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# taz.de -- Unabhängigkeitsreferendum in Katalonien: 422 Zeugen und Tausende A…
> Wegen ihrer Rolle beim Katalonien-Referendum fordert der Staatsanwalt für
> zwölf Angeklagte bis zu 25 Jahre Haft. Die Beschuldigten wehren sich.
Bild: Demonstration von Unabhängigkeitsbefürwortern im März in Madrid
Madrid taz | „Entsprechende Gewalt, um den Staat zu unterwerfen, gab es
nicht“, erklärte Marina Puig, Anwältin des Chefs des katalanischen
Kulturvereins Òmnium, Jordi Cuixart. Am Mittwoch endete die
Hauptverhandlung gegen zwölf mutmaßliche Verantwortliche des katalanischen
Unabhängigkeitsreferendums am 1. Oktober 2017. „Der Appell zur Wahrung der
Einheit Spaniens kann nicht über den Grundrechten stehen“, fügte Puig hinzu
und verwies auf Demonstrations- und Meinungsfreiheit.
Wie Puig plädierten auch die anderen Verteidiger und alle Angeklagten in
ihrem Schlusswort auf Freispruch sowie die Aussetzung der seit eineinhalb
Jahren dauernden Untersuchungshaft gegen neun der zwölf Beschuldigten.
Unter ihnen sind neben Cuixart der frühere katalanische Vizeregierungschef
Oriol Junqueras, die Expräsidentin des katalanischen Parlaments, Carme
Forcadell sowie der ehemalige Vorsitzende der Katalanischen
Nationalversammlung (ANC), Jordi Sànchez.
Den zwölf wird je nach ihrer Rolle bei der Vorbereitung des Referendums
„Ungehorsam“, „Aufstand“ und „Rebellion“ vorgeworfen. Zudem sollen …
öffentliche Gelder veruntreut haben. Einige der für die Volksabstimmung
Verantwortlichen standen nicht vor Gericht. Sie waren ins Ausland gegangen
– wie der frühere katalanische Regierungschef Carles Puigdemont. Das Urteil
wird frühestens Ende September erwartet.
Die Hauptverhandlung hat vier Monate gedauert. Die fünf Richter vernahmen
422 Zeugen, luden fünf Sachverständige und sichteten Tausende Dokumente und
Videos. Obwohl die Beweisaufnahme zu keinem Zeitpunkt erbrachte, dass die
Unabhängigkeitsbewegung bei der Vorbereitung und Durchführung des
Referendums gewalttätig vorging, sieht die Staatsanwaltschaft in dem, was
zwischen 2015 und 2017 in Katalonien geschah, „einen Putsch“.
## Drei Pfeiler
Es sei den Angeklagten darum gegangen, „die spanische Verfassung von 1978
zu liquidieren“. Regierung, Parlament und Zivilgesellschaft in Katalonien
seien die „drei Pfeiler“ dieses Vorgehens gewesen.
Damit hätten sich die Hauptangeklagten Junqueras, Forcadell sowie Cuixart
und Sànchez der „Rebellion“ schuldig gemacht. Für Junqueras fordert die
Staatsanwaltschaft 25 Jahre Haft, für Forcadell, Cuixart und Sànchez je 17
Jahre. Außerdem verlangt die Staatsanwaltschaft, dass sie mindestens die
Hälfte der Strafe verbüßt haben müssen, bevor sie Antrag auf
Hafterleichterung stellen können.
Die rechtsextreme VOX hat eine öffentliche Nebenklage – eine übliche
Rechtsfigur, die der Zivilgesellschaft eine Stimme bei wichtigen Verfahren
geben soll – eingebracht. Sie wirft den Angeklagten zusätzlich vor,
Mitglieder in einer kriminellen Vereinigung gewesen zu sein. Anwalt Javier
Ortega Smith, der für die VOX im spanischen Parlament und im Stadtrat von
Madrid sitzt, fordert bis zu 74 Jahre Haft sowie die vollständige Verbüßung
der Strafe in Haftanstalten außerhalb Kataloniens.
## Referendum als „Aufstand“
Nur die Rechtsanwälte des Staats, deren Mandant die spanische Regierung
ist, können keine Gewalt ausmachen. Sie sei „nicht Teil der Pläne der
Angeklagten gewesen“. Dennoch beurteilen sie die Abhaltung des Referendums
als „Aufstand“ und verlangen bis zu zwölf Jahre Haft.
Die Verteidigung sieht das anders: „Die Menschen gingen nicht auf die
Straße, um den Staat zu zerstören, sondern um zu demonstrieren und
abzustimmen“, erklärt der Anwalt Junqueras’, Andreu Van den Eynde.
„Warum löste unsere Frage, ob Waffen im Einsatz gewesen seien, Grinsen aus,
wenn wir hier von Rebellion sprechen?“, erinnert er an einen der
skurrilsten Momente bei der Zeugenvernehmung. Die Verteidiger bereiten den
Gang vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte vor.
12 Jun 2019
## AUTOREN
Reiner Wandler
## TAGS
Spanien
Katalonien
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Carles Puigdemont
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