# taz.de -- Ex-Verkehrsminister im U-Ausschuss: Klar europarechtswidrig | |
> Die Ausländer-Maut verstößt gegen europäisches Recht. Das wusste | |
> Ex-Verkehrsminister Ramsauer (CSU) von Anfang an. | |
Bild: Ex-Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) nimmt seinen Nachnachfolge… | |
BERLIN taz | Merkel, Seehofer und Gabriel sind für das Pkw-Maut-Desaster | |
verantwortlich, weil sie sehenden Auges als Parteivorsitzende in den | |
Koalitionsvertrag von 2013 eine europarechtswidrige Vorgabe geschrieben | |
haben. Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) konnte mit dieser | |
„Hypothek“ nichts anderes machen, als er getan hat. Davon ist zumindest | |
sein Vorvorgänger und Parteifreund Peter Ramsauer überzeugt, in dessen | |
Amtszeit von 2009 bis 2013 Scheuer Staatssekretär im | |
Bundesverkehrsministerium war. | |
„Scheuer blieb überhaupt nichts anderes übrig, als die Dinge zu | |
vollziehen“, sagte Ramsauer bei seiner Vernehmung im Untersuchungsausschuss | |
zum [1][Pkw-Maut-Desaster]. Ramsauer selbst war von Anfang an klar, dass | |
der gewählte Weg für die deutsche Ausländer-Maut europarechtswidrig war. | |
Der Untersuchungsausschuss soll die Zusammenhänge um die gescheiterte Maut | |
für Ausländer aufklären. Die Abgabe war ein [2][Prestigeprojekt der CSU], | |
die im Bundestagswahlkampf 2013 damit geworben hatte. | |
Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) hatte das Projekt bei seinem | |
Amtsantritt im Frühjahr 2018 von seinem Vorgänger Alexander Dobrindt | |
übernommen. | |
Scheuer hatte Ende des Jahres 2018 Verträge mit Firmen geschlossen, die das | |
Eintreiben der Straßennutzungsgebühr organisieren sollten. Zu diesem | |
Zeitpunkt war allerdings noch eine Klage Österreichs und der Niederlande | |
gegen das Projekt anhängig. Im Juni 2019 hat der Europäische Gerichtshof | |
(EuGH) die Maut mit der Begründung kassiert, sie diskriminiere EU-Bürger. | |
Die Betreiber fordern jetzt Schadenersatz von mehr als einer halben | |
Milliarde Euro. | |
## Ramschauer rechnete mit EuGH-Urteil | |
Ramsauer wollte sich nicht dazu äußern, warum Scheuer die Verträge vor dem | |
Urteil des EuGH unterschrieben hat. „Da wage ich kein Urteil, das wäre eine | |
totale Anmaßung“, sagte der frühere Verkehrsminister. „Politik ist ein | |
verdammt dialektischer Gesamtkomplex.“ | |
Anders als Scheuer war Ramsauer von dem Urteil des EuGH keineswegs | |
überrascht. „Es tut mir weh, dass ich mit meiner Einschätzung recht | |
behalten habe“, sagte er. | |
Im November 2013 hatte Ramsauer mit Vertretern der EU-Kommission geklärt, | |
unter welchen Bedingungen Deutschland eine Maut für Ausländer einführen | |
könnte. Das Problem war die Koppelung mit der Senkung der Kfz-Steuer für | |
inländische Fahrzeughalter. Die wollte die CSU, denn die inländischen | |
Halter sollten ja nicht zur Kasse gebeten werden. | |
Das wäre durchaus möglich gewesen, aber nicht in einer direkten Verbindung | |
mit der Maut, berichtete Ramsauer. Es habe bei der Senkung der Kfz-Steuer | |
Gewinner und Verlierer geben müssen, etwa durch die Einführung bestimmter | |
Kriterien wie Schadstoffausstoß. Das hätten seine Brüsseler | |
Gesprächspartner klar gesagt. Die Steuerentlastung dürfte also nicht für | |
jeden Halter eins zu eins zur Mautbelastung erfolgen. Das habe er auch bei | |
den Koalitionsverhandlungen 2013 vorgetragen, sagte Ramsauer. | |
## Parteivorsitzenden der Koalition war Problem klar | |
Doch Bundeskanzlerin Angela Merkel habe das abgelehnt, weil sie im | |
Wahlkampf versprochen hatte, dass kein Fahrzeughalter zusätzlich belastet | |
würde. Aus diesem Grund wurde nicht Ramsauers Formulierungsvorschlag | |
aufgenommen, dass inländische Fahrzeughalter insgesamt nicht mehr zahlen | |
würden. Stattdessen hieß es, kein einziger inländischer Fahrzeughalter | |
werde zusätzlich belastet. | |
Den Parteivorsitzenden sei das europarechtliche Problem klar gewesen. | |
Merkel und den damaligen SPD-Chef Sigmar Gabriel habe es nicht gestörrt, | |
weil sie die Maut ja nicht wollten. Und der seinerzeitige CSU-Vorsitzende | |
Horst Seehofer sei wohl davon ausgegangen, dass das Problem schon irgendwie | |
politisch gelöst werde. | |
Der kleine, aber europarechtlich entscheidende Unterschied im | |
Koalitionsvertrag sei für seine Nachfolger eine belastende Hypothek | |
gewesen, sagte Ramsauer. Ausdrücklich nahm er seine Parteifreunde in | |
Schutz. „Sie haben das daraus gemacht, was man nach bestem Wissen und | |
Gewissen daraus machen konnte“, sagte Ramsauer. Er habe sie auf die Risiken | |
hingewiesen. „Sie haben alles getan, die Risiken zu minimieren“, behauptete | |
er. | |
Der Bundestag hat nach Ramsauers Amtszeit zweimal über das Mautprojekt | |
abgestimmt. An beiden Abstimmungen hat der Ex-Verkehrsminister nicht | |
teilgenommen. | |
13 Feb 2020 | |
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## AUTOREN | |
Anja Krüger | |
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