| # taz.de -- Vorsitz der Bundestags-Ausschüsse: Die AfD geht wohl leer aus | |
| > Am Mittwoch wird wohl keine andere Partei die AfD zu | |
| > Ausschussvorsitzenden wählen. Bleiben auch die Vize-Posten vakant, müssen | |
| > zur Not die Alten ran. | |
| Bild: Niemand muss ihnen zu Posten verhelfen: AfD-Fraktionsvorsitzende Alice We… | |
| Berlin taz | Drei Monate nach der Bundestagswahl geht im Parlament am | |
| Mittwoch auch die Arbeit im Hintergrund los: Die 24 Fachausschüsse, die für | |
| den parlamentarischen Alltag zentral sind, kommen erstmals zusammen und | |
| stimmen zum Auftakt über ihre Vorsitzenden ab. Sehr deutlich zeichnet sich | |
| diesmal ab: Die AfD wird leer ausgehen. | |
| Die Fraktionsspitze von CDU und CSU wird ihren Abgeordneten raten, den | |
| aufgestellten AfD-Politiker*innen ihre Stimme zu verweigern. Man empfehle, | |
| „mit Nein zu stimmen“, sagte am Dienstag der Parlamentarische | |
| Geschäftsführer der Unionsfraktion, Steffen Bilger. Da es SPD, Grüne und | |
| Linke ohnehin so handhaben, wird die AfD wohl wie in der vergangenen | |
| Legislaturperiode keinen der Posten bekommen. | |
| Die AfD bemüht sich entsprechend noch nicht mal, mit Kandidaten, die sie | |
| als moderat verkaufen könnte, um Zustimmung zu werben. In ihrer | |
| Fraktionssitzung am Dienstag nominierte sie unter anderem Gerrit Huy, eine | |
| Teilnehmerin des Potsdamer Remigrationstreffens, und Stefan Möller, der als | |
| Björn Höckes Statthalter in Berlin gilt. Laut ihrem Parlamentarischen | |
| Geschäftsführer Bernd Baumann geht die AfD selbst nicht davon aus, dass | |
| ihre Leute wirklich zum Zuge zu kommen. | |
| Dabei stieß vor gerade mal vier Wochen Jens Spahn, inzwischen Fraktionschef | |
| der Union, [1][eine Debatte über die Normalisierung der AfD an]: Er | |
| forderte, sie zu behandeln wie jede Oppositionspartei – und ihr auch | |
| Ausschussvorsitze zu überlassen. Nach den Koalitionsverhandlungen mit der | |
| SPD und der Hochstufung der AfD zu einer erwiesen rechtsextremen Partei | |
| durch den Verfassungsschutz hat sich die Lage jedoch geändert. | |
| ## Posten mit Relevanz | |
| Ausschussvorsitz – das hört sich bürokratisch und unwichtig an. Aber in | |
| diesen Fachgremien wird die eigentliche parlamentarische Arbeit geleistet, | |
| insbesondere die Vorbereitung und Ausarbeitung von Gesetzen. Die | |
| Vorsitzenden stellen die Tagesordnung auf, führen durch die | |
| Ausschusssitzungen und leiten Sachverständigenanhörungen. Es geht also | |
| nicht nur um die grundsätzliche Frage, ob man der AfD Zugang zu | |
| parlamentarischen Posten geben sollte. Die Ausschussvorsitzenden haben auch | |
| inhaltlich Relevanz. | |
| Im Prinzip soll bei der Vergabe der Ämter jede Fraktion zum Zug kommen. Die | |
| Geschäftsordnung des Bundestags sieht vor, dass die Ausschussvorsitze „im | |
| Verhältnis der Stärke der einzelnen Fraktionen“ verteilt werden. Zu diesem | |
| Zweck kommen zu Beginn der Legislaturperiode die verschiedenen | |
| Fraktionsgeschäftsführer zusammen. In mehreren Runden darf reihum jeder von | |
| ihnen auswählen, welchen Ausschuss einer seiner Fraktionskollegen leiten | |
