# taz.de -- Ukrainische Geflüchtete in Deutschland: Zwischen den Welten | |
> Vor acht Monaten hatte die taz Ukrainer:innen getroffen, die gerade | |
> nach Deutschland geflohen waren. Wie geht es ihnen heute? | |
## Valentina, Radeberg | |
Die Eineinhalbzimmerwohnung in einem Plattenbau am Rand von Radeberg in | |
Sachsen wirkt noch sehr provisorisch eingerichtet. Stühle stehen mehr | |
zufällig herum, Waschmaschine und Herd sind noch nicht angeschlossen, die | |
Spüle lehnt noch an der Wand. Für das Gespräch werden Sitzgelegenheiten | |
zusammengeschoben. | |
Bis vor drei Wochen hatte Valentina, 64 Jahre alt, aus Tscherniwzi in der | |
Bukowina, noch bei Cornelia Pfeil im acht Kilometer entfernten Dresdner | |
Vorort Langebrück gewohnt. Ihren ganzen Namen möchte Valentina nicht | |
öffentlich machen. Sie war eine von drei Frauen, die seit März in Pfeils | |
ausgebautem alten Bauernhof wie in einer Flüchtlings-WG lebten. Für die | |
anderen beiden Frauen und das sechsjährige Schulkind Milena hatte Pfeil | |
bereits im April eine eigene Wohnung gefunden. | |
Auch für Cornelia Pfeil war es jetzt nicht einfach, ein Treffen mit | |
Valentina zu organisieren. Sie neigt dazu, sich abzuschotten. Bis zu ihrer | |
ersten dreiwöchigen Heimfahrt im September in die Westukraine zeigte sie | |
auch wenig Antrieb, die deutsche Sprache zu lernen, pflegte kaum | |
Verbindungen mit Landsleuten im Raum Dresden. | |
Bei unserer Begegnung Mitte Dezember ist sie dann aber aufgeschlossen und | |
gefasst. Schon vor acht Monaten kamen die emotionalsten und lebensklügsten | |
Sätze der drei Frauen aus Langebrück von Valentina, die als einfache | |
Marktfrau in ihrer Heimat gearbeitet hatte. | |
Auch in Deutschland hat sie einen Job gefunden, durch Vermittlung Cornelia | |
Pfeils in einer Gärtnerei im Nachbardorf. „Das hat mir sehr gefallen, wir | |
haben mit Deutschen, Polen und Ukrainern freundschaftlich | |
zusammengearbeitet“, sagt Valentina. Und dass sie sich darauf freue, wenn | |
es dort im März weitergeht – jetzt ist in der Gärtnerei Winterpause. | |
Sie brauche die Motivation zum frühen Aufstehen ebenso wie die Kontakte mit | |
anderen Menschen, sagt Valentina. Schon beim ersten Treffen im April | |
erklärte sie, dass sie ihren Lebensunterhalt zumindest teilweise selbst | |
verdienen möchte. Sie wolle nicht nur dem Gastgeberland auf der Tasche | |
liegen. | |
Das alles übersetzt sicherheitshalber eine freundliche russischstämmige | |
Musiklehrerin, aber Valentina hat auch einige Brocken Deutsch gelernt. Sie | |
kann sich nach dem Weg und einfachen Informationen erkundigen. | |
„Entschuldigung“, lautet jedes dritte Wort von ihr auf Deutsch. | |
Eine genaue Übersetzung ist besonders wichtig bei dem, was sie über ihre | |
Heimat und ihre „gespaltenen Empfindungen“ im deutschen Exil sagt. „Hier | |
ist es wie im Märchen“, sagt Valentina. „Man kommt mit nichts und erhält | |
alles, das gibt es sonst nirgendwo.“ Überschwänglich lobt sie Cornelia | |
Pfeil, die sich „rührend um mich gekümmert hat“. Und doch: „Mein Herz w… | |
natürlich zurück in die Ukraine.“ In ihre westukrainische Heimat könnte sie | |
derzeit auch halbwegs gefahrlos zurückkehren, aber sie zögert. | |
Es wird nicht ganz deutlich, welche Wirkung die drei Wochen Heimatbesuch | |
bei ihr hinterlassen haben. Ihr Sohn dient in der ukrainischen Armee, | |
musste aber nach Gallenproblemen während der Ausbildung operiert werden und | |
