Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Gute Gründe für Protestmärsche: Osterspaziergang ganz in Familie
> Es ist Ostermarsch-Saison. Die Berlin-Redaktion der taz nennt vier
> Gründe, warum es sich lohnt, für den Frieden auf die Straße zu gehen.
Bild: Der Evergreen unter den Ostermarsch-Slogans.
##
In den derzeitigen Debatten über den 70. Jahrestag des Endes des zweiten
Weltkriegs wird häufig gefragt, wie man dieses wichtige Thema vor allem
jungen Menschen vermitteln könne, wenn keine Zeitzeugen mehr leben – was in
Kürze unweigerlich der Fall sein dürfte. Beim Ostermarsch könnte sich das
Problem in einigen Jahren ebenfalls ergeben: Denn das Haar der meisten
Teilnehmer ist inzwischen schlohweiß, ihr Engagement zwar erstaunlich, aber
eben auch nicht unendlich.
Die Ostermärsche sind vielleicht nicht ganz so historisch bedeutsam wie das
Kriegsende. Aber zumindest hatten sie in ihrer Hochzeit in den 70ern und
frühen 80ern eine historische Dimension; damals gingen Hunderttausende
gegen die atomare Aufrüstung diesseits und jenseits des Eisernen Vorhangs
auf die Straße; zudem sind die Protestmärsche thematisch unmittelbar mit
dem 8. Mai verbunden.
Wer von der jüngeren Generation einen lebendigen Eindruck davon bekommen
will, was damals zur Disposition stand – nämlich die Gefahr eines
Weltuntergangs –, sollte sich aufraffen. Denn könnten sie oder er es sich
verzeihen, später den Kindern sagen zu müssen: „Ich hätte zwar hingehen
können, es gab die Ostermarschierer noch – aber ich war einfach zu faul.“
BIS
## Protestwertes Anliegen
Tatsächlich ist es ein Rätsel, warum die Teilnehmerzahlen der Ostermärsche
seit Mitte der 90er-Jahre stetig sinken. Denn der Krieg – und zwar nicht in
seiner abstrakten, sondern in seiner konkreten Form – rückt seitdem genauso
stetig näher.
Man muss sich doch nur an die Berichterstattung der taz aus den vergangenen
Monaten erinnern: Eskaliert der Krieg in der Ukraine, weitet sich über die
Region hinaus aus und wird gar zu einer Neuauflage der Stellvertreterkriege
der 1980er-Jahre zwischen West und Ost? Man bedenke: Die umkämpfte Stadt
Donezk im Osten des Landes ist von Berlin lediglich 1.800 Kilometer
Luftlinie entfernt.
Kobani wiederum, die Stadt, die Kurden gegen die Truppen des Islamischen
Staates unter hohen Tribut verteidigt haben, liegt unmittelbar jenseits der
türkischen Grenze. Und Kämpfer auf beiden Seiten stammen aus Mitteleuropa.
Warum also nicht einfach mal Frieden fordern? BIS
## Gutes unterstützen
Reichsbürger, Chemtrail-Experten, Antisemiten und Xavier Naidoo: Was sich
seit dem letzten Frühling so alles unter dem Banner einer „neuen
Friedensbewegung“ auf den Montagsmahnwachen quer durch die Bundesrepublik
sammelt, ist nicht gerade appetitlich.
Die Montagsmahnwachen zeigen allerdings nicht nur, dass es eine Menge
Spinner in diesem Land gibt und die sich untereinander oft erstaunlich gut
verstehen. Sondern auch, dass es tatsächlich Menschen gibt, die für den
Frieden demonstrieren wollen – schade eigentlich, wenn man denen keine
anderen Angebote macht und so den Spinnern in die Arme treibt.
