# taz.de -- Imam-Ausbildung in Deutschland: Beruf ohne Aussicht | |
> Nach dem Aus der Weiterbildung für Imame an der Uni Osnabrück will die | |
> Politik mit den muslimischen Verbänden sprechen. Die eigentliche Frage | |
> ist die nach ihrer Bezahlung. | |
Bild: Führt eher nicht zu einem gut bezahlten Job: Schild an einem Bücherrega… | |
HAMBURG taz | Nachdem feststeht, dass die Weiterbildung von Imamen an der | |
Uni Osnabrück zum Oktober auslaufen wird, ist derzeit noch keine | |
Alternative in Sicht. Man sei 2011 mit dem Weiterbildungsangebot | |
„eingesprungen“, sagt der Pressesprecher der Uni Osnabrück, Utz Lederbogen. | |
Es gehöre aber nicht zu den Kernaufgaben der Universität. | |
Der zuständige Projektkoordinator, Roman Singendonk, hatte gegenüber der | |
Neuen Osnabrücker Zeitung gesagt, man schlage jetzt Alarm. „Alleine | |
schaffen wir es nicht.“ Die Vizepräsidentin der Uni, Martina | |
Blasberg-Kuhnke, hatte erklärt, dass man die Ausbildung weiterführen würde, | |
wenn es erneut Mittel für das Projekt gäbe. | |
Das hatte sich bislang vor allem über Drittmittel finanziert, vom Land | |
Niedersachsen kam laut Wissenschaftsministerium ein „sehr geringer“ Betrag, | |
seit 2014 sei es eine Summe von 150.000 Euro gewesen. Weiter ist aus dem | |
Haus zu hören, dass man das Projekt für „sehr erfolgreich“ halte – die | |
Teilnehmerzahlen seien aber deutlich zurückgegangen. Statt rund 80 | |
TeilnehmerInnen wie zu Beginn seien es inzwischen nur noch etwa 20. Man sei | |
im Gespräch mit der Universität, so sagt es eine Sprecherin des | |
Ministeriums. „Unsere Haltung ist, dass die Uni den Bedarf prüfen soll.“ | |
Gleichzeitig soll aber auch die Möglichkeiten einer Imamausbildung im | |
Gespräch mit den muslimischen Verbänden geprüft werden. In der | |
Vergangenheit war die Kommunikation allerdings auf Eis gelegt worden. Nach | |
Spionagevorwürfen gegen Imame in Deutschland, die im Auftrag der Ditib, der | |
Türkisch Islamischen Union, mutmaßliche Gülen-Anhänger bespitzelt haben | |
sollen, hatten mehrere Bundesländer, darunter Niedersachsen, die Gespräche | |
über Staatsverträge mit den muslimischen Gemeinden ausgesetzt. | |
Von Seiten des niedersächsischen Ditib-Landesverbandes hieß es, man sei | |
offen für Gespräche. „Wir stehen einer Imam-Ausbildung in Deutschland nicht | |
skeptisch gegenüber“, sagte die Ditib Landesgeschäftsführerin Emine Oguz | |
der Neuen Osnabrücker Zeitung. Die islamischen Gemeinschaften müssten dabei | |
jedoch federführend mitwirken, weil sonst das Vertrauen der Community nicht | |
gewährleistet sei. | |
Laut Rauf Ceylan, Professor für gegenwartsbezogene Islamforschung, ist die | |
Organisation einer dem kirchlichen Vikariat entsprechenden Ausbildung der | |
Imame nur eine der zu lösenden Fragen. Die zweite ist für ihn die der | |
Bezahlung. Denn die muslimischen Gemeinden erhalten anders als die | |
christlichen Kirchen keine Steuern – daher sind die Gehälter, die sie ihren | |
Imamen zahlen, deutlich geringer. „Für einen in Deutschland ausgebildeten | |
islamischen Theologen ist das nicht attraktiv“, sagt Ceylan. | |
Von daher sei es zwar ein großer Erfolg, dass man inzwischen an mehreren | |
deutschen Universitäten islamische Theologen ausbildet und dies nicht | |
länger der Türkei, Saudi-Arabien, Ägypten oder Syrien überlässt, doch nun | |
gelte es, Arbeitsplätze für die Absolventen zu finden. | |
## Großer Bedarf in der Seelsorge | |
Laut Ceylan gibt es großen Bedarf, etwa in der Seelsorge. Aber | |
Justizvollzugsanstalten und Wohlfahrtsverbände müssten tatsächlich auch | |
muslimische TheologInnen anstellen. Ideen, wie die, dass muslimische | |
ReligionspädagogInnen, die in Schulen angestellt sind, halbtags in Moscheen | |
tätig sein können, müssten noch ausgebaut werden. | |
Derzeit, so schildert es Ceylan, sei die Situation in den Gemeinden wie | |
auch die Ausbildung der dort tätigen Imame sehr unterschiedlich. Der | |
Verband islamischer Kulturzentren bildet seine Imame selbst aus. Diese | |
erhalten eine Einweisung in Rituale, Gebete und Gemeindeführung, aber keine | |
akademische theologische Ausbildung. | |
Die Ditib-Gemeinden verfügen über mehr finanzielle Mittel und stellen neben | |
den Imamen aus der Türkei zusätzlich auch in Deutschland ausgebildete | |
Theologen ein. Andere Gemeinden – die überwiegende Mehrheit der MuslimInnen | |
ist nicht in Verbänden organisiert – beschäftigen etwa verrentete Imame aus | |
der Türkei. | |
20 Jul 2018 | |
## AUTOREN | |
Friederike Gräff | |
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