| # taz.de -- Vor den Landtagswahlen im Osten: Wo die Graswurzeln wachsen | |
| > Was hilft gegen Rechte im Osten? Keiner weiß das besser als die, die hier | |
| > leben. Drei Porträts von Menschen, die die Dinge im Kleinen ändern | |
| > wollen. | |
| Der Kampf gegen rechts funktioniert im Osten anders als in westdeutschen | |
| Großstädten. Niclas Lange, Melanie Schade und Klaus Gaber erzählen von | |
| ihrem Engagement. | |
| ## Den eigenen Quadratmeter verändern | |
| Der Student Niclas Lange will seine Heimat, das Erzgebirge, in kleinen | |
| Schritten verbessern, die Menschen vom rechten Rand holen – und vor allem | |
| die Jugend ansprechen | |
| Der erste Blick aus dem Garten des Einfamilienhauses, in dem Niclas Lange | |
| mit seiner Mutter wohnt, fällt auf einen Berghang mit dem Ort Bernsbach und | |
| dem Spiegelwald. Und die erste Frage muss aus diesem Blick übers malerische | |
| Erzgebirge folgen: Wie hältst du es mit deiner „Haamit“, mit dem | |
| stur-trotzigen, manchmal aufbrausenden, aber im Grunde sympathischen | |
| Bergvolk? Wie verbindet ein eloquenter und bodenständiger 24-Jähriger seine | |
| Herkunft aus dem Weihnachtslandidyll mit dem Studium im aufgeklärten Jena? | |
| Langes Weg zu aktivem Engagement vor allem für Jüngere folgte nicht einem | |
| „Erweckungserlebnis“ durch ein politisches Großereignis oder eine | |
| plötzliche Erkenntnis. Während der [1][Großdemonstrationen Ende Januar | |
| gegen rechte „Remigrationspläne“] lag Lange mit Lungenproblemen im | |
| Krankenhaus. | |
| Nach dem fordernden dualen Studium der Elektrotechnik macht er 2022 mit | |
| einem Kumpel eine Reise und erkennt: Das Erzgebirge, und dieser | |
| Feststellung widersprechen nur wenige Einheimische, funktioniert eher als | |
| geschlossene Gesellschaft. Er spricht von einem „Kulturschock“ nach seiner | |
| Rückkehr aus Australien und Asien, wo er viel zufriedenere Menschen erlebt | |
| haben will. Diese Zufriedenheit mit dem eigenen Zuhause, hat Lange sich | |
| gedacht, das sei doch etwas Erstrebenswertes. | |
| Seitdem will er verhindern, dass unzufriedene Gleichaltrige aus seiner | |
| Heimat, dem Erzgebirge, wegziehen. „Ich habe auf Reisen gemerkt, dass das | |
| meine Haamit ist, wo ich auch wirken will“, erklärt er nachdrücklich am | |
| Gartentisch. Dabei meint er keine spektakulären Großaktionen. | |
| Menschenmassen brachten auch die NPD gegen Flüchtlinge oder die Impfgegner | |
| in Zwönitz nicht auf die Straße. Bundesweites Aufsehen erregten sie | |
| trotzdem. Für die erzgebirgische Scholle passe eher der Begriff | |
| Graswurzelarbeit, sagen auch Demokratieinitiativen. | |
| ## Ein Bahnhof für die Jugend | |
| Gerade weil Niclas Lange im akademisch geprägten Jena einen Master in | |
| Wirtschaftsingenieurwesen erwerben will, treibt ihn die Erfahrung des | |
| Stadt-Land-Gegensatzes um. „Der wird auch durch die Rechtsparteien | |
| getrieben“, stellt er fest. Ob sich Gefühle des Abgehängtseins durch | |
| Statistiken belegen lassen oder nicht – die AfD rekrutiert ihre Wähler vor | |
| allem jenseits der Städte. | |
| Um am allgegenwärtigen Ningeln, dem schon fast ritualisierten Klagen über | |
| schlechte Zeiten, etwas zu ändern, sah sich der Student in seiner Haamit | |
| um. Und stieß in Aue auf den noch relativ jungen Verein mit dem sperrigen | |
| Titel „Kompetenzzentrum für Gemeinwesenarbeit und Engagement“, kurz: KGE. | |
| Projektleiter Felix Sell machte Lange auf den verfallenen Bahnhof im | |
| Stadtteil Bad Schlema aufmerksam. Ein zweistöckiger Backsteinbau aus dem | |
