Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Zunahme von Asylbewerbern in Berlin: Ausländer überfordern Behör…
> Wegen Überlastung schickt die Ausländerbehörde Flüchtlinge weg. Der
> Innensenator sei untätig, kritisieren Polizeigewerkschaft und Grüne.
Bild: Damit niemand unverschuldet wegen abgelaufener Papiere abgeschoben wird, …
BERLIN taz | Die Berliner Ausländerbehörde verstößt wegen Überlastung gegen
geltendes Recht. Weil die Mitarbeiter dem Ansturm von Asylbewerbern,
Flüchtlingen und anderen Migranten nicht mehr gewachsen sind, stellen sie
offenbar seit Jahresbeginn Aufenthaltsgenehmigungen und Duldungen für einen
längeren Zeitraum aus, als gesetzlich vorgesehen ist – damit die
Betreffenden nicht so schnell wiederkommen müssen.
Zudem wird bei Ausländern, die einen Antrag auf Niederlassungserlaubnis
stellen, nicht mehr die obligate Anfrage an die Sicherheitsbehörden
gestellt, ob die Antragsteller als Straftäter oder Extremisten bekannt
sind. Einen entsprechenden Bericht der Onlineausgabe der Berliner Zeitung
von Mittwochmittag bestätigte Steve Feldmann, Sprecher der Gewerkschaft der
Polizei, der taz.
Feldmann verwies darauf, dass der Leiter der Ausländerbehörde bereits im
Januar in einem „Brandbrief“ an die Innenverwaltung vor einer solchen
Situation gewarnt habe, passiert sei bislang nichts. „Innenstaatssekretär
Bernd Krömer trägt die politische Verantwortung dafür, dass nun gegen
Gesetze verstoßen wird“, sagte er.
Laut Gewerkschaft der Polizei beschäftigt die Ausländerbehörde 294
Mitarbeiter, laut Innenverwaltung sind es derzeit 390. Davon seien rund 300
für die Erteilung und Verlängerung von Aufenthaltsgestattungen und
Duldungen zuständig, die anderen kümmerten sich zum Beispiel um
Visumverfahren, Passbeschaffung und Ausweisungen.
Die seit zwei Jahren bestehende Zunahme von Asylbewerbern und Flüchtlingen
bekommt die Behörde voll zu spüren. So erklärte die Gewerkschaft, man habe
im vierten Quartal 2013 noch 404 Asylsuchende und Ausreisepflichtige
bedient und im Januar 2015 seien es bereits 682 gewesen. Daher müssten
Mitarbeiter teilweise inzwischen „über 60 Kunden am Tag bedienen“.
## „Eine Bankrotterklärung“
Diese sich seit Längerem anbahnende Überlastung führe auch dazu, dass die
Ausländerbehörde seit dem 14. April nicht mehr alle Besucher empfangen
könne, erklärte die Gewerkschaft am Mittwoch. Sogar Menschen, deren Duldung
oder Aufenthaltsgestattung abläuft, bekämen zum Teil nur eine
Bescheinigung, aus der hervorgeht, dass sie vorgesprochen haben. Damit
werde zwar sichergestellt, dass niemand unverschuldet wegen abgelaufener
Papiere abgeschoben wird, so Feldmann. Da aber davon auszugehen sei, dass
sich der „Publikumsandrang weiter dramatisch erhöhen“ werde, stehe selbst
die Ausstellung dieser Notbescheinigungen über kurz oder lang infrage.
„Das ist eine Bankrotterklärung des Staates und ein Totalversagen des
Innensenators Henkel“, sagte die Grünen-Abgeordnete Canan Bayram. Es
verstoße gegen die Grundrechte, Menschen „mit einem wertlosen Zettel“ nach
Hause zu schicken. Dies führe auch zu Folgeproblemen etwa bei der
Gesundheitsversorgung. „Eine Wohnungsvermittlung ist hierdurch ebenfalls
ausgeschlossen.“
Bayram wies zudem darauf hin, dass mit der Ausländerbehörde bereits die
zweite staatliche Institution wegen der Flüchtlingsfrage kollabiere. Auch
das Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso), das Sozialsenator Mario
Czaja (CDU) untersteht, ist seit Monaten völlig überlastet. Flüchtlinge
werden zum Teil wochenlang nur notdürftig untergebracht, ohne dass sie die
ihnen gesetzlich zustehenden Hilfen, etwa Krankenscheine, erhalten.
Innensenator Frank Henkel (CDU) erklärte per Pressemitteilung, die
Situation in der Ausländerbehörde sei eine „enorme Herausforderung für alle
Beteiligten“. Daher habe er in den anstehenden Haushaltsverhandlungen „eine
dreistellige Zahl“ von zusätzlichen Mitarbeitern angemeldet. Zudem seien
derzeit zur Entlastung „ca. 60 zusätzliche Personen – insbesondere
Nachwuchskräfte – abgestellt“.
Nach Auskunft der Innenverwaltung sollen ab 1. Juni noch einmal 10 Kräfte
hinzukommen. Die 60 bereits abgestellten Zusatzkräfte seien allerdings
schon seit einem halben Jahr und länger im Einsatz, erklärte ein Sprecher.
Dass es Henkel nun so darstelle, als sei der Einsatz der 60 Mitarbeiter
eine Reaktion auf den Brandbrief vom Januar, findet Gewerkschaftssprecher
Feldmann „beschämend“. „Damit schiebt er den Schwarzen Peter an die
Mitarbeiter zurück.“
22 Apr 2015
## AUTOREN
Susanne Memarnia
## TAGS
Flüchtlinge
Senat
Berlin
Asylsuchende
Ausländerbehörde
Flüchtlingsrat
Integration
Frontex
Gefahr
Triton
## ARTIKEL ZUM THEMA
Asylbewerber an Discotür abgewiesen: „Araber und Schwarze“ raus
Ein Discothekbetreiber verwehrt Asylbewerbern den Zugang. Der bayrische
Flüchtlingsrat empört sich, doch die Stadtverwaltung sagt, sie könne nicht
handeln.
Deutsche mit polnischen Wurzeln: Sollten Migranten unsichtbar sein?
Die größte Gruppe, die nach Deutschland einwandert, sind Polen. Merkt nur
keiner, weil sie sich integrieren, bis keiner sie sieht. Unsere Autorin
ärgert das.
Vor dem EU-Flüchtlingsgipfel: Ein bisschen mehr Hilfe
Die Bundesregierung wirbt dafür, die Seenotrettung im Mittelmeer zu
verstärken. Aber reicht das wirklich aus?
Versicherungen wollen nicht zahlen: Risiko Flüchtlingsunterkunft
Wer Flüchtlinge aufnimmt, muss wegen „Gefahrenerhöhung“ um
Versicherungsschutz bangen. Ein fatales Signal, findet Justizminister Maas.
Debatte Flüchtlingspolitik: Der Preis der Verrohung
Menschenrechte sind nicht billig. Der Preis für eine menschenverachtende
Asylpolitik wird aber noch viel höher sein.
Integrationsbeauftragte geht: „Keine vorausschauende Politik“
Monika Lüke verlässt ihren Posten als Berliner Integrationsbeauftragte. Ein
Gespräch über mangelndes Gestaltungspotenzial und verhärtete Fronten nach
der Oranienplatzräumung.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.