# taz.de -- Verkehrsminister Andreas Scheuer: Er ist gescheitert | |
> Die CSU stellt den vierten Verkehrsminister in Folge. Erfolgreich war | |
> keiner von ihnen. Der jetzige Ressortschef ist aber ein besonderer | |
> Kandidat. | |
Bild: Hat er's wirklich gelesen? Andreas Scheuer im Bundestag | |
Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer hat im Alleingang Verträge zur | |
geplanten Pkw-Maut abschließen lassen. Bevor das EuGH überhaupt eine noch | |
ausstehende Klage Österreichs rechtskräftig bewerten konnte, [1][handelte | |
er bereits]. Das Urteil erteilte der geplanten Maut eine Absage. | |
Im Grunde wussten alle Beteiligten, inklusive der zahlreichen Gutachten, | |
die bereits 2014, als Dobrindt und Seehofer im Mautrausch waren, der | |
Angelegenheit ein „unmöglich“ erteilten, dass das niemals rechtens sein | |
kann. Wieso hörte man nicht auf Warnungen? Konsumierte der Bayer keine | |
Medien? Wusste er von dem Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des | |
Bundestags? | |
Scheuers Ego wusste bereits alles, entgegen jeglichen Zweifeln. Zu den | |
schriftlichen Gutachten äußerte er, sie seien so grundfehlerhaft, dass sie | |
sofort zum Altpapier gehörten. Verfasser wollte er gar feuern lassen. | |
In der ersten Sitzung des Ausschusses Ende Juni, in welcher er sich den | |
Fragen fassungsloser Abgeordneter stellen musste, äußerte er, dass ihm alle | |
Abgeordneten dankbar sein würden, hätte er dieses Prestigeprojekt auf die | |
Beine stellen können. Er unterstellte ihnen, sie würden sich darüber | |
freuen, dass keine Entlastung für den deutschen Steuerzahler erfolgen | |
würde. Reue? Eine peinliche Inszenierung mit patriotischem Beigeschmack. | |
## Und dann gibt es auch noch Entschädigungen | |
Dass ein Schaden entstanden ist, inszeniert er als einkalkulierten Faktor, | |
den es wert war zu riskieren. Seelenruhig erklärte Scheuer, dass er | |
rechtens gehandelt habe durch die direkte Gründung einer Taskforce zur | |
Kündigung der Verträge und Aufarbeitung der Schäden, umgehend nachdem das | |
EuGH sein Urteil gefällt hatte. | |
Zudem seien beim Abschließen der Verträge „Maßnahmen“ verfasst worden, d… | |
bei Scheitern vor dem EuGH den Schaden begrenzen würden. Er habe wohl schon | |
am Tag vor dem Urteil Versäumnisse festgestellt. Welche, sagt er nicht. Zu | |
der Summe, die zu Beginn 53 Millionen, nun 1,9 Milliarden Euro betragen | |
soll, verliert er kein Wort. | |
Die Zwischenrufe wütender FDP-Abgeordneter, weshalb er die Verträge | |
überhaupt abgeschlossen habe, ignorierte er fast gänzlich. | |
Die Verträge legte er, längst überfällig, nun offen. Jedoch mit Schwärzung | |
von Personalien und Betriebsgeheimnissen. Den Vertrag zur Kontrolle der | |
Maut des Bundesministeriums könne er noch nicht vorlegen, es würde daran | |
gearbeitet werden laut Scheuer. Offen bleibt jedoch: Wieso hat er den | |
Betreibern eine üppige Entschädigung zugestanden? War das vorherige | |
Abschließen der Verträge kalkuliertes Risiko oder pure fachliche Arroganz? | |
## Die Schuld sucht das Ministerium in Österreich | |
Die verkehrspolitische Sprecherin der CSU, Daniela Ludwig, argumentierte, | |
es sei ein beschlossenes Gesetz des Bundestags gewesen, der | |
Verkehrsminister habe nur seinen Job gemacht. Im Verkehrsministerium beruft | |
man sich auf das Unternehmen Kapsch, welches für die Prüfung der Maut | |