| Jahr 1858, der nur noch als Graffitikulisse dient. Das KGE bekam eine | |
| kleine Zuwendung aus dem Regionaltopf für die Europa-Kulturhauptstadt | |
| Chemnitz 2025. | |
| Seit vergangenem Jahr ist das Gebäude sein zentrales Lebensprojekt. „Was | |
| mich wirklich getriggert hat, ist, dass es im Erzgebirge keine kulturellen | |
| Dinge für Jugendliche gibt.“ Mit dem Jugendtreff, den er hier einrichten | |
| will, unternimmt er den Versuch, „alternative Modelle hereinzubringen und | |
| so vielleicht ganz konservative Strukturen aufzubrechen“. Denn auch die | |
| Erzgebirger sollten einsehen, „dass nicht alles schlecht ist, was neu oder | |
| anders ist“. | |
| Zunächst will die Stadt Aue das Gebäude für die Landesgartenschau 2026 | |
| instandsetzen, danach soll der noch zu gründende Verein die Nutzungsrechte | |
| erhalten. Dafür arbeitet man mit dem Lehrstuhl für Denkmalschutz an der TU | |
| Dresden zusammen. Und Lange macht die Erfahrung, dass sich 10 bis 15 „coole | |
| junge Leute“ für das Projekt begeistern lassen. | |
| Noch hat niemand dagegen geschossen, aber Lange weiß, dass Ortschafts- und | |
| Stadträte auch überzeugt werden müssen. Einer von ihnen ist der frühere | |
| NPD-Organisator der „Lichtelläufe“ gegen die Schneeberger | |
| Flüchtlingsunterkunft Stefan Hartung, jetzt Vizechef der rechtsextremen | |
| Freien Sachsen. | |
| ## Inhalte „erzgebirgstauglich“ machen | |
| Auch deshalb holen sich Lange und seine Mitstreiter Rechtsberatung, um die | |
| Satzung für die anstehende Vereinsgründung zu formulieren. Der Verein soll | |
| zwar grundsätzlich offen für alle, die Unterwanderung und schleichende | |
| Übernahme durch extreme Rechte aber ausgeschlossen sein. Ein „dritter Ort“ | |
| könne der Schlemaer Bahnhof werden, so die Vision des Studenten: „Eine | |
| Mischung von links und rechts, jung und alt, ein Miteinanderquatschen | |
| jenseits von Netz und jeweiliger Kleinstblase.“ | |
| Durch sein Engagement wurde er im Mai vor den Kommunalwahlen als einer von | |
| drei jungen Fragestellern während einer Wahlkampfveranstaltung in den | |
| Bürgergarten Aue eingeladen und fiel dort durch seine Kompetenz auf: | |
| Bürgermeister sprachen ihn danach wegen vergleichbarer Jugendprojekte in | |
| ihren Kommunen an. | |
| Lange ist klug genug, zu wissen, dass man seine Berglandsleute nicht mit | |
| „großer Politik“ überfallen darf. Dass es eher nachbarlicher Ansprache | |
| bedarf, um sie „von den Rändern wegzuholen und Aggressivität rauszunehmen�… | |
| Man könne zunächst „nur den eigenen Quadratmeter verändern“, und das auch | |
| nur geduldig. | |
| Bis zur Landtagswahl am 1. September, sagt Lange nüchtern, werde eine | |
| Trendwende wohl kaum gelingen. Der in Jena und in Lauter-Bernsbach | |
| gleichermaßen beheimatete junge Mann stellt sich die Milieufrage: „Wie | |
| mache ich, was in Großstädten verankert ist, erzgebirgstauglich?“ | |
| ## Die Leute mit einem Minimalkonsens abholen | |
| Eigentlich war Melanie Schade, Ende 30, ihre Thüringer Heimat zu | |
| engstirnig. Doch dann kehrte sie nach Nordhausen zurück und engagiert sich | |
| seitdem mit einem Bündnis gegen rechts | |
| Beim Abendbrot am Rande von Nordhausen sorgt Melanie Schades | |
| dreieinhalbjährige Tochter Mathilda für gute Stimmung. Sie ist das Ergebnis | |
| einer Beziehung, wegen der die Mama überhaupt wieder in ihre heimatliche | |
| Südharzregion zurückkehrte. In Sangerhausen geboren, hatte Schade diese | |
| Rückkehr eigentlich ausgeschlossen, als sie 2004 nach dem Abitur die Region | |