ist nicht einsatzfähig. „Ich bin stolz auf unsere Männer, die die Ukraine | |
beschützen“, sagt Valentina. „Ich bete täglich für sie, und so viele sind | |
schon gestorben.“ | |
Ihr Besuch zu Hause scheint aber auch ihre Hoffnungen auf ein baldiges | |
Kriegsende und ihre dauerhafte Rückkehr gedämpft zu haben. | |
Selbstverständlich wünscht sie sich, „dass alles gut wird und die Kinder | |
und Enkel in einem befreiten Land aufwachsen können“. Aber sie kann sich | |
heute schwerer als zuvor vorstellen, „dass das Volk das, was es erlebt hat, | |
verzeihen kann“. Die Russen haben viele Zivilisten getötet, Kinder | |
entführt, das halbe Land „vernichtet“. Auch ihre Eltern wurden von den | |
Russen erschossen. | |
Ob all das mit einem Friedensabkommen jemals gut werden kann? „Die Wunde | |
wird wahrscheinlich noch lange offen bleiben“, sagt Valentina und wiegt | |
nachdenklich den Kopf. Und das, obschon sie sich gut an die Zeit in der | |
gemeinsamen Sowjetunion erinnert, „in der wir das Letzte, was wir hatten, | |
geteilt haben“. Deshalb scheint sie sich nach ihrem Heimatbesuch nun | |
stärker um Integration in Deutschland zu bemühen. | |
Zu den anderen geflüchteten Frauen, die zunächst zusammen mit Valentina bei | |
ihr wohnten, hat Cornelia Pfeil seit deren Auszug kaum noch Kontakt, aber | |
besonders mit einer von ihnen hatte sie schon in den wenigen Wochen in | |
Langebrück Probleme wegen ihrer Anspruchsmentalität. Nehmen, was zu | |
bekommen ist in Deutschland, sei der Plan gewesen – das war zumindest der | |
Eindruck von Pfeil. | |
Die ehemalige Gastgeberin spricht lachend über ihr „Helfersyndrom“. Sie | |
würde aber künftig genauer hinschauen, wen sie sich ins Haus holt, sagt | |
sie. Am 5. März dieses Jahres, als sie spontan einem Vermittlungsangebot | |
folgte und die durch den Auszug von drei ihrer vier Kinder frei gewordenen | |
Plätze in ihrem Haus anbot, wusste sie das nicht. Ernüchtert haben sie auch | |
die Erfahrungen mit deutschen Behörden. Die Vermittlung Valentinas in eine | |
preiswerte Wohnung für 335 Euro im Monat scheiterte, weil das finanzierte | |
Limit bei 333 Euro liegt. | |
Valentina feiert in diesem Jahr [1][nicht russisches Neujahr und nicht das | |
atheistische Jolka-Fest], aber in bescheidenem Maß feierte sie deutsches | |
Weihnachten mit Besuchen und Anrufen zu Hause. Ihre nächsten Schritte? Die | |
kahle Wohnung gemütlich einrichten und sich auf Arbeit und mehr | |
Selbstständigkeit vorbereiten. Zum Abschied wünscht sie: „friedlichen | |
Himmel über allen“. | |
## Marianna Kazatska und Marina Shemiatkina, München | |
„I’m fine“ – mir geht es gut, sagt Marina Shemiatkina in einem | |
Besprechungsraum ihres Arbeitsgebers WTS im Münchner Werksviertel. Die | |
45-Jährige aus der ukrainischen Hauptstadt Kyjiw ist Juristin, WTS ist eine | |
große, internationale Steuerberatungsgesellschaft. Shemiatkina hat hier | |
einen Job, schon in ihrer Heimat hatte sie für den ukrainischen Partner von | |
WTS gearbeitet. Als der Krieg begann, waren sie und ihre Arbeitskollegin | |
Marianna Kazatska mit ihren Kindern im Auto zunächst ins Ungewisse | |
geflohen. An der polnisch-deutschen Grenze kam dann der Anruf von WTS: Sie | |
sollen nach München fahren, alles sei vorbereitet. Am 6. März kamen sie an. | |
Mit ihrer Tochter lebt Shemiatkina in einer Dreizimmerwohnung in Kirchheim | |
