Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Verbotene Kurdische Arbeiterpartei: Keine Gnade für die PKK
> Seit 1993 ist die Kurdische Arbeiterpartei verboten. Jetzt beantragt die
> Parteiführung ein Ende des Verbots. Doch SPD und Grüne winken ab.
Bild: Protest in Berlin am 27.11.2021, gegen das Verbot der Arbeiterpartei Kurd…
Berlin taz | Die Kurdische Arbeiterpartei PKK hat am Mittwoch beantragt,
das seit 1993 geltende Betätigungsverbot gegen sie aufzuheben. Ein
entsprechendes anwaltliches Schreiben ging dem Bundesinnenministerium zu.
Die Mandanten in der Sache waren die beiden PKK-Führer Murat Karayilan und
Durban Kalkan.
In dem Schriftsatz heißt es, die PKK habe sich „in ihrer Struktur, ihrem
Charakter, den von ihr verfolgten Zielen und den von ihr eingesetzten
Mitteln derart verändert“, dass das Verbot nicht mehr gerechtfertigt sei.
Unter anderem strebe die Partei heute keinen eigenen Staat mehr an, sondern
fordere regionale Autonomie. Vor allem aber begehe die PKK in Deutschland
keine Straftaten mehr, die ein Verbot rechtfertigen würden.
Um dieses Argument zu stützen, hat die Partei ein Gutachten bei dem
Freiburger Strafrechtsprofessor Roland Hefendehl in Auftrag gegeben. Der
schreibt, dass seit 2010 eine „erhebliche Relativierung der
Strafrechtswidrigkeit der PKK“ zu verzeichnen sei.
„Wir wollen den Dialog, wir wollen Teil der Gesellschaft sein, ohne uns
verstecken zu müssen“, sagte Dilan Akdoğan vom Kurdischen
Gesellschaftszentrum e. V.. Sie erinnerte an den Tod von Halim Dener, der
1994 in Hannover beim Kleben von PKK-Plakaten von der Polizei erschossen
wurde. Mehr noch, die Verfolgung von Kurd:innen in der Türkei werde durch
das PKK-Verbot hierzulande fortgesetzt, so Akdoğan.
## Die Grauen Wölfe sind nicht verboten
Immer wieder landen Kurd:innen vor Gericht, weil sie PKK-Symbole zeigen
oder Spenden sammeln, kurdische Vereine oder Medien wurden verboten. Die
Co-Vorsitzende der Linksfraktion in der Hamburgischen Bürgerschaft, Cansu
Özdemir, etwa [1][musste 1.000 Euro zahlen], weil sie ein Foto getwittert
hatte, auf dem eine PKK-Demo zu sehen war. Auch Einbürgerungen werden mit
Verweis auf Nähe zur PKK abgelehnt.
Der damalige CDU-Innenminister Manfred Kanther hatte das Verbot 1993
erlassen. Damals gab es Anschläge gegen türkische Einrichtungen in
Deutschland. Seither hat sich die PKK programmatisch erheblich gewandelt.
Geblieben sind indes die Attacken der Türkei. Die führt bis heute vor allem
im Nordirak Krieg gegen die PKK und [2][hat ihre Angriffe in den
vergangenen Wochen wieder verstärkt.]
Die PKK hatte offenbar darauf gehofft, dass das nunmehr SPD-geführte
Bundesinnenministerium gnädiger sein würde als unter dem 2021
ausgeschiedenen CSUler Horst Seehofer. Ein Irrtum: Die Argumentation der
PKK sei dem Ministerium bekannt, sagte ein Sprecher von
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) der taz. „Das BMI sieht sich
dadurch nicht veranlasst, die im Einklang mit der geltenden Rechtsprechung
stehende Einstufung der PKK als extremistische Terrororganisation zu
ändern.“
Die SPD-Fraktion im Bundestag trägt dies mit. Es gebe „nach wie vor eine
Notwendigkeit für ein Betätigungsverbot der PKK“, sagt der innenpolitische
Sprecher Sebastian Hartmann. Er verweist auf den Verfassungsschutzbericht.
