# taz.de -- „GWR“-Herausgeber Bernd Drücke: „Es ist wichtig, den Krieg z… | |
> Seit über 50 Jahren publiziert die „GWR“ anarchistische Ideen. | |
> Herausgeber Bernd Drücke über Remilitarisierung und die Zukunft der | |
> Bewegung. | |
Bild: Die Friedenstaube fliegt, und scheißt aufs Militär | |
taz: Herr Dücke, wo sehen Sie die Aufgaben der GWR heute, wo so viel | |
[1][von Kriegsfähigkeit] der Gesellschaft geredet wird? | |
Bernd Drücke: Im [2][anarchistischen Antimilitarismus], im Aufklären über | |
Macht- und Herrschaftsverhältnisse, im Entwickeln | |
gewaltfrei-anarchistischer, antifaschistischer, antisexistischer | |
Widerstandsstrategien und Utopien. Wir streben eine globale | |
Entmilitarisierung und eine nicht patriarchalische Gesellschaft jenseits | |
von Herrschaft, Kapitalismus und Gewalt an. [3][Die GWR] agitiert für eine | |
Welt, die ohne Chef, Staat und Militär auskommt. | |
taz: Welche Rolle könnte die GWR bei der Diskussion um die Wiedereinführung | |
der Wehrpflicht spielen? | |
Bernd Drücke: Mit unserer kleinen Zeitschrift und den Büchern des | |
Buchverlags Graswurzelrevolution wollen wir dazu beitragen, die von den | |
Herrschenden angestrebte „Kriegstüchtigkeit“ und die Wiedereinführung der | |
Kriegs- und Zwangsdienste zu verhindern. Dazu dient auch die | |
#ObjectWarCampaign und die von der GWR ebenfalls mitgetragene Kampagne des | |
„anarchistischen Antikriegsrates“ gegen den jährlich am 15. Juni | |
stattfindenden „Nationalen Veteranentag“. Jeder Krieg ist ein Verbrechen an | |
der Menschheit. Es ist wichtig, ihn zu sabotieren, anstatt ihn durch | |
Aufrüstung, Kriegspropaganda und Waffenexporte zu befeuern. | |
taz: Es wird oft gesagt, junge Menschen interessieren sich weniger für | |
Themen wie Antimilitarismus. Erreicht die GWR junge Menschen? | |
Bernd Drücke: Wir haben viele ältere Abonnent*innen, die seit Jahren die | |
GWR lesen und sie auch mit Spenden unterstützen. Jetzt kommen viele junge | |
hinzu. So schreibt die 24-jährige Luna in der GWR 500, dass sie an der GWR | |
die klare antimilitaristische Ausrichtung schätze: „Ich bin in einer | |
politischen Generation sozialisiert worden, die gar nicht mehr wusste, wie | |
sie zu Krieg steht. Ich habe um mich herum eine große Sprachlosigkeit und | |
Orientierungslosigkeit erlebt, was das Thema betrifft. Das ändert sich mit | |
den aktuellen Entwicklungen. Ich denke, es müssen wieder Brücken zwischen | |
Politgenerationen hergestellt und Erfahrungswissen vergangener politischer | |
Kämpfe weitergegeben werden, um uns gegen den Krieg zu organisieren.“ | |
Gerade darin liegt ein Potenzial der generationsübergreifenden GWR. | |
taz: In der Jubiläumsausgabe erinnerte Helga Weber-Zucht an die | |
Gewaltfreien Aktionsgruppen, deren Sprachrohr die GWR war. Wollen Sie daran | |
wieder anknüpfen? | |
Bernd Drücke: Wir können aus der Geschichte der Föderation Gewaltfreier | |
Aktionsgruppen lernen. Die FöGA war laut Verfassungsschutz das größte | |
anarchistische Netzwerk der Nachkriegszeit. Dass sie sich Ende der 1990er | |
Jahre auflöste, hat mit dem Niedergang der Friedensbewegung zu tun, und dem | |
– vielleicht nur vorläufigen – Ende des Kalten Kriegs. Steht angesichts der | |
massiven Remilitarisierung heute eine Revitalisierung der Gewaltfreien | |
Aktionsgruppen an? Wir brauchen ein anarchistisch-antimilitaristisches | |
Netzwerk, eine breite, antiautoritäre Bewegung für Zivilen Ungehorsam, | |
Kriegsmüdigkeit und gegen jeden Krieg. | |
taz: Bei aller Freude über das Jubiläum. Welche Probleme gibt es bei der | |
GWR? | |
Bernd Drücke: Im GWR-Herausgeber*innenkreis wünschen wir uns mehr Frauen, | |
LGBTQIA+, Jüngere und Migrant*innen. Unser Onlineauftritt soll besser | |
werden. Die Homepage [4][graswurzel.net] ist bisher eher eine Ergänzung zur | |
Printausgabe. Unsere Webmaster arbeiten aber dran, auch an einem | |
GWR-Digitalabo. Wir verkaufen monatlich 3.000 Exemplare. Das waren früher | |
mehr, aber im Vergleich mit anderen Printmedien, die erhebliche | |
Aborückgänge hatten oder das Erscheinen einstellen mussten, geht es der GWR | |
gut. Die Solidarität unserer Leser*innen ist überwältigend. Als wir vor | |
einem Jahr einen Spendenaufruf veröffentlicht hatten, haben Hunderte die | |
GWR mit Spenden und Abos gerettet. Das Telefon in der Redaktion lief heiß, | |
weil Leser*innen uns die Sorgen um ihr Blatt und ihre Begeisterung über | |
die Inhalte mitteilen wollten. Deshalb bin ich zuversichtlich, dass die GWR | |
auch in den nächsten 53 Jahren Unterstützer*innen findet und | |
erscheinen kann. | |
25 Jun 2025 | |
## LINKS | |
[1] /Debatte-um-Kriegstuechtigkeit/!6092783 | |
[2] /Antimilitaristisches-Aktionsnetzwerk/!6094137 | |
[3] https://www.graswurzel.net/gwr/ | |
[4] https://www.graswurzel.net/gwr/ | |
## AUTOREN | |
Peter Nowak | |
## TAGS | |
Linke Szene | |
Graswurzelbewegung | |
Antimilitarismus | |
Anarchismus | |
Seitenwende | |
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine | |
Wahlen in Ostdeutschland 2024 | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
taz-Seitenwende: Pazifismus in Zeiten des Krieges | |
Viele Grüne und Linke kommen aus der Friedensbewegung. Kann Pazifismus in | |
Kriegszeiten funktionieren? Eine Diskussion zur taz-Seitenwende in Köln. | |
Krieg und Frieden in der Ukraine: Was vom Pazifismus übrig bleibt | |
Der Krieg in der Ukraine wirft viele Fragen auf: Soll die Nato in den Krieg | |
eintreten? Die Ostgrenzen stärken? Ein Zuruf aus der pazifistischen Ecke. | |
Vor den Landtagswahlen im Osten: Wo die Graswurzeln wachsen | |
Was hilft gegen Rechte im Osten? Keiner weiß das besser als die, die hier | |
leben. Drei Porträts von Menschen, die die Dinge im Kleinen ändern wollen. |