im Osten von München. Die 16-Jährige geht aufs Gymnasium, ist in der | |
zehnten Klasse und macht viel Sport. „Vor allem Leichtathletik“, sagt ihre | |
Mutter. Der Vater lebt in Kyjiw, das Paar ist seit Langem geschieden. In | |
Shemiatkinas Wohnung in Kyjiw sind wiederum Freunde eingezogen. „Sie | |
kommen aus der Ostukraine und mussten fliehen.“ | |
Arbeit, Wohnung, Kind in der Schule – also offenbar alles im Griff in | |
Deutschland. Und doch fängt Shemiatkina an zu weinen, wenn sie von ihrer | |
Mutter erzählt. Die wohnt in einem Haus auf dem Land bei Kyjiw. „Da ist | |
mittlerweile kaum jemand mehr“, sagt sie, „alle sind geflohen.“ Vor der | |
Flucht hat sie der Mutter ihren Hund gebracht, die Katze, den Papagei. | |
Innerhalb von sechs Stunden musste Shemiatkina im März entscheiden, ob sie | |
das Angebot von Marianna Kazatska annimmt. Die hatte ihr abends gesagt, | |
dass sie am nächsten Morgen ganz in der Früh aufbricht, mit ihrer Mutter | |
und den drei Kindern, heute 11, 8 und 1 Jahr alt – es wäre noch Platz im | |
Auto. Ihren Mann Alexander musste Kazatska zurücklassen, Männer in | |
wehrfähigem Alter dürfen die Ukraine nicht verlassen. | |
Jetzt arbeitet Marianna Kazatska ebenfalls bei WTC, in der | |
Marketingabteilung. „Ich kümmere mich etwa um die internationale Homepage“, | |
erzählt sie. „Die ist auf Englisch.“ Es hat sich viel getan seit dem | |
Frühjahr. Erst war sie in eine Wohnung gezogen, die eine Bekannte von | |
Bekannten zur Verfügung gestellt hatte. Im Juni durfte dann auch ihr Mann | |
Alexander nach Deutschland kommen, denn Väter von mindestens drei | |
minderjährigen Kindern wurden in der Ukraine von der Einberufung in die | |
Armee freigestellt. | |
Nun lebt die Familie Kazatska in einer Doppelhaushälfte im Münchner Vorort | |
Vaterstetten. „Wir sind sehr froh darüber“, erzählt Kazatska. „Die | |
Vermieter sind sehr nett.“ Ihr Mann Alexander hat in Kyjiw eine eigene | |
Steuerkanzlei. Diese existiert weiterhin, allerdings fast nur digital. Er | |
arbeitet von Vaterstetten aus im Homeoffice, die meisten Mitarbeiter sind | |
weiter in der Ukraine, ebenfalls im Homeoffice. So wird der Betrieb | |
aufrechterhalten. „Aber das ist schon schwierig“, sagt Marianna Kazatska. | |
„In Kyjiw gibt es oft tagelang keinen Strom.“ | |
Ihre elfjährige Tochter geht aufs Gymnasium und spielt viel Klavier, bald | |
wird sie an „Jugend musiziert“ teilnehmen. Die Achtjährige ist in der | |
Grundschule, um den Einjährigen kümmert sich die Oma. Deren Mann wiederum | |
ist in der Heimat in der Ostukraine geblieben – „ein Bauer verlässt sein | |
Land nicht“, sagt Kazatska über ihren Vater. Als die Kämpfe in der Nähe | |
seines Dorfs zu heftig wurden, zog er für einige Zeit in die leere Wohnung | |
von Marianna und Alexander in der Hauptstadt. Jetzt ist er wieder zurück im | |
Osten. | |
Die Kinder kommen so weit alle gut zurecht. „Sie [2][spüren aber, dass sie | |
Flüchtlinge sind]“, erzählt Kazatska. Die Grundschülerin etwa hätte nicht | |
gewagt, der Lehrerin zu erzählen, dass sie von einem Mitschüler geschlagen | |
wurde. „Sie dachte, dass sie dann von der Schule gehen muss.“ | |
Marina Shemiatkina und Marianna Kazatska wissen beide nicht, wie es | |
weitergeht. „Ich gehe nur zurück, wenn es für meine Kinder zu hundert | |
Prozent sicher ist“, sagt Kazatska. Ihre Freundin plant, dass ihre | |
16-jährige Tochter wohl in Deutschland das Abitur machen wird. | |
