# taz.de -- Vergütungsregeln für freie Journalisten: Halbherzige Hilfe bei Ho… | |
> Freie Journalisten werden schlecht bezahlt. Das soll sich ändern – doch | |
> DJV und Verdi finden den Gesetzentwurf des Justizministers lückenhaft. | |
Bild: Wo es hakt? Na, an der schlechten Bezahlung. | |
Justizminister Heiko Maas (SPD) will die Position der freien Journalisten | |
gegenüber den Verlagen verbessern. Der Deutsche Journalistenverband (DJV) | |
und die Gewerkschaft Verdi begrüßen das Vorhaben, halten Maas’ | |
Gesetzentwurf aber noch für zu halbherzig. | |
In Deutschland gibt es rund 25.000 freie Journalisten, davon arbeiten rund | |
10.000 vor allem für Tageszeitungen. Das Einkommen der Freien ist meist | |
niedrig. Im Schnitt verdienen sie laut DJV kaum mehr als 2.000 Euro pro | |
Monat. Das ist weniger als die Hälfte eines Redakteurs mit 15 Berufsjahren. | |
Hauptgrund der miesen Bezahlung ist die schlechte Verhandlungsposition. | |
Selbstständige Journalisten können schließlich nicht streiken. Der | |
Bundestag hat deshalb 2002 versucht, die Position der Freelancer zu | |
stärken: Im Urheberrechtsgesetz ist ihnen seither eine „angemessene“ | |
Bezahlung garantiert. Was angemessen ist, soll sich vor allem aus | |
Vergütungsregeln ergeben, die Verleger und Gewerkschaften aushandeln. | |
Die rot-grüne Reform von 2002 war allerdings nur mäßig erfolgreich. So | |
dauerte es acht Jahre, bis 2010 für die Texte von Freien an Tageszeitungen | |
endlich Vergütungsregeln vereinbart wurden. Für Fotos in Tageszeitungen | |
dauerte es sogar bis 2013. Und für die Freien bei Zeitschriften gibt es bis | |
heute keine Vergütungsregeln – nach 57 Verhandlungsrunden. | |
Doch auch dort, wo Vergütungsregeln bestehen, werden sie von den Verlegern | |
oft einfach ignoriert. Honorare, die 30 bis 50 Prozent hinter den | |
Anforderungen zurückbleiben, sind laut DJV eher die Regel als die Ausnahme. | |
Hunderte Millionen Euro seien den Freien so in den letzten Jahren | |
vorenthalten worden. | |
## Wer klagt, erhält keine Aufträge mehr | |
Justizminister Maas weiß, warum sich kaum ein Journalist gegen die | |
unangemessen schlechte Bezahlung wehrt: Wer seine Rechte einklagt, müsse | |
damit rechnen, dass er ab sofort von den Zeitungen keine Aufträge mehr | |
erhält. Im Gesetzentwurf ist sogar von Schwarzen Listen („blacklisting“) | |
die Rede. Der Bundesverband der Zeitungsverleger behauptet dagegen, man | |
könne „nicht pauschal“ von fehlender Augenhöhe sprechen. Die Verleger | |
halten den Gesetzentwurf deshalb für unnötig. | |
Tatsächlich dürfte der Gesetzentwurf nicht viel bringen, weil er an | |
entscheidenden Stellen nicht konsequent genug ist. So können Verleger | |
bisher einfach den Abschluss von Vergütungsregeln verweigern. Das Gesetz | |
sieht zwar eine Schlichtung vor, deren Ergebnis ist aber nicht verbindlich. | |
Daran will auch Maas nichts ändern. Ein entscheidender Fehler der | |
rot-grünen Reform bliebe also bestehen. DJV und Verdi fordern eine | |
Nachbesserung des Gesetzentwurfs. | |
Vorgeschlagen hat Maas immerhin ein Verbandsklagerecht. Damit sollen die | |
Journalistenverbände immer dann eingreifen können, wenn ein Mitglied des | |
Verlegerverbandes sich nicht an die Vergütungsregeln hält. DJV und Verdi | |
fürchten jedoch, dass dies auf Verlegerseite zu einer „Verbandsflucht“ | |
führen werde. | |
Für Aufsehen hat der Gesetzentwurf bisher aus einem anderen Grund gesorgt. | |
Er sieht vor, dass Schriftsteller sich nach fünf Jahren einen neuen Verlag | |
für ein Buch suchen können. Die Verlage protestierten vehement dagegen. | |
Ganz auf die Reform verzichten wird Minister Maas aber wohl nicht. Denn die | |
Reform des Urhebervertragsrecht ist ein ausdrücklicher Auftrag des | |
schwarz-roten Koalitionsvertrags von 2013. Ziel ist, „die Position des | |
Urhebers zu verbessern und Kreativen eine angemessene Vergütung zu | |
ermöglichen“. | |
5 Jan 2016 | |
## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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