# taz.de -- Walter-Borjans gegen rasche Beschaffung: Tempo raus bei Kampfdrohnen | |
> Bewaffnete Drohnen für die Bundeswehr? Nachdem der SPD-Chef bremst, zeigt | |
> sich, wie gespalten die Sozialdemokrat*innen in der Frage sind. | |
Bild: Eine bewaffnete MQ-9 Reaper Drohne auf einer Landebahn in Afghanistan 2007 | |
BERLIN taz | In einer Woche sollte es so weit sein. Am nächsten Mittwoch | |
wollte der Haushaltsausschuss des Bundestags in seiner letzten Sitzung vor | |
Weihnachten über die Drohnen entscheiden. Er sollte dem | |
Verteidigungsministerium erlauben, der Bundeswehr bewaffnete Drohnen zu | |
beschaffen. Das Ministerium hatte sich das zumindest so vorgestellt, die | |
Unionsfraktion und Teile der SPD-Fraktion. Daraus wird nun aber nichts – | |
und ob die Große Koalition bis zur Bundestagswahl im nächsten Jahr | |
überhaupt noch eine Entscheidung trifft, ist ebenfalls fraglich. | |
SPD-Chef Norbert Walter-Borjans kündigte am Dienstag an, die Abstimmung | |
[1][auf unbestimmte Zeit vertagen zu wollen]. Er halte „die bisherige | |
Debatte über bewaffnete Bundeswehr-Drohnen nicht für ausreichend“, sagte er | |
der SZ. | |
Der Koalitionspartner reagierte natürlich mit Kritik. „Eine | |
Verzögerungstaktik ist, wenn es um den Schutz von Soldaten im Einsatz geht, | |
absolut unangemessen“, sagte der CSU-Verteidigungspolitiker Reinhard | |
Brandl. Es sei „geradezu absurd“, dass Walter-Borjans den Prozess nach | |
mehrjährigen Beratungen noch weiter verlängern wolle. | |
Auch in der SPD selbst sind nicht alle glücklich über die mutmaßliche | |
Verschiebung. Aus der Fraktion heißt es, manche seien zwar froh, dass der | |
Kelch der Drohnenentscheidung so kurz vor Weihnachten an ihnen vorübergehe. | |
Anderen wäre eine Entscheidung lieber gewesen, um das Thema vom Tisch zu | |
bekommen. Der Verteidigungspolitiker Fritz Felgentreu schrieb am Vormittag | |
auf Twitter, er widerspreche seinem Parteivorsitzenden zwar ungern, frage | |
sich aber, wann die Frage denn dann jemals ausreichend diskutiert sein | |
könne. | |
## Debatte im Koalitionsvertrag vereinbart | |
Für Nachfragen stand Felgentreu am Dienstag nicht zur Verfügung, ebenso wie | |
andere SPD-Abgeordnete, die sich zuletzt offen für die Kampfdrohnen gezeigt | |
hatten. Mehrere von ihnen hatten darauf gedrängt, nach langen Fachdebatten | |
noch in diesem Jahr die Entscheidung zu treffen. | |
Im Koalitionsvertrag hatten SPD und Union 2017 vereinbart, im Bundestag | |
nach „ausführlicher völkerrechtlicher, verfassungsrechtlicher und ethischer | |
Würdigung“ über das Thema zu entscheiden. Das Verteidigungsministerium | |
veranstaltete eine öffentliche Diskussionsreihe zum Thema, der Bundestag | |
hörte Sachverständige zum Thema an. | |
Die Befürworter*innen der Kampfdrohnen verweisen in der Debatte meist | |
darauf, dass die Drohnen deutsche Soldat*innen schützen würden. Sie könnten | |
bei Patrouillen in gefährlichem Gebiet als Begleitung mitfliegen und | |
losfeuern, wenn die Soldat*innen in einen Hinterhalt geraten. Die | |
Gegner*innen führen oft an, dass durch Drohnen die Hemmschwelle für | |
Kriegseinsätze gesenkt werde und am Ende zu automatisierten Kriegen führen | |
könnte. | |
## Unterschriften gegen die Drohnen | |
Die SPD-Fraktion ist in der Frage gespalten. Neben | |
Drohnen-Befürworter*innen um Felgentreu gibt es auch entschiedene | |
Gegner*innen. Die Parteilinke Hilde Mattheis startete sogar eine | |
Unterschriftenaktion gegen die Beschaffung. | |
Zu den Kritiker*innen gehört auch Karl-Heinz Brunner, abrüstungspolitischer | |
Sprecher der Fraktion. Er stellte sich am Dienstag hinter Norbert | |
Walter-Borjans. Die Diskussion dauere zwar schon lange an, laufe bisher | |
aber vor allem in Fachkreisen und nicht in der Breite der Partei. | |
„Wir hatten noch nie eine offene Diskussion zum Thema in der | |
Gesamtfraktion. Von der Partei gibt es bisher nur einen Parteitagsbeschluss | |
gegen die Bewaffnung. Mein Wunsch wäre deshalb, dass wir sowohl in der | |
Fraktion als auch in der Partei alle offenen Fragen abarbeiten und dann zu | |
einer Entscheidung kommen“, sagte er der taz. | |
So eine Debatte könnte natürlich dauern, eher Monate als Wochen. Und dann | |
steht schon die Bundestagswahl vor der Tür. Gut möglich also, dass in | |
dieser Legislaturperiode überhaupt keine Entscheidung mehr fällt. | |
8 Dec 2020 | |
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## AUTOREN | |
Tobias Schulze | |
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