Was ihnen an Deutschland gefällt? „Bayern ist schön“, sagt Kazatska. „Es | |
wirkt ein bisschen altmodisch, die Menschen genießen hier sehr ihre | |
Freizeit, die Natur.“ Shemiatkina meint: „Hier ist die Art der Kleidung | |
nicht so wichtig wie in der Ukraine. Jeder zieht an, was er will. Das finde | |
ich angenehm.“ Beide beklagen aber den niedrigen Stand der Digitalisierung, | |
das sei in der Ukraine anders. | |
Was die militärischen Erfolge der ukrainischen Armee angeht, bleibt | |
Marianna Kazatska skeptisch. „Wir haben einige der Gebiete zurückerobern | |
können“, sagt sie. Aber bisher sei das viel zu wenig. Sie hat wenig | |
Hoffnung und geht von einem langen, zermürbenden Krieg aus. Und von einer | |
danach zerstörten Ukraine. Freunde und Bekannte, die in der Armee dienen | |
müssen, erzählen ihr von unglaublich vielen Toten, die sie immer wieder | |
sehen. „Bei diesen Angaben lügen beide Seiten“, ist sie sich sicher. | |
Der Krieg hat nicht nur die Heimat geraubt, sondern [3][auch die | |
Beziehungen der Menschen zerstört]. Früher gab es Kontakte, auch | |
Freundschaften zu Russen. Aber jetzt? „Nein, ich habe keinen Kontakt mehr“, | |
sagt Kazatska so knapp wie möglich. Shemiatkina erzählt, dass sie Verwandte | |
und Freunde in Russland hatte. „Aber niemand meldet sich mehr.“ Außer | |
einem früheren Freund, der ihr geschrieben hatte, wie froh er sei, dass | |
die Ukrainer nun befreit würden. Sie hat nicht geantwortet. | |
## Mohammad Elsayed, Hamburg | |
Die Sonne strahlt in das spartanisch eingerichtete Wohnzimmer, in dem | |
Mohammad Elsayed sitzt. „Ich komme morgens von der Arbeit, dusche, esse, | |
schlafe ein paar Stunden und gehe wieder los zur Arbeit“, erzählt der | |
26-jährige Ägypter. „Es ist gut, dass ich mein eigenes Geld verdiene. Aber | |
dafür habe ich nicht sechs Jahre in der Ukraine Medizin studiert.“ | |
Wie rund eine Million weiterer Menschen ist Elsayed vor dem russischen | |
Angriffskrieg auf die Ukraine nach Deutschland geflohen. In die Ukraine | |
hatte ihn sein Medizinstudium verschlagen. „Ich wollte schon immer Arzt | |
werden“, hatte er der taz im April erzählt – doch in Ägypten waren die | |
Zulassungsbedingungen für Elsayed nicht zu schaffen. Sechs Jahre studierte | |
er in der Ukraine, in der rund 300.000 Einwohner zählenden Stadt Poltawa | |
westlich von Charkiw. Elsayed hatte sein Studium fast beendet, nur drei | |
Monate fehlten ihm bis zum Abschluss. Doch dann begann am 24. Februar der | |
Überfall Russlands. Anfang März machte Elsayed sich mit einer Gruppe von | |
Freunden auf die Flucht. | |
Anders als Ukrainer*innen bekam [4][er in Deutschland aber nicht sofort | |
und unbürokratisch Schutz]. Denn die EU-Massenzustromrichtlinie gilt in | |
erster Linie für ukrainische Staatsangehörige – und nicht für die rund | |
34.000 Drittstaatler*innen unter den Geflüchteten, viele von ihnen | |
Studierende aus afrikanischen Staaten. | |
Diese durften sich zwar einige Monate visumsfrei in Deutschland aufhalten – | |
ein Schutz nach Paragraf 24 des Aufenthaltsgesetzes wie für | |
Ukrainer*innen steht ihnen aber nur unter bestimmten Bedingungen zu. | |
Eine davon erfüllt Elsayed: Er ist mit einer Ukrainerin verheiratet. | |
Trotzdem musste er um sein Recht kämpfen. Im April berichtete die taz, wie | |
die Behörden ihm zunächst rechtswidrig seinen Pass abnahmen und er ihn nur | |