beauftragt wurde, sowie auf die Festlegung des Koalitionsvertrags, in | |
welchem die SPD dem Prestigeprojekt der CSU zustimmte. | |
Sein Sprecher, Wolfgang Ainetter, nannte das Ganze #GrillDenScheuer, als | |
habe er keine der kostenlastigen Folgen zu verantworten. Lustig ist an der | |
Summe, die sein Alleingang verursachte, aber nichts. Ignoranz in einem | |
erschütternden Ausmaß, das hat Scheuer damit final bewiesen. | |
Die Schuld sucht man auch bei den Klägern in Österreich, die das Mautverbot | |
erst zustande brachten. Diese Verträge hätten trotzdem niemals vorher | |
unterzeichnet und damit verbunden zahlreiche Arbeitsplätze und Gelder | |
vernichtet werden dürfen. | |
## Andere Schwerpunkte | |
Zusätzlich ist Scheuer ein Störenfried in der Klimapolitik. Die Klimaziele | |
von Paris sind mit ihm undenkbar. Rasche Emissionssenkungen müssen vom | |
Verkehrsministerium mitgetragen werden. Svenja Schulzes CO2-Steuer kontert | |
die CSU geschlossen, allen voran Scheuer, sie sei, solange sie | |
ausschließlich den Verbraucher treffe, nur abzulehnen. | |
Stattdessen solle die Verkehrswende vorangetrieben werden und die Bahn | |
günstiger werden. Das ist richtig, nur passiert nichts. Die Forderung der | |
Senkung der Mehrwertsteuer auf Bahntickets ist nur eine Forderung. | |
Insbesondere Dobrindt hatte während seiner Amtszeit für den Anstieg des | |
Lkw- sowie des Flugverkehrs gesorgt. | |
In seiner Legislatur selbst beschäftigte sich Scheuer bis jetzt mit anderen | |
Schwerpunkten. Er lässt sich vor Ökostrombahnen und von ihm ermöglichten | |
E-Rollern ablichten und macht teure sexistische Werbung fürs Helmtragen. | |
Vor der Belastung der Automobilindustrie weicht Scheuer stets aus. | |
Nur eine Vorliebe für Bayern, das im vorgelegten Plan der | |
Finanzierungsverteilung 21,5 Prozent des gesamten Etats erhält, weist der | |
Passauer Minister vor. Ganz in CSU-Manier. Zu dieser gehört auch, die | |
Überzeugung zu besitzen, Ausländer durch eine hohe Maut zu diskriminieren, | |
nur im Namen des Nationalen Geld einzusparen. | |
Es gibt keine Option außer zurückzutreten. Erneuerbare Energien im Nah- und | |
Fernverkehr gehen schleppend voran, Digitalisierung ist ein leeres Wort, so | |
groß Scheuer auch verspricht zu investieren. Die in den Sand gesetzten 1,9 | |
Milliarden sind die Spitze des Eisbergs. | |
Der Verkehrsausschuss fordert an diesem 24. Juli eine erneute Erklärung von | |
Scheuer. Dieser lenkt auf seiner Tour durchs Allgäu von der Dringlichkeit | |
der Sache ab. Drohten verkehrspolitische Sprecher der Grünen mit | |
unermüdlichem Nachbohren, findet man kaum radikale Forderungen eines | |
Rücktritts. Der ist allerdings bitter nötig. Die Risikofreundlichkeit und | |
das unreflektierte Verhalten, keine Konsequenzen aus fahrlässigen Fehlern | |
zu ziehen, sind Zeugnis für Inkompetenz. | |
Souveränität war generell nie ein Begriff in den Legislaturen seit Ramsauer | |
2009, der die bilanzlos geprägte Phase der CSU-Verkehrspolitik einläutete. | |
Scheuer ist nun Vierter dieser Verkehrsministerriege des Nichts. [2][Sein | |
Opportunismus] und die Stummschaltung von Gutachtern sind weitreichend und | |
lassen erahnen, wie diese fachliche und menschliche Ignoranz weitere | |
gravierende Fehlentscheidungen mittragen wird. | |
24 Jul 2019 | |
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## AUTOREN | |
Yasmine M'Barek | |
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