Gewalt sei weiterhin eine „strategische Option der PKK-Ideologie“, so
Hartmann. Zu sehen sei das unter anderem an „spontanen, wechselseitigen
Straf- und Gewalttaten“, wenn „nicht organisierte türkische
Rechtsextremisten“ und junge Anhänger der PKK bei Demos aufeinanderträfen.
Die türkischen Grauen Wölfe, auf die Hartmann anspielt, sind übrigens nicht
verboten. Hartmann hält die PKK „nach wie vor“ für eine Gefahr für die
innere Sicherheit. Sie könne „zumindest punktuell Gewalt“ einsetzen.
Auch die Grünen wollen der kurdischen Partei nicht entgegenkommen. Die
innenpolitische Sprecherin Lamya Kaddor sagt etwas umwunden, es sei
„richtig, dass regelmäßig durch das Bundesinnenministerium überprüft wird,
ob die rechtlichen Voraussetzungen des Betätigungsverbots der PKK in
Deutschland weiter vorliegen“. Unabhängig von dem Verbot in Deutschland
seien Fragen der Autonomiebestrebung und des Schutzes der kurdischen
Zivilgesellschaft in der Autonomieregion im Nahen Osten zu bewerten, sagt
Kaddor. Diese würden die Grünen „ausdrücklich unterstützen“.
Der Anwalt Lukas Theune kündigte an, gegen das Verbot zu klagen, sollte
Faeser den Antrag tatsächlich ablehnen.
11 May 2022
## LINKS
[1] /PKK-Flagge-gepostet/!5633612
[2] /Tuerkische-Bodenoffensive-gegen-die-PKK/!5849509
## AUTOREN
Christian Jakob
## TAGS
PKK
Parteiverbot
Kurden
Opposition in der Türkei
GNS
Kurden
Türkei
Bundesinnenministerium
PKK
Türkei
Recep Tayyip Erdoğan
PKK
Kurden
## ARTIKEL ZUM THEMA
Betätigungsverbot der PKK: Anachronistische Kriminalisierung
Seit über 30 Jahren darf die kurdische PKK in Deutschland nicht tätig
werden. Nach der Selbstauflösung der Partei sollte das Verbot aufgehoben
werden.
Terroranschlag in Istanbul: Besser Kurden als Dschihadisten
Stecken wirklich kurdische Kräfte hinter dem Anschlag in Istanbul? Fest
steht: Eine Eskalation käme dem türkischen Präsidenten nicht ungelegen.
Überwachung von kurdischen Vereinen: Der unauffindbare Erlass
Daten über kurdische Vereine landen seit 1994 automatisch beim
Verfassungsschutz. Den zugrundeliegenden Erlass findet das Innenministerium
nicht mehr.
Die PKK und die Grauen Wölfe: Import von Konflikten
Während die PKK gegen das Verbot kämpft, erfreuen sich die Grauen Wölfe
großer Handlungsfreiheit. Richtig wäre, sie besser zu beobachten.
Justiz in der Türkei: Oppositionspolitikerin verurteilt
Canan Kaftancioglu wird Terrorpropaganda vorgeworfen. Nun muss die
Istanbul-Vorsitzende der CHP knapp fünf Jahre ins Gefängnis.
Türkische Bodenoffensive gegen die PKK: Kein Frieden in Sicht
Seit Montag attackiert die türkische Armee die PKK im Nordirak. Bleiben die
politischen Verhältnisse unverändert, nimmt der Krieg kein Ende.
Urteil gegen PKK-Aktivistin: Eine politische Botschaft
Die Deutschkurdin Gönül Örs ist zu einer hohen Haftstrafe verurteilt
worden. Es ist ein Warnsignal an die PKK-Sympathisanten in Deutschland.
PKK-Flagge gepostet: Linken-Fraktionschefin verwarnt
Eine Abgeordnete der Hamburgischen Bürgerschaft muss 1.000 Euro spenden,
weil sie die Flagge der verbotenen Kurdenorganisation PKK getwittert hat.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.