestalteten sich nach
Angaben aus Verhandlungskreisen schwierig. Die Geldgeber von Europäischer
Zentralbank (EZB), EU-Kommission und Internationalem Währungsfonds (IWF)
seien nicht zufrieden und hätten mehr Details verlangt, hieß es.
Falls die Geldgeber-Vertreter grünes Licht geben, könnten die
Euro-Finanzminister laut Diplomaten nächste Woche zusammenkommen, um die
blockierten Hilfen freizugeben. Griechenland stehen aus verschiedenen
Quellen noch 7,2 Milliarden Euro zu.
## Zusätzliche Finanzlücke von 10 bis 20 Milliarden
Die Zeit drängt: Athens Kassen könnten schon Mitte April leer sein.
Griechenland ist vom Kapitalmarkt abgeschnitten, die Steuereinnahmen
brachen zuletzt ein.
Nach einem Bericht des Nachrichtenmagazins Der Spiegel braucht das
pleitebedrohte Land wegen des Reformstopps noch mehr Hilfsgelder als
bislang angenommen. Experten rechnen laut Bericht mit einer zusätzlichen
Finanzierungslücke von 10 bis 20 Milliarden Euro.
Die aktuelle Reformliste mit rund 18 Maßnahmen soll Griechenland mindestens
drei Milliarden Euro einbringen. Dabei geht es vor allem um den Kampf gegen
Steuerhinterziehung, während Kürzungen von Gehältern und Renten nicht dazu
gehören sollen.
Die griechische Regierung hatte am Freitag die mit Spannung erwarteten
Vorschläge für die Reformliste gemacht. Nach Angaben der regierenden
Linkspartei Syriza wurde die Liste von engen Mitarbeitern von
Finanzminister Gianis Varoufakis in Brüssel übergeben.
Darauf stehen dem Vernehmen nach eine Erhöhung des Höchststeuersatzes auf
bis 45 Prozent, eine neue Immobiliensteuer, eine Erhöhung der
Mehrwertsteuer für Luxuswaren, der Kampf gegen Steuerhinterziehung durch
die Verbindung aller Registrierkassen mit dem Steueramt, Privatisierungen
sowie die Kontrolle aller Geldeinlagen von Griechen im Ausland.
## Griechen heben Geld ab
Kurz vor Beginn der Verhandlungen hatte die Regierung von Ministerpräsident
Alexis Tsipras den Druck erhöht und mit Zahlungsausfall gedroht. Sollten
ausstehende Hilfen nicht bald an Athen ausgezahlt werden, werde
Griechenland seine Verpflichtungen nicht erfüllen können.
Die Griechen heben angesichts der schweren Finanzkrise immer mehr Geld von
ihren Konten ab. Die Einlagen sanken nach Bankenangaben auf den niedrigsten
Stand seit Ausbruch der Schuldenkrise, berichtete am Samstag die
konservative Zeitung Kathimerini.
Die Banken sind auf Notkredite angewiesen, die die EZB regelmäßig neu
bewilligen muss. Griechenland kann die Staatspleite nach Überzeugung von
Ökonom Carsten Brzeski derzeit nur dank der EZB-Hilfen verhindern. „Die EZB
hält den Schlüssel für den Grexit in der Hand“, sagte der
ING-Diba-Chefvolkswirt der Deutschen Presse-Agentur in Frankfurt. Die EZB
halte die Banken des Landes am Leben, indem sie den Rahmen für
Ela-Notkredite ständig erhöhe.
Unabhängig von der Reformliste geht das Tauziehen um 1,2 Milliarden Euro
Banken-Hilfsgeld weiter. Athen macht geltend, es habe zu viel geparktes
Hilfsgeld für die Bankenrettung an den Euro-Krisenfonds in Luxemburg
zurückgezahlt und verlangt Geld zurück.
28 Mar 2015
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Bernd Lucke
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