| verließ. „Hierbleiben ging nicht. Das Miteinander hat mir immer gefehlt, | |
| dazu viel Engstirnigkeit.“ | |
| Im Ruhrpott lernte sie Industriekauffrau, studierte abends BWL, arbeitete | |
| zuletzt als Produktmanagerin für Gold- und Diamantenschmuck. Bis | |
| Mathildas Vater auftauchte, und mit ihm die alte Heimat. | |
| Schade, Ende 30, engagiert sich im Bündnis Nordhausen zusammen gegen | |
| rechts. Eine „Profilinke“ ist sie keineswegs. Eher eine Frau, die einen | |
| Erkenntnis- und Entwicklungsprozess durchlaufen hat. Für die Unternehmen, | |
| bei denen sie im Westen gearbeitet hatte, war „Gewerkschaft“ ein Fremdwort, | |
| meist gab es nicht einmal Betriebsräte. Aber das Einkommen stimmte, | |
| immerhin. | |
| Das änderte sich bei ihrer Rückkehr. „Bei meinen ersten Vorsprachen für | |
| einen Job im Osten wusste ich nicht, ob ich angesichts der Gehaltsangebote | |
| lachen oder weinen sollte!“ So landete sie hauptberuflich bei der IG Metall | |
| und wurde politisch aktiv. | |
| ## Demo als Ausweg aus der Hilflosigkeit | |
| Auf der Nordhäuser IG-Metall-Seite findet sich noch ein persönliches | |
| Statement von Schade vom 15. Februar 2020, Hashtag #nichtmituns. Da war | |
| gerade eine Großdemonstration durch Erfurt gelaufen, denn wenige Tage zuvor | |
| hatten FDP und CDU, mit den Stimmen der AfD, den FDP-Kandidaten Thomas | |
| Kemmerich zum Kurzzeit-Ministerpräsidenten Thüringens gewählt. | |
| Sie sei zuvor noch nie auf die Straße gegangen, sagt Melanie Schade im | |
| Rückblick. Aber die Demo in Erfurt habe ihr damals das Gefühl gegeben, dass | |
| es einen Ausweg aus der gefühlten Hilflosigkeit gebe. Sie ist heute, mehr | |
| als vier Jahre später, immer noch aufgeregt, wenn sie zurückdenkt, ihre | |
| Stimme wird emotional: „Jeder von uns ist sich darüber bewusst, dass die | |
| AfD eine Ideologie vertritt und propagiert, auf der die dunkelsten und | |
| schrecklichsten Jahre dieses Landes gründen.“ | |
| Den entscheidenden Schritt tut sie nach dem ersten Wahlgang der Nordhäuser | |
| Oberbürgermeisterwahlen vom vorigen September. Wie viele andere auch war | |
| sie davon alarmiert, dass der AfD-Kandidat Jörg Prophet mit 42,1 Prozent | |
| vorn lag. In den beiden Wochen bis zur Stichwahl konstituierte sich spontan | |
| das Bündnis Nordhausen zusammen, und die Gewerkschafterin Schade war sofort | |
| dabei. | |
| [2][Mit Erfolg]: Der parteilose Kai Buchmann fing mit 54,9 Prozent den | |
| AfD-Kontrahenten noch ab. Sogar die New York Times berichtete über die | |
| demokratische Sternstunde von Nordhausen. | |
| ## Erst Aktion, dann grenzenlose Erleichterung | |
| Eine aktionistische Stimmung habe in den zwei Wochen zwischen den | |
| Wahlgängen geherrscht. Noch 336 Stunden bis zur Stichwahl!, so habe man | |
| gedacht, beschreibt Schade. Schnell und möglichst wirksam aufklären, eine | |
| Social-Media-Kampagne starten, ein Demokratiefest organisieren: Sie habe | |
| kaum geschlafen. Umso grenzenloser die Erleichterung, als die Freunde im | |
| Eine-Welt-Laden die Auszählung der Stimmen verfolgten und dann jubelnd zum | |
| Rathaus zogen. | |
| Die Parteien hätten wesentlich zum Erfolg beigetragen, „indem sie sich | |
| herausgehalten haben“, glaubt Schade im Rückblick. Denn viele Wähler hätten | |
| das Vertrauen in Regierungen verloren. Politikern bescheinigt sie vielfach | |
| gute Ideen und Argumente, aber „das muss den Leuten von anderen erzählt | |
| werden, damit sie es wieder glauben“. | |
| Im Anschluss habe sich das Bündnis erst mal in Ruhe organisiert und | |
