| # taz.de -- Untersuchungsausschuss zu Afghanistan: „Wir dachten, uns würde g… | |
| > Im Untersuchungsausschuss zu Afghanistan im Bundestag sagt eine ehemalige | |
| > Ortskraft aus. Es ist der verzweifelte Bericht in einer ausweglosen Lage. | |
| Bild: Bundeswehrsoldat in Afghanistan vor dem Abzug 2021 | |
| Berlin taz | Der [1][Untersuchungsausschuss Afghanistan] tagte am | |
| Donnerstag zum 13. Mal im Bundestag. Doch kaum eine Sitzung zuvor dürfte so | |
| eindrücklich gezeigt haben, wie groß das Leid der afghanischen Ortskräfte | |
| war und ist und wie groß die Hoffnung in die Bundeswehr und die | |
| Bundesregierung war, vor den Taliban gerettet zu werden. | |
| Der einzige Punkt auf der Agenda des Ausschusses an diesem Tag: Die | |
| Zeugenvernehmung ehemaliger Ortskräfte der Bundeswehr in Afghanistan. So | |
| berichtet ein heute 29-jähriger Afghane über seine Arbeit für die | |
| Bundeswehr. Rund 6 Jahre hat er für sie gearbeitet, bis die Taliban die | |
| Macht ergriffen. Als Journalist, als jemand, der Berichte über die | |
| Verbrechen der Taliban im Norden des Landes veröffentlichte. | |
| Seine Aufgabe sei es gewesen, die ausländischen Kräfte mit seiner Tätigkeit | |
| zu unterstützen, sagt er in seiner Muttersprache Dari. Die öffentliche | |
| Anhörung ist stark besetzt, mit Abgeordneten, mit Presse, mit | |
| Vertreter:innen der Bundeswehr. | |
| Mit dem Abzug der US-Truppen aus Afghanistan im August 2021 [2][verließ | |
| auch die Bundeswehr das Land]. Der Zeuge hatte – wie so viele andere | |
| Ortskräfte – sich auf die Bundeswehr verlassen. „Wir waren uns sicher, dass | |
| die Ortskräfte, die mit ihrem Leben bedroht sind, dass wir aus der | |
| Gefangenschaft der Taliban gerettet werden.“ Aber so einfach wird es nicht, | |
| wie der afghanische Journalist sichtlich angespannt berichtet. Es ist die | |
| Erinnerung an die Flucht aus Afghanistan, an die Angst seiner Frau und | |
| seiner beiden kleinen Kinder, an die Ungewissheit, was mit ihnen passiert, | |
| wenn das repressive Regime der Taliban sie fasst. | |
| ## Kein Plan für die Ortskräfte | |
| Dem Journalisten zufolge gab es keine Programme für die Ortskräfte als die | |
| deutschen Truppen Afghanistan verließen. Da es Probleme mit seinem Vertrag | |
| gibt, sagt die Bundeswehr ihm, dass er nicht zu den ehemaligen | |
| Mitarbeiter:innen gehört, die ausgeflogen werden sollen. Seinen | |
| Angaben zufolge hätten er und seine Kollegen ab 2016 mit neuen Verträgen | |
| die selbe Arbeit bei einem Medienzentrum in Afghanistan fortführen müssen. | |
| Als die Bundeswehr abzieht wird offenbar aber genau dieser Vertrag zum | |
| Problem. | |
| Schließlich kommt der Journalist per Zufall mit der Hilfsorganisation | |
| Mission Lifeline und dem Patenschaftsnetzwerk Afghanistan in Kontakt, die | |
| die Ausreise der Familie mit unterstützen kann. Die Flucht, die er | |
| schildert, ist spektakulär. „[3][Die Lage war einfach furchtbar“], sagt er | |
| und berichtet etwa vom nördlichen Tor des Flughafens in Kabul. Davon, dass | |
| Tausende Menschen dort auf ihre Chance auf eine Ausreise warteten, von | |
| Tränengas, das in die Menge gefeuert wurde und auch das kleine Kind seines | |
| Kollegen traf. Schließlich wurden seine Familie und er weggeschickt und | |
| konnten erst später aus dem Land reisen, schließlich über Pakistan nach | |
| Deutschland fliehen. | |
| Über eine Stunde berichtet die ehemalige Ortskraft von seinen Erlebnissen, | |
| von seiner Arbeit für die Bundeswehr, von seiner Flucht und dem Ankommen in | |
| Deutschland. „Das scheint Ihnen auch schwer gefallen zu sein“, sagt der | |
| Ausschussvorsitzende Ralf Stegner (SPD) als die Befragung beginnt. In der | |
| Sitzung wird auch klar, dass die Aussagen der Ortskraft Überprüfung | |
| brauchen. Ein Mailverkehr mit der Bundeswehr, den er erwähnt, soll der | |
| Ausschuss erhalten. Die Zusammenhänge der Geschehnisse sind für die | |
| Zuhörenden nicht eindeutig zu fassen. | |
| Aufgabe des Untersuchungsausschusses ist es die Ereignisse im Zusammenhang | |
| mit dem Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan, der Evakuierung von deutschem | |
| Personal, von Ortskräften und anderen Personen zu beleuchten. Der Ausschuss | |
| wurde am 8. Juli eingesetzt. | |
| ## Hoffnung auf Rückkehr | |
| Den Abgeordneten geht es im Kern um den Zeitraum vom 29. Februar 2020, also | |
| dem Datum, als das sogenannte Doha-Abkommen zwischen der US-Regierung und | |
| Vertretern der Taliban abgeschlossen wurde – bis zum 30. September 2021. Zu | |
| diesem Zeitpunkt endete das Mandat zur militärischen Evakuierung aus | |
| Afghanistan. | |
| Es geht um die Frage, ob Menschen hätten früher gerettet werden können, ob | |
| es Erkenntnisse über die Machtergreifung durch die Taliban und den | |
| Zusammenbruch Afghanistans gab. Und es geht um Empfehlungen, welche | |
| Schlüsse aus den Ereignissen zu ziehen sind. | |
| „Haben Sie sich sicher gefühlt während ihrer Tätigkeit für die | |
| Bundeswehr?“, fragt der Vorsitzende des Untersuchungsausschusses Stegner. | |
| „Hundertprozentig!“ lautet die Antwort der ehemaligen Ortskraft. „Natürl… | |
| war ich besorgt um unsere Sicherheit. Aber ich wollte auch um den Frieden | |
| in Afghanistan kämpfen.“ Er weiß, dass solange die Taliban an der Macht | |
| sind, ein Leben in Freiheit nicht möglich sein wird. Und er hofft, dass die | |
| die noch in Afghanistan sind, auch rauskommen. Trotzdem ist er sich sicher: | |
| Eines Tages will er zurückkehren. | |
| 10 Nov 2022 | |
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| ## AUTOREN | |
| Tanja Tricarico | |
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