durch das Eingreifen von Hilfsorganisationen zurückbekam. Schon damals bat | |
er darum, seinen echten Namen nicht zu veröffentlichen – auch hier ist sein | |
Name deshalb wieder verändert. | |
Seit einigen Monaten lebt Elsayed nun in Hamburg, inoffiziell, registriert | |
ist er noch immer in Berlin. Er und ein mit ihm geflüchteter Freund sind | |
nach Hamburg, weil sie gehört hatten, dass es dort einfacher sei, ohne | |
Deutschkenntnisse Jobs zu finden. Sie schlafen auf Sofas oder in den | |
Gästezimmern von Freunden von Freunden. Gerade sind sie in Norderstedt | |
untergekommen, einer Stadt nördlich von Hamburg, am Ende des U-Bahn-Netzes. | |
Doch im Januar müssen sie etwas Neues finden. | |
Am liebsten hätten sie längst eine eigene Wohnung. Doch die Suche ist | |
schwer, und sie konnten erst vor Kurzem damit beginnen. Denn einen | |
Aufenthaltstitel hat Elsayed erst seit Ende August. Ein halbes Jahr hatte | |
es gedauert, bis er nach seiner Flucht einen Termin beim Berliner Landesamt | |
für Einwanderung bekam. „Und dann sagte der Mann dort am Schreibtisch mir | |
allen Ernstes, dass ich Deutschland innerhalb der nächsten drei Tage | |
verlassen muss“, erzählt Elsayed. | |
Den Sachbearbeiter habe weder interessiert, dass er inzwischen sein | |
Medizinstudium beendet hatte – die verbliebenen Module konnte er online | |
absolvieren – noch dass er mit einer Ukrainerin verheiratet ist. Wo die | |
Frau denn sei, habe er gefragt. „Er hat keine Vorstellung davon, was dieser | |
Krieg bedeutet“, presst Elsayed hervor. Seine Frau ist in der Ukraine bei | |
ihren kranken Eltern geblieben. „Sie wird sie in dieser Situation nicht | |
alleinlassen. Und wie sollte ich sie auch nachholen, ich habe hier nicht | |
mal ein eigenes Zimmer.“ | |
Dann habe der Sachbearbeiter noch erzählt, dass er mit seiner Frau in | |
Ägypten im Urlaub war. „Dass das ja ein sehr schönes Land ohne Krieg ist“, | |
sagt Elsayed. Seine Hände zittern vor Wut. „Er hat sich mir gegenüber so | |
respektlos verhalten.“ | |
Letztlich sind es Engagierte der Flüchtlingshilfe, die Elsayed helfen. Er | |
kommt zu einer anderen Sachbearbeiterin. Sie lässt sich von ihm seine | |
Dokumente und den Whatsapp-Chat mit seiner Frau zeigen. Aktuelle | |
Nachrichten, ältere, um zu überprüfen, ob tatsächlich regulärer Kontakt | |
besteht. Am Ende bekommt er einen Aufenthaltstitel nach Paragraf 24, | |
zunächst für zwei Jahre. | |
Keine zwei Wochen später beginnt er einen Job im Verteilzentrum von Amazon, | |
über eine Zeitarbeitsfirma. Eigentlich aber will er etwas anderes: einen | |
Deutschkurs besuchen, seinen Abschluss anerkennen lassen und dann einen | |
Facharzt in Gynäkologie machen. | |
Die Nachrichten aus der Ukraine verfolgt Elsayed täglich. „Das ist mein | |
zweites Heimatland.“ Zu seiner Frau hat er seit seiner Flucht nur noch über | |
das Handy Kontakt. „Es ist Krieg, keiner von uns traut sich, den anderen zu | |
besuchen.“ Da, wo sie sei, sei es zum Glück einigermaßen sicher, und sogar | |
Strom gebe es. „Manchmal wenigstens“, sagt Elsayed. Das sei mehr als in | |
anderen Teilen des Landes. „Wenn dieser Krieg irgendwann vorbei ist und | |
wenn ich hier als Arzt arbeiten kann – dann wird meine Frau endlich kommen | |
können.“ | |
1 Jan 2023 | |
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## AUTOREN | |
Michael Bartsch | |
Patrick Guyton | |
Dinah Riese | |
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