| # taz.de -- Wahl der EU-Kommissionspräsidentin: Zensursula wird EUrsula | |
| > Nach viel Kontroverse wurde über Ursula von der Leyen als neue | |
| > EU-Kommissionspräsidentin abgestimmt. Die Mehrheit erzielte sie nur | |
| > knapp. | |
| Bild: Bewarb sich mit einer engagierten Rede am Dienstag als Kommissionschefin:… | |
| Brüssel taz | Sie musste bangen und kämpfen, doch am Ende eines langen | |
| Tages hat sie es geschafft: Das Europaparlament hat die deutsche | |
| CDU-Politikerin Ursula von der Leyen mit 383 zu 327 Stimmen zur nächsten | |
| Präsidentin der EU-Kommission gewählt. Sie erhielt neun Stimmen mehr als | |
| nötig. 23 Parlamentarier enthielten sich, es gab eine ungültige Stimme. Die | |
| Abgeordneten bestätigten damit die umstrittene Nominierung durch den Rat. | |
| Die Staats- und Regierungschefs der EU hatten sich über den Willen des | |
| Parlaments hinweggesetzt und keinen der Spitzenkandidaten für die | |
| Europawahl benannt. | |
| Der Wahl waren stundenlange hektische Beratungen vorausgegangen. Vor allem | |
| die Sozialdemokraten rangen um eine gemeinsame Haltung – die sie am Ende | |
| aber nicht fanden. So scherten die meisten deutschen Sozialdemokraten aus | |
| und stimmten mit Nein. Auch Grüne und Linke verweigerten von der Leyen ihre | |
| Stimme. Am Vormittag hatte von der Leyen mit viel Inbrunst für sich und ihr | |
| Programm geworben. Sozialer, grüner und weiblicher soll die EU werden, | |
| versprach die 60-Jährige. | |
| Besonders ausgeprägt war das Liebeswerben um die Grünen. So versprach von | |
| der Leyen eine klimaneutrale Wirtschaft bis 2050. Den Sozialdemokraten kam | |
| die ehemalige Arbeitsministerin mit Mindestlöhnen und einer | |
| Arbeitslosen-Rückversicherung entgegen, wie sie Bundesfinanzminister Olaf | |
| Scholz (SPD) seit Langem vergeblich fordert. Zudem versprach sie, den | |
| Stabilitätspakt für den Euro so flexibel wie möglich auszulegen, | |
| Investitionen massiv zu fördern und eine europäische Klimabank aufzubauen. | |
| Und dann war da noch die feministische Offensive: Sollte sie zur | |
| Kommissionspräsidentin gewählt werden, so werde sie auf Parität zwischen | |
| Frauen und Männern in ihrem Team bestehen, betonte von der Leyen. Zur Not | |
| werde sie jene EU-Länder, die nur Männer nach Brüssel schicken wollen, | |
| auffordern, eine Frau nachzunominieren. | |
| ## Noch einer drauf | |
| [1][Vergleichsweise wenige „Zückerchen“] gab es für Konservative und | |
| Liberale. Die Europäische Volkspartei, in der auch CDU und CSU mitarbeiten, | |
| lockt von der Leyen mit dem Versprechen, das Spitzenkandidaten-System zu | |
| erhalten und „sichtbarer“ zu machen. Zudem soll das Europaparlament ein | |
| Initiativrecht erhalten, wie dies der gescheiterte Spitzenkandidat Manfred | |
| Weber (CSU) gefordert hatte. Den Liberalen sagte sie einen zweijährigen | |
| Bürgerdialog zu, der in einer großen EU-Reform münden soll. Die Idee geht | |
| auf Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron zurück; sie könnte sogar in | |
| Vertragsänderungen münden. | |
| Und dann war da noch das – im EU-Parlament ungewohnte – Bekenntnis zur Nato | |
| und zur transatlantischen Allianz. „Wir wollen transatlantisch bleiben, | |
| aber europäischer werden“, betonte die Noch-Verteidigungsministerin. Das | |
| dürfte besonders den Osteuropäern gefallen. Für Polen und Balten ist von | |
| der Leyen vor allem die Frau, [2][die die Bundeswehr ganz weit nach Osten | |
| verlegt hat] und den „russischen Bären“ im Zaum hält. | |
| Doch die Kandidatin legte noch einen drauf – und beschwor ihren Vater Ernst | |
| Albrecht, der in den 60er Jahren als hoher EU-Beamter in Brüssel diente. | |
| „Ich bin Europäerin gewesen, bevor ich gelernt habe, dass ich Deutsche und | |
| Niedersächsin bin“, erklärt sie unter Verweis auf ihren Geburtsort Brüssel. | |
| „Wer Europa spalten will, der findet in mir eine erbitterte Gegnerin.“ | |
| Dafür erntet sie viel Beifall, quer durch alle Fraktionen. Doch ob sich das | |
| auch in Ja-Stimmen bei der Wahl am Abend umsetzen würde, blieb zunächst | |
| unklar. | |
| Immerhin: Konservative und Liberale sicherten ihr Unterstützung zu. „Dies | |
| ist der Tag des Aufbruchs – wir wollen gemeinsam mit von der Leyen anpacken | |
| und gestalten“, sagte Weber, der die EVP-Fraktion führt. „Wir sind bereit, | |
| Sie zu unterstützen, wenn Sie die Erneuerung Europas versprechen können“, | |
| erklärte auch der Fraktionschef der Liberalen, Dacian Cioloș. Auch die | |
| liberale Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager signalisierte | |
| Zustimmung. | |
| ## Konfrontationskurs | |
| Von einem „klaren Fortschritt“ gegenüber den ersten Anhörungen sprach | |
| Philippe Lamberts von den Grünen. Dennoch wollte die Öko-Partei gegen die | |
| Kandidatin stimmen. Die Rede habe eine „grüne Überschrift, aber wenig | |
| grünen Inhalt“, kritisierte der Europaabgeordnete Sven Giegold. Zum | |
| Artensterben habe sie nichts gesagt. | |
| Auch die Linken blieben bei ihrem Nein. Von der Leyen stehe für eine | |
| „Militarisierung der Außenpolitik“, sagte Martin Schirdewan (Die Linke). | |
| Die EU brauche keine Verteidigungsunion, sondern Abrüstung. | |
| Auf Konfrontationskurs ging Jörg Meuthen von der AfD. Er warf von der Leyen | |
| eine „sozialistische Anbiederungs-Performance“ vor. Die Kandidatin | |
| reagierte souverän: „Wenn ich Ihnen zugehört habe, dann bin ich ja geradezu | |
| erleichtert, dass ich von ihnen keine Stimme bekomme.“ Es war das bisher | |
| deutlichste Signal, dass die CDU-Politikerin nicht mit den Stimmen der | |
| Nationalisten und EU-Gegner gewählt werden wollte. | |
| Passiert ist es trotzdem. So haben die Abgeordneten der Fidesz-Partei von | |
| Ungarns „illilberalem“ Regierungschef Viktor Orban geschlossen für von der | |
| Leyen gestimmt. Etliche Stimmen dürfte sie auch von der rechtsradikalen | |
| Lega in Italien bekommen haben. | |
| 16 Jul 2019 | |
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| ## AUTOREN | |
| Eric Bonse | |
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