| strukturiert, Melanie Schade zu einer von drei Sprecherinnen gewählt. An | |
| einige im Wahlkampf erprobte Prinzipien halten sie sich aber bis heute: | |
| Keine demonstrative Einheitsfront „Alle gegen die AfD“ propagieren. „Keine | |
| Aktionen, die Massen aufregen, sondern den Minimalkonsens suchen. Kein | |
| Extremismus, sondern Menschen abholen, die wir noch abholen können“, | |
| formuliert Melanie Schade. | |
| Bei manchen mag das zu spät sein, auch Bedrohungen sind für Melanie Schade | |
| persönlich längst greifbar: „Ich werde auf Veranstaltungen bespuckt, beim | |
| Einkauf beschimpft, beleidigt. Mein Nummernschild wird fotografiert und ich | |
| bekomme Bier ins Gesicht geschüttet“, berichtet Melanie Schade. | |
| ## An die stille Mehrheit | |
| Im Januar dann lösten die [3][Correctiv-Berichte zur Potsdamer Konferenz | |
| über „Remigration“] einen weiteren Schub für ihr Bündnis aus. „Ich war… | |
| empört – aber dann die Demos, wie geil ist das denn!“ | |
| Auf ihrer Facebook-Seite schreibt sie nach den Correctiv-Enthüllungen einen | |
| Kommentar „An die stille Mehrheit“, sich zu engagieren, laut zu werden. Und | |
| hilft es? Am Bündnis Nordhausen zusammen beobachtete sie jedenfalls | |
| Veränderungen. War zuvor eher das „kommunale Klein-Klein“ wichtig, so ging | |
| es nun um grundsätzliche Themen und größere Demos. In der „harten Arbeit“ | |
| miteinander lernten die Gruppen zunehmend, „dass es nicht zuerst um | |
| Mitgliederinteressen geht, sondern darum, wie wir Menschen erreichen“. | |
| Messen könne man den Erfolg der Nordhausener Demokratiebewegung freilich | |
| schwer. „Die nachhaltige Bindung anderer Menschen an uns ist noch nicht | |
| gelungen“, muss die Bündnissprecherin konstatieren. Es bleibe Kleinarbeit: | |
| Aktionen durchführen, Flyer verteilen, mit Bürgern ins Gespräch kommen. | |
| ## Politischer Salon für Bürger:innenengagement | |
| Mit 80 Jahren will Dresdens ehemaliger Umweltbürgermeister Klaus Gaber den | |
| Kampf gegen rechts nicht aufgeben. Er setzt auf Bildung, Debatten und | |
| christliche Gemeinschaft | |
| Schöner als am Weißen Hirsch hoch über dem Elbtal kann man in Dresden kaum | |
| wohnen. Künstler und Intellektuelle müssen es seit jeher gespürt haben, die | |
| nach 1990 zugezogene Westelite strebte ebenfalls hier hinauf. | |
| Es ist ein Abend Mitte Januar. In der Kirche am Weißen Hirsch hat gerade | |
| das „Politische Nachtgebet“ stattgefunden. Rund 20 der zahlreichen Besucher | |
| sind der Einladung der Gabers gefolgt, in ihrem nur wenige Hundert Meter | |
| entfernten Wohnzimmer bei Imbiss und Rotwein noch weiter zu diskutieren. | |
| Seit etwa vier Jahren organisiert der mittlerweile 80-jährige Klaus Gaber | |
| seine diskursive Reihe. Und die heutige Diskussion mit dem Titel „Die | |
| Ostdeutschen und die Demokratie“ wird einige Wochen später auch gleich | |
| nochmal wiederholt. Anlass: Die Veröffentlichung der Correctiv-Recherchen | |
| zur Postdamer „Remigrations“-Konferenz ultrarechter Kreise. | |
| Der Ernst der Lage ist bei der Veranstaltung Anfang Februar spürbar. Was | |
| die Menschen vor allem umtreibt, sind die konkreten Machtoptionen der AfD, | |
| aber auch Grundsatzfragen: Warum nur herrsche, wenn es doch laut | |
| Sachsen-Monitor eine hohe Zufriedenheit mit den Lebensumständen gebe, | |
| dennoch eine solch defätistische Motz- und Meckerstimmung? | |
| ## In der Defensive lernt man argumentieren | |
| Klaus Gaber, der diesen Austausch im eigenen Wohnzimmer mit hoher Energie | |
| betreibt und das in einem Alter, in dem sich andere kaum noch aus dem | |