| soll. | |
| Die AfD hat bei der Bundestagswahl 20,8 Prozent der Stimmen geholt und ist | |
| zweitstärkste Kraft im Bundestag. Demnach stehen ihr rein rechnerisch sechs | |
| Ausschussvorsitze zu. Bei der Verteilung unter den Fraktionen kam sie | |
| direkt nach der Union als Zweites dran, in der ersten Runde entschied sie | |
| sich für den mächtigen Haushaltsausschuss. Später wählte sie noch die | |
| Ausschüsse für Finanzen, Innen, Recht, Arbeit/Soziales und den | |
| Petitionsausschuss aus. | |
| ## Kein Recht auf Zustimmung | |
| Allerdings hat sie sich damit de facto nur ein Vorschlagsrecht gesichert: | |
| Die Geschäftsordnung sieht auch vor, dass die Ausschüsse ihre Vorsitzenden | |
| selbst bestimmen. Über die Abgeordneten, die die jeweiligen Fraktionen | |
| konkret nominieren, wird zu Beginn abgestimmt. Ein Recht auf Zustimmung | |
| gibt es nicht. | |
| [2][Das stellte 2024 das Bundesverfassungsgericht klar]. Die AfD hatte | |
| geklagt, nachdem ihre Kandidaten nach einigem Hin und Her schon 2021 | |
| durchgefallen waren. In ihrer ersten Legislaturperiode ab 2017 stellte die | |
| Rechtsaußenpartei zwar zunächst drei Vorsitzende, darunter im | |
| Rechtsausschuss Stephan Brandner. Nach zwei Jahren und einigen Eskapaden | |
| wählte der Ausschuss ihn aber wieder ab. | |
| Die Posten bleiben in solchen Fällen vakant, die Aufgaben der Vorsitzenden | |
| werden von ihren Stellvertreter*innen übernommen. Eine Aufwertung der | |
| Vizes, wenn auch mit einem Nachteil: Laut Abgeordnetengesetz bekommen sie | |
| anders als die richtigen Vorsitzenden keine Zuschläge auf die Diäten. | |
| ## Ein Fall für die Dienstältesten | |
| Und bei der Kür der Stellvertreter könnte es ebenfalls noch Komplikationen | |
| geben. Auch bei den Vizeposten werden die Ausschüsse reihum unter den | |
| Fraktionen verteilt. Der Termin dafür steht noch aus. Bislang war es | |
| gängige Praxis, dass Vorsitz und Vize für ein und denselben Ausschuss nicht | |
| an eine Fraktion gehen. | |
| Doch was gilt eine gängige Praxis unter Beteiligung der AfD? Ein Sprecher | |
| von Alice Weidel versicherte der taz, es gebe keinen „Geheimplan“. Welche | |
| Vizeposten die AfD konkret beanspruchen wolle, sei allerdings noch nicht | |
| geklärt. Auch andere AfD-Abgeordnete und Mitglieder des Fraktionsvorstands | |
| wollten sich auf Anfrage nicht festlegen. | |
| Sollte die AfD für einen Ausschuss sowohl Vorsitz als auch Stellvertretung | |
| beanspruchen, bei den Wahlen aber beide Male scheitern, würde das | |
| dienstälteste Mitglied des Gremiums die Sitzungen leiten. Der Ausschuss | |
| bliebe also handlungsfähig. Die Leitungspositionen wäre damit aber relativ | |
| willkürlich verteilt, und eine Dauerlösung für kommende Wahlperioden ist | |
| diese Regelung auch nicht: Die AfD wurde schon zum dritten Mal ins | |
| Parlament gewählt. Möglich, dass irgendwann auch mal ein Rechtsextremer der | |
| Ausschussälteste ist. | |
| 21 May 2025 | |
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| ## AUTOREN | |
| Tobias Schulze | |
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