Also: Zeit, der „alten Friedensbewegung“ ein bisschen unter die Arme zu
greifen! MGU
## Biotopbesuch
Die Berliner Linke ist alles andere als eine homogene Truppe. Da gibt es
die Partei gleichen Namens, die damit auch ein bisschen versucht, sich der
Bewegung zu bemächtigen. Da gibt es jede Menge Bürgerinitiativen mit noch
mehr besonderen Interessen. Wer es gut mit ihnen meint, rechnet auch noch
die Grünen und die Jusos – die Nachwuchstruppe der SPD – hinzu.
Aber es existiert noch viel mehr. Doch nur zu besonderen Anlässen trauen
sich diese Kleingruppen und Einzelkämpfer hinaus auf die große Straße,
zeigen ihre Fahnen, verteilen ihre Flugblätter in einer oft ungewohnten,
weil streng politisierten Sprache. Etwa bei der Luxemburg-Liebknecht-Demo
Anfang Januar. Und eben beim Ostermarsch. Wer die dritte Abspaltung der
vierten Internationale endlich mal in Aktion erleben will, ist am Samstag
richtig. Und wer mit der selbst ernannten einzig echten Friedensbewegten
diskutieren will, auch. Viel Vergnügen! BIS
4 Apr 2015
## AUTOREN
Malene Gürgen
Bert Schulz
## TAGS
Friedensbewegung
Ostermarsch
Schwerpunkt AfD
Ostermarsch
Frieden und Krieg
Frieden und Krieg
Erfurt
Europa
Ken Jebsen
Friedensbewegung
Ostern
Demonstrationen
## ARTIKEL ZUM THEMA
Friedensbewegung vor Ostermärschen: Klares Zeichen gegen Rassismus
Bei den traditionellen Demos will die Friedensbewegung vor allem für
Geflüchtete auf die Straße gehen. Streit und Deutschtümelei sind vorerst
passé.
Ostermarsch in Berlin: „Krieg produziert Terror“
Die Anschläge von Brüssel werden auch Thema auf dem diesjährigen
Ostermarsch am Sonnabend sein, sagt Organisatorin Laura von Wimmersperg.
Aktion für Frieden: Gesicht zeigen für den Frieden
Künstler Saeeid Dastmalchian musste als Kind selbst vor Krieg fliehen.
Heute macht er Frieden zum Thema seiner Kunst – mit über 10.000
Unterstützern.
Kommentar Friedensbewegung: Zum Glück wieder solo
Die Friedensbewegung hat versucht, sich mit neurechten Mahnwachlern jung zu
halten. Nun hat sie endlich erkannt, wie schädlich das war.
Ostermärsche in Deutschland: Frieden in der Krise
Die einen setzen auf Kerzen und interreligiöses Gebet, die anderen zeigen
Flagge, auch die russische. Eine Beobachtung an drei Orten.
Ostermärsche in der Krise: Die Baisse der Friedensbewegung
Überall herrscht Krieg. Trotzdem geht kaum jemand auf die Straße. Aber
Pazifisten hatten in Deutschland noch nie einen leichten Stand.
Vor den Ostermärschen: Krieg der Friedensfreunde
Kurz vor den Ostermärschen erreicht der Streit in der Friedensbewegung
einen neuen Höhepunkt. Es ist ein offener Machtkampf.
Ostermärsche in Deutschland: Keine Massenbewegung mehr
Einige tausend Menschen gehen für eine Welt ohne Krieg und Gewalt auf die
Straße. Im Gegensatz zu den 80er-Jahren demonstriert heute nur noch der
harte Kern.
Weniger Ostern im Norden: Das Kreuz mit den Feiertagen
Weil die Reformation das Feiern umdefiniert hat, gibt’s im protestantischen
Norden mehr Ostermärsche und seltener frei.
Kritik an der Friedensbewegung: „Pazifismus ist feige“
Aktionskünstler Philipp Ruch erklärt sein Konzept des „aggressiven
Humanismus“, eine geplante Aktion gegen Heckler&Koch und warum er
Ostermärsche unmoralisch findet.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.