# taz.de -- Zwei Jahre Breitscheidplatz-Terror: Polizei zeigt noch mehr Präsenz | |
> Unmittelbar vor dem 2. Jahrestag des Attentats auf dem Breitscheidplatz | |
> werden die Sicherheitsstandards drastisch erhöht – auch wegen Straßburg. | |
Bild: Gehören mittlerweile zum Weihnachtsmarkt wie das Tannengrün: Betonpoller | |
BERLIN taz | Wenige Tage bevor sich am Mittwoch der Anschlag auf dem | |
Breitscheidplatz zum zweiten Mal jährt, wurden die Sicherheitsmaßnahmen für | |
die Berliner Weihnachtsmärkte erneut verschärft. „Die sichtbare Präsenz der | |
Polizei ist noch einmal erhöht worden, auch weil nach dem Anschlag in | |
Straßburg die Gefahr von Nachahmungstaten nicht zu unterschätzen ist“, sagt | |
der Sprecher von Innensenator Andreas Geisel (SPD), Martin Pallgen. | |
Die Veranstalter der Weihnachtsmärkte und anderer Großevents werden es mit | |
einem lachenden und einem weinenden Augen hören. Mehr Polizeipräsenz erhöht | |
einerseits das Sicherheitsgefühl. Auf der anderen Seite hat der Anschlag | |
des Attentäters Anis Amri, der am 19. Dezember 2016 zwölf Menschen tötete, | |
auch dazu geführt, dass die Anforderungen an Sicherheitsmaßnahmen im | |
öffentlichen Raum drastisch gestiegen sind. | |
„Bei vielen Orten ist es nicht einfach, sie genehmigungsfähig zu | |
bespielen“, sagte der Geschäftsführer der landeseigenen Kulturprojekte | |
GmbH, Moritz van Dülmen, Ende Oktober der taz. | |
## Barrikaden zu aufwendig | |
Van Dülmen wollte anlässlich des 100. Jahrestags der Novemberrevolution | |
wieder Barrikaden am Stadtschloss und in Kreuzberg errichten lassen. Doch | |
es blieb bei der Idee. Weil eine Genehmigung für solch einen Eingriff in | |
den öffentlichen Raum mit zu viel Aufwand verbunden wäre, griff man auf | |
eine kleinere Lösung zurück. Nun symbolisiert ein historischer Möbelwagen | |
das revolutionäre Geschehen. Zusammengeschoben, bildeten diese Wägen | |
ebenfalls Barrikaden. Imagination ersetzt das Reenactment. | |
Vor allem die zuständigen Bezirksämter sind als Genehmigungsbehörden | |
vorsichtig geworden. „Das ist tatsächlich nicht mehr mit der Zeit von vor | |
zwei oder drei Jahren vergleichbar“, bilanziert van Dülmen. „Auch so etwas | |
wie die Lichtgrenze, wo sich Hunderttausende unkontrolliert bewegen, ist in | |
gegenwärtigen Zeiten schwierig zu verantworten.“ | |
Das bestätigt auch der innenpolitische Sprecher der Grünen, Benedikt Lux. | |
„Veranstalter und Behördenvertreter können persönlich haftbar gemacht | |
werden, wenn sie grob fahrlässig gehandelt haben.“ Um dies auszuschließen, | |
seien die Sicherheitsanforderungen der Behörden „massiv gestiegen“. | |
## Viele sind überfordert | |
Die Möglichkeit von Massenpaniken wie bei der Loveparade in Duisburg oder | |
Anschlägen wie dem am Breitscheidplatz müsse berücksichtigt werden. „Das | |
überfordert viele Veranstalter“, meint Lux. „Genehmigungen gibt es oft erst | |
kurz vor Beginn einer Veranstaltung. Damit gibt es aber kaum mehr | |
Planungssicherheit.“ | |
Oft seien die Kriterienkataloge für Großveranstaltungen sehr abstrakt, sagt | |
Lux. „Wir würden sie gerne konkreter machen.“ Der Senat arbeite derzeit an | |
einer Lösung, die Genehmigungspraxis zu vereinheitlichen und besser | |
handhabbar zu machen. Mit einem Ergebnis sei für 2019 zu rechnen. | |
Nicht auszuschließen ist freilich, dass Anschläge wie in Straßburg | |
Veranstaltungen im öffentlichen Raum weiter einschränken. Auch wenn der | |
Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) nach den jüngsten Schüssen | |
auf dem Straßburger Weihnachtsmarkt sagte: „Berlin hat sich bewusst | |
entschlossen, trotz dieser menschenverachtenden Gewalttat an seiner | |
freiheitlichen, toleranten und weltoffenen Lebensweise festzuhalten. Wir | |
wünschen auch Straßburg diese Kraft.“ | |
Dieser Text ist Teil des aktuellen Wochenendschwerpunkts der taz Berlin zum | |
Thema Zwei Jahre Breitscheidplatz. Darin außerdem: Ein langer Besuch im | |
Amri-Untersuchungsausschuss des Abgeordnetenhauses | |
15 Dec 2018 | |
## AUTOREN | |
Uwe Rada | |
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