# taz.de -- Subventionen für Produktionsunternehmen: Eine Frage des Standorts | |
> Ein Strompreisdeckel für die Industrie könnte die Abwanderung aufhalten. | |
> Finanziert werden müssten die Subventionen mit einer Übergewinnsteuer. | |
Bild: Das Stahlwerk Dillinger Hütte im Saarland | |
So viel Einigkeit ist selten: Gewerkschaften, Wirtschaftsverbände und die | |
Landesregierungen fordern einen günstigen Industriestrompreis für | |
energieintensive Unternehmen. Hinter dieser Einigkeit über viele politische | |
Lager hinweg steckt eine gemeinsame, berechtigte Sorge: dass die hohen | |
Strompreise über kurz oder lang große Betriebe oder gar ganze Branchen | |
abwandern lassen. | |
Denn andernorts, etwa in China oder [1][in den USA, nehmen Regierungen viel | |
Geld in die Hand] und sorgen damit für sehr günstigen Strom. Trotzdem kann | |
sich der grüne Wirtschaftsminister Robert Habeck mit seiner Idee einer | |
vorübergehenden Strompreisdeckelung für energieintensive Unternehmen in der | |
Bundesregierung nicht gegen die FDP und die SPD durchsetzen. Das ist | |
schlecht. | |
Hinter der Entscheidung für oder gegen einen günstigen Industriestromtarif | |
steht nicht weniger als die Frage nach dem Wirtschaftsstandort. Sollen | |
[2][energieintensive Branchen] wie die Chemie- oder Stahlindustrie | |
hierzulande eine Perspektive haben und die Chance zu einer | |
klimafreundlichen Transformation bekommen? Wer das will, muss eine Lösung | |
parat halten, wie sie über die Runden kommen, bis die Produktion aus | |
erneuerbaren Energien so groß ist, dass sich der Strompreis entspannt. | |
Zugegeben, bis dahin ist noch viel zu tun. Aber die Republik hat sich, wenn | |
auch reichlich spät, auf den Weg dahin gemacht. Die Aussichten sind gar | |
nicht schlecht, dass die [3][ehrgeizigen Ausbauziele] erreicht werden. Blöd | |
nur, wenn dann Unternehmen und mit ihnen Jobs en gros weg sind. Manche | |
Wirtschaftswissenschaftler:innen vertreten die Auffassung, dass | |
[4][energieintensive Branchen] eben abwandern sollen, wenn ihnen die Preise | |
hierzulande zu hoch sind. | |
Die FDP und die regierenden Sozialdemokrat:innen um Bundeskanzler | |
Olaf Scholz wollen das sicher nicht – aber sie nehmen es durch ihr | |
Nichthandeln beim Industriestrompreis in Kauf. Sie wollen dafür kein Geld | |
ausgeben. Ausbaden werden das diejenigen, die um ihre Jobs fürchten. Aber | |
nicht nur der Arbeitsplatzverlust ist ein Problem: Auf die Produktion von | |
chemischen Grundstoffen, Stahl oder Keramik zu verzichten bedeutet, sich | |
von anderen abhängiger zu machen. | |
Die Vorstellung, die [5][Abhängigkeit von China] oder den möglicherweise | |
bald wieder von Donald Trump regierten USA weiter zu vergrößern, ist alles | |
andere als behaglich. Allerdings: Dass die Bürger:innen über Steuern und | |
Abgaben die Strompreise für die Industrie subventionieren, ist nicht | |
einzusehen. Das Geld für die Subvention sollte von denen kommen, die über | |
Gebühr vom Wirtschaftsstandort profitieren, zum Beispiel mithilfe einer | |
Übergewinnsteuer, die diesen Namen verdient. | |
5 Jul 2023 | |
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## AUTOREN | |
Anja Krüger | |
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