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# taz.de -- Umstrittener Moscheeverband: Verfassungsschutz überprüft Ditib
> Der Verfassungsschutz prüft, ob der Islamverband Ditib bald beobachtet
> wird. Nächste Woche eröffnet Erdoğan die Ditib-Zentralmoschee in Köln.
Bild: Am 29. September soll der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan bei…
Berlin taz | Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) prüft, ob der größte
deutsche Moscheeverband Ditib künftig beobachtet wird. In Kürze soll
entschieden werden, ob Ditib als Verdachtsfall oder als Beobachtungsobjekt
eingestuft werden soll. Dies zeigt ein als vertraulich eingestuftes
Dossier, dass die BfV-Islamismusabteilung [1][nach Informationen von
Süddeutscher Zeitung, NDR und WDR erstellt hat.]
Ditib koordiniert in Deutschland über 900 Moscheevereine, die
Dachverbandszentrale in Köln wird jetzt als Prüffall geführt. Der Verband
wird dauerhaft von der türkischen Religionsbehörde beaufsichtigt und
kontrolliert, die Imame werden in der Türkei ausgebildet und vom türkischen
Staat bezahlt.
Der Moscheeverband war in Deutschland vor allem nach dem gescheiterten
Putsch in der Türkei im Juli 2016 in die Kritik geraten. Die türkische
Regierung beschuldigt den Prediger Fethullah Gülen des Putschversuchs.
[2][2017 ermittelte die Generalbundesanwaltschaft gegen 19 Geistliche,] die
Informationen über Gülen-Anhänger beziehungsweise Erdogan-Gegner gesammelt
haben sollen. Der Auftrag dieser Bespitzelung soll von der türkischen
Religionsbehörde gekommen sein.
[3][Die Ermittlungen wurden später eingestellt,] da die Beschuldigten
entweder ausgereist waren oder ihnen keine Spionage nachgewiesen werden
konnte. Im Januar 2018 rief Ditib ihre Imame dazu auf, für den Erfolg des
türkischen Einmarschs im nordsyrischen Afrin zu predigen und beten zu
lassen.
Zudem waren im April Fotos und Videos aus mehreren Ditib-Moscheen
aufgetaucht, in denen kleine Kinder zu sehen waren, [4][die in Kampfanzügen
mit türkischen Abzeichen Kriegsszenen nachspielten.] Beispielsweise wurden
auf der Facebook-Seite der Ditib Herford Bilder gepostet, auf denen Kinder
durch die Moschee marschieren und andere auf dem Boden liegende Kinder mit
einer türkischen Fahne bedecken. Der Vorstand der Moschee distanzierte sich
nach kritischen Berichten von der Aufführung.
## Erdoğan soll Zentralmoschee eröffnen
Das Bundesinnenministerium wollte auf Anfrage der taz nicht bestätigen oder
kommentieren, ob es sich bei Ditib um einen Prüffall des
Verfassungsschutzes handele. Ein Sprecher teilte lediglich mit, das BfV
habe „im Zusammenhang mit aktuellen Geschehnissen, insbesondere mit Blick
auf die türkische Militäroperation in Nordsyrien“ festgestellt, „dass
einzelnen Ditib-Moscheegemeinden zurechenbare Personen
verfassungsfeindliche nationalistisch-religiöse Aktivitäten entwickelten
und entsprechende Äußerungen tätigten.“ Die Ditib reagierte nicht auf eine
Anfrage der taz.
Der Grünen-Politiker und Lehrbeauftragte am Centrum für
religionswissenschaftliche Studien der Ruhr-Universität Bochum, Volker
Beck, ist schon lange der Überzeugung, dass Ditib beobachtet werden müsste.
„Man muss die Frage stellen, warum der Verfassungsschutz jetzt erst aktiv
wird“, sagte er zur taz. „Im Fall der Auslandsspionage im Auftrag der
türkischen Religionsbehörde hat man die Hauptverdächtigen türmen lassen.
Seit dem gescheiterten Putsch macht die Ditib immer wieder Schlagzeilen –
mit Unterstützung der demokratiefeindlichen und nationalistischen
Propaganda der AKP-Regierung, die wenig mit Religion zu tun hat. Das nährt
den Verdacht verfassungsfeindlicher Bestrebungen.“
Die Berichte über die mögliche Beobachtung kommen kurz vor dem Staatsbesuch
des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan in der kommenden Woche.
Nach Gesprächen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bundespräsident
Frank-Walter Steinmeier in Berlin soll Erdoğan am 29. September bei der
Eröffnung der Ditib-Zentralmoschee in Köln sprechen. Die Großmoschee gilt
als Prestigeobjekt des Islamverbands. Ursprünglich hatte Ditib angekündigt,
dass dort auch der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet
(CDU) sprechen soll. Laschet ließ dies zurückweisen.
## Reker stellt Bedingungen
Die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos) will auf
Einladung der Ditib an der Eröffnungsfeier teilnehmen, allerdings nur, wenn
sie dort selbst eine Rede halten darf. Dies sagte sie am Donnerstag der
Bild-Zeitung. Sie sehe sich nicht als Statistin beim Erdoğan-Besuch. Ein
Bündnis kurdischer Gruppen hat für Erdoğans Köln-Besuch eine
Großdemonstration unter dem Motto „Erdoğan not welcome – keine schmutzigen
Deals mit der Türkei“ angemeldet.
Die Islamwissenschaftlerin und Gründerin des Liberal-Islamischen Bunds,
[5][Lamya Kaddor, forderte auf Twitter,] dass Ditib nach der Rede bei der
Moscheeeröffnung „definitv kein echter Partner deutscher Politik“ mehr sein
könne. Ditib ist Mitglied der Deutschen Islamkonferenz und außerdem in
mehreren Bundesländern an der Konzeption des islamischen
Religionsunterrichts beteiligt. Falls der Verband einen offiziellen
Beobachtungsstatus des Verfassungsschutzes erhält, könnte sich dies ändern.
21 Sep 2018
## LINKS
[1] https://www.sueddeutsche.de/politik/moscheeverband-verfassungsschutz-nimmt-…
[2] /Ditib-Imame-als-Spitzel/!5377396
[3] /Spionagevorwuerfe-gegen-Ditib-Imame/!5468541
[4] /Militaerspiele-in-Herforder-Moschee/!5498251
[5] https://twitter.com/LamyaKaddor/status/1042172763832819712
## AUTOREN
Frederik Schindler
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