| Lehnstuhl erheben, ist ein neuerlich von Unruhe Ergriffener. Von Jugend an | |
| lebt er in der DDR wie ein typisch preußisch-protestantischer Pfarrerssohn: | |
| kein Mitglied bei den Pionieren oder der FDJ-Staatsjugend, | |
| Wehrdienstverweigerer, Vertrauensstudent in der Dresdner Studentengemeinde. | |
| Obendrein noch, natürlich, in der christlichen Umweltbewegung aktiv und | |
| dort etwa mit Ernst Paul Dörfler, dem Mitbegründer der Grünen Partei in der | |
| DDR, bestens befreundet. „Immer in der Defensive, so hat man argumentieren | |
| gelernt“, blickt er zurück. | |
| Eine solch kritische Haltung konnte er sich dank seiner | |
| wissenschaftlich-technischen Begabungen leisten. Das Studium prädestinierte | |
| ihn für die Halbleitertechnik, damals so ein Hype wie die KI heute. Sein | |
| Ardenne-Projekt, die Keimabtötung bei Getreidesamen durch | |
| Elektronenstrahlen statt mit chemischer Beize, ist eine heute auch in der | |
| Biolandwirtschaft akzeptierte Erfindung. | |
| Gabers politisches Engagement nach dem Fall der Mauer, 1989, erscheint wie | |
| eine logische Fortsetzung. Ab 1993 saß er der Fraktion der Bündnisgrünen im | |
| ersten sächsischen Landtag vor. Von 1994 an amtierte er als Bürgermeister | |
| für Umwelt und Kommunalwirtschaft in Dresden und trieb die | |
| Rekommunalisierung voran. | |
| ## Neuer Kuchen statt Selbstzerfleischung | |
| Ein Schlaganfall 2001 markierte einen gesundheitlichen Einschnitt. Die | |
| anschließende Versetzung in den Ruhestand bezeichnet er heute als „das | |
| größte Geschenk, das mir je gemacht worden ist“. Nicht nur mehr Zeit für | |
| die Kinder, sondern auch für die Generalthemen, die ihn seit jeher | |
| umtreiben: die „Zerfaserung der Mitte“, die verbindliche gesellschaftliche | |
| Grundlagen vermissen lasse. | |
| „Ich bin Ingenieur, ich will konkrete Dinge tun“, postuliert er. Etwa mit | |
| der Lokalen Agenda Dresden, also der Graswurzelbewegung und | |
| Vernetzungsebene bürgerschaftlichen Engagements, die jetzt erst in Fahrt | |
| komme. Auch hier geht es Gaber vorrangig um Bildung und Diskussion, etwa | |
| darum, wie man den Klimaschutz in Zeiten des Rechtsrucks unter die Leute | |
| bringt. „Ich bin von Unruhe getrieben, aber kenne meinen begrenzten | |
| Lebenshorizont. Und ich bin Politiker genug, um zu wissen, wie lange | |
| Prozesse dauern!“ Voraussichtlich 102 Jahre müsse er alt werden, um | |
| Deutschland klimaneutral zu erleben, rechnet er vor. | |
| Christliche Verpflichtungen, wie Gabers langjährige Unterstützung zweier | |
| Geflüchteter, diskutierte er in den Jahren 2015 bis 2017 auch in der | |
| Kirche. „Ich sehe Jesus immer noch als Revolutionär“, sagt er. In diesem | |
| Rahmen entstanden auch die Politischen Nachtgebete in der Kirche am Weißen | |
| Hirsch. | |
| Dystopien werden dort nicht zelebriert. Gaber habe die | |
| „Selbstzerfleischung“ und den Geist der Verzweiflung zunehmend satt, von | |
| dem vor allem rechte Kräfte profitierten, sagt er. Und die „Nach uns die | |
| Sintflut“-Mentalität sowieso schon lange: „Jeder will noch ein Stückchen | |
| vom Kuchen haben, obschon er längst gegessen ist!“ | |
| Deshalb wolle er lieber darüber sprechen, dass es Alternativen gebe, und | |
| den Schwerpunkt der monatlichen „Nachtgebete“ in eine positive Richtung | |
| drehen. „Wir müssen den neuen Kuchen backen!“, lautet seine Botschaft. | |
| 25 Jul 2024 | |
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| Michael Bartsch | |
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