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# taz.de -- Überblick zu Steuersenkungen: Weniger ist nicht unbedingt mehr
> Stromsteuer, Mehrwertsteuer, Erbschaftsteuer – sie sollen runter oder
> unten bleiben, fordert die Union. Doch es gibt gute Argumente dagegen.
Bild: Stromsteuer senken? Die Forderung der Konservativen macht nicht allzu vie…
Berlin taz | Ökonomisch lief es hierzulande schon mal besser. Auf ein
leichtes Minus der Wirtschaftsleistung um die Jahreswende 2022/23 folgt
momentan [1][eine Art Stagnation]. Eine Katastrophe, Deindustrialisierung
oder Ähnliches [2][ist das zwar nicht], aber trotzdem ist die Debatte im
Gange, wie sich die Situation verbessern ließe. Am Dienstag erneuerte
CDU-Chef Friedrich Merz seine Kritik an der Wirtschaftspolitik der Ampel
und forderte vor allem Steuersenkungen, am Mittwoch legte der neue
Generalsekretär der Partei, Carsten Linnemann mit der gleichen Forderung
nach. Aber würden Steuersenkungen überhaupt Sinn ergeben?
Stromsteuer: Sie beträgt rund zwei Cent pro Kilowattstunde (kWh)
Stromverbrauch. Das sind zurzeit weniger als 5 Prozent des
durchschnittlichen kWh-Preises, der um die 45 Cent liegt. Die Senkung wird
immer mal wieder verlangt, augenblicklich machen sich CSU und CDU dafür
stark. Für eine Senkung spricht, dass die Strompreise ab Ende 2021, kurz
vor dem [3][russischen Angriff auf die Ukraine], um mehr als 10 Cent
stiegen. Unter dieser Inflation leiden Privathaushalte und Firmen.
International tätige Unternehmen spüren auch einen Nachteil gegenüber ihren
ausländischen Konkurrenten, weil die Stromkosten etwa in Frankreich oder
den USA deutlich geringer ausfallen. Gegen die Absenkung spricht, dass die
Strompreise sowieso sinken. Wer jetzt den Anbieter wechselt, zahlt kaum
mehr als vor der Inflation. Außerdem mindert ein niedriger Preis den Anreiz
zum Stromsparen.
Mehrwertsteuer: Das Wiener Schnitzel oder die vegetarische Lasagne werden
in Restaurants augenblicklich nur mit 7 Prozent Mehrwertsteuer belegt. Seit
der Coronakrise sollte das den Gastronomen helfen.
Eigentlich läuft die Regelung Ende 2023 aus. Dann würden die meisten
Speisen wohl um etwa 10 Prozent teurer, da der normale Satz der
Mehrwertsteuer 19 Prozent ausmacht. Das Schnitzel für 20 Euro kostete dann
22. Vor dem Hintergrund der Inflation würden dann wohl viele auf
Restaurantbesuche verzichten. Viele Gaststätten könnten dichtmachen – das
spricht für den niedrigen Satz. Gegenargument: Die Beibehaltung der
niedrigen Steuer verzögert nur die Pleite derjenigen Betriebe, die sich
sowieso nicht tragen.
Gewinnsteuer: In der momentanen Phase leichter Schrumpfung und schwachen
Wachstums haben viele Firmen Probleme. Ihnen will Bundesfinanzminister
Christian Lindner (FDP) unter die Arme greifen, indem er die Einkommen-,
Körperschaft- und Gewerbesteuer um insgesamt 6,7 Milliarden Euro pro Jahr
reduziert. Pro: Die Kosten der Firmen sinken, sie können mehr investieren.
Contra: Die Städte und Gemeinden beschweren sich schon, weil ihnen dann
Einnahmen verloren gehen.
Erbschaftsteuer: Im Rahmen eines Fünf-Punkte-Programms schlug CDU-Chef Merz
kürzlich vor, „Elternhäuser“ grundsätzlich von der Erbschaftsteuer zu
befreien. Vorteil: Erben von Immobilien in schlechter Lage oder
mangelhaftem Zustand kommen nicht in finanzielle Bredouille, weil ihnen die
Steuer erlassen wird. Nachteil: Erben teurer Grundstücke und Häuser
erhalten ein ungerechtfertigtes Steuergeschenk.
Was grundsätzlich für Steuersenkungen spricht: Die Entlastung käme sehr
vielen, bei der Stromsteuer sogar allen Privathaushalten und Betrieben
zugute, darunter vielen, die wegen der Inflation echte Schwierigkeiten
haben. Sie haben dann mehr Geld zur Verfügung und können mehr ausgeben.
Diese Nachfrage stützt die Unternehmen und die Arbeitsplätze.
Was grundsätzlich dagegen spricht: Beispielsweise bei der Senkung der
Stromsteuer ist die Frage, ob die Energieversorger sie an die
Verbraucherinnen und Verbraucher weitergeben. Zweites Gegenargument:
Steuersenkungen bedeuten weniger Einnahmen für den Staat, der dann
bestimmte Leistungen zugunsten der Bürger nicht oder weniger erbringen
kann.
Beispiel Stromsteuer: Die etwa 7 Milliarden Euro Einnahmen dienen heute zum
guten Teil dazu, die Rentenkasse zu stabilisieren. Fallen sie weg, steigt
auch der Druck zur Erhöhung der Rentenbeiträge der Arbeitnehmer. Drittes
Argument: Von Steuersenkungen für alle profitieren auch die Wohlhabenden
und Reichen. Das kann man als sozial problematische Verschwendung
öffentlicher Mittel betrachten.
9 Aug 2023
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## AUTOREN
Hannes Koch
## TAGS
Friedrich Merz
Carsten Linnemann
Steuersenkung
GNS
CDU/CSU
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Konjunktur
Sozialer Wohnungsbau
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