# taz.de -- VWs neues Elektroauto „ID4“: SUV mit Öko-Anspruch | |
> Volkswagen präsentiert sein neues Elektroauto, den „ID4“. Er soll | |
> klimaneutral sein, den Weltmarkt erobern und erntet ungewohntes Lob. | |
Bild: Bunt und öko: ein VW „ID4“ | |
BERLIN taz | Die neue Idee aus Wolfsburg für die Weltherrschaft ist 4,58 | |
Meter lang, schafft 300 bis 500 Kilometer ohne zu tanken, beschleunigt in | |
8,5 Sekunden auf Tempo 100 und kostet etwa 44.500 Euro. Das ist das neue | |
Elektroauto von Volkswagen, der „ID4“, der am Mittwoch in Wolfsburg seine | |
Weltpremiere feierte. | |
Mit dem bulligen Klein-SUV will der größte Autobauer der Welt dem „Model Y�… | |
des US-Anbieters Tesla Konkurrenz machen. Vor allem aber plant VW, so die | |
Märkte in China und den USA zu erobern – und gleichzeitig [1][seine Art von | |
nachhaltiger und digitaler Mobilität] der Zukunft durchzusetzen. | |
„Dieses Modell wird als erstes E-Weltauto unsere für die Elektromobilität | |
entwickelte MEB-Plattform global ausrollen“, erklärte Ralf Brandstätter, | |
Vorstandsvorsitzender der Marke Volkswagen. Dieser einheitliche Baukasten | |
beim Stromantrieb ist die Basis für viele E-Modelle des Konzerns, also von | |
Volkswagen, Seat oder Audi. „Damit beweist Volkswagen im Volumenmarkt | |
erneut seine Führungsrolle bei Innovation, Technologie und Qualität.“ | |
Der ID4 entspricht etwa dem Kompakt-SUV-Modell Tiguan, während sein | |
kleinerer Vorgänger ID3 nach dem Golf konzipiert ist. Der ID4 bietet neben | |
dem Lenkrad als Bedienung ein Touchscreen und Sprachsteuerung, soll etwa 17 | |
Kilowattstunden Strom auf 100 Kilometer verbrauchen und an einer | |
Schnellladestation in einer halben Stunde für etwa 300 Kilometer Reichweite | |
Strom aufnehmen. | |
## Dicke Autos für Übersee | |
Während der ID3 sich vor allem in Europa verkaufen soll, braucht es nach | |
Einschätzung vieler Experten für die Märkte in Übersee dickere Autos – eb… | |
den ID4. Der Serienname „ID“ ist dabei nicht klar definiert. Er stehe für | |
„Intelligent Driving“, heißt es von VW, aber auch für „Idee“ oder | |
„Identität“. | |
Danach sucht VW fünf Jahre nach dem [2][Dieselskandal], mitten in der | |
Klimadebatte und kurz vor dem Abschied vom Verbrennungsmotor: Nach einer | |
eigenen Identität in einer Zukunft von nachhaltiger Mobilität, wie sie | |
VW-Chef Herbert Diess mit voller Wucht durchsetzen will. Dafür investiert | |
der Konzern in den nächsten Jahren allein in die E-Mobilität etwa 33 | |
Milliarden Euro. | |
Die neuen Modelle sollen, wie schon beim ID3, „bilanziell klimaneutral“ | |
sein: Zulieferer und Batterien für die Produktion müssten ihre Emissionen | |
perspektivisch auf Null senken oder kompensieren; die Autos sollen „zu 95 | |
Prozent recyclingfähig“ werden; das Werk in Zwickau, wo seit diesem Juni | |
nur noch Elektroautos produziert werden, soll mit über 300.000 Wagen im | |
Jahr und 8.000 gut bezahlten Jobs das größte E-Werk Europas werden. | |
## Noch nicht wirklich grün | |
Noch sind diese grünen Ziele nicht erreicht, gibt Reinhard de Vries zu, | |
Geschäftsführer Logistik im Werk Zwickau. Bei „etwa 3.000 Zulieferen“ sei | |
es nicht so einfach, alles auf Nachhaltigkeit umzustellen. Doch in Zwickau | |
seien die Emissionen bereits um zwei Drittel gesenkt worden, der Strom | |
komme von der VW-eigenen Ökostromtochter „Volkswagen Kraftwerke AG“. Die | |
kauft den Grünstrom allerdings von anderen Anbietern und investiert bisher | |
kaum in zusätzliche Kapazitäten an Sonnen- oder Windstrom. Die Batterien | |
kommen aus Polen, der Transport soll per Zug und im Werk mit E-Lkw | |
organisiert werden. | |
Das Werk in Zwickau steckt mitten im Umbau. Wo seit 1904 der Audi-Vorgänger | |
„Horch“ vom Band rollte, später der DDR-Trabant und ab 1990 VW-Polos und | |
Golfs, entstehen jetzt nur noch E-Autos. Im vergangenen Jahr führte VW den | |
ID3 in den Markt ein – nach Software-Problemen ist er seit Mitte September | |
auch bei den Händlern zur Bestellung angekommen und soll sich bis | |
Jahresende knapp 100.000 mal verkaufen. | |
Der Konzern muss auch dringend viele E-Mobile an die Kunden bringen, um den | |
CO2-Austoß seiner Flotte zu reduzieren und EU-Strafzahlungen in | |
Milliardenhöhe zu vermeiden – bisher liegt der Anteil von E-Autos an der | |
VW-Flotte in Europa bei lediglich 8 Prozent. | |
Ist ausgerechnet ein SUV das Auto der Zukunft? „Weltweit ist der SUV-Markt | |
riesig“, sagt de Vries, „die Kunden wünschen sich das. Mit unserem | |
CO2-neutralen Angebot sind wir auf auf dem richtigen Weg.“ Der Kleinwagen | |
„Up!“ ist in seiner E-Form dagegen ein Ladenhüter – und das mit gutem | |
Grund, sagt Ferdinand Dudenhöffer, Experte vom Thinktank „Center Automotive | |
Research“: „Die Sparautos sind alle gefloppt, die Kunden wollen Emotion und | |
geben dafür gern Geld aus.“ | |
## Tesla vs. VW | |
[3][Tesla] ist für Dudenhöffer keine Gefahr für VW. „Tesla bedient mehr das | |
Premium-Segment für Technikfreaks, Volkswagen geht in den Volumenmarkt, wo | |
die Käufer eher auf Zuverlässigkeit setzen.“ Für Dudenhöffer, der dem | |
VW-Konzern wegen seiner starken Mitbestimmung und der Stellung des Landes | |
Niedersdachsen grundsätzlich kritisch gegenübersteht, „macht VW hier alles | |
richtig. In ein bis zwei Jahren werden sie Weltmarktführer bei den | |
batterieelektrischen Autos sein.“ | |
Lob für die ID-Serie kommt auch vom ökologischen Verkehrsclub VCD: „VW hat | |
eine klare Strategie, die voll auf Elektrifizierung setzt“, sagt Experte | |
Michael Müller-Görnert. Zwar reiche für die normale Nutzung in der Stadt | |
auch der ID3, aber international verkauften sich SUVs eben sehr gut. „Der | |
ID4 ist besser als ein SUV mit Verbrennungsmotor, aber er verbraucht | |
trotzdem mehr Ökostrom und Rohstoffe als kleinere Wagen.“ | |
23 Sep 2020 | |
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## AUTOREN | |
Bernhard Pötter | |
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