# taz.de -- Streit um EU-Spitzenposten: Machtkämpfe, frei vom Wählerwillen | |
> In Brüssel geht das Geschachere um das Trio aus Parlaments-, Rats- und | |
> Kommissionspräsidentschaft los. Die EVP macht einen haltlosen Vorschlag. | |
Bild: Brüssel, 17. Juni: der amtierende EU-Ratspräsident Charles Michel spric… | |
Die Europawahl hat die Regierungen in Frankreich, Deutschland und | |
Österreich erschüttert – doch in der Europäischen Union soll alles | |
weitergehen wie bisher. [1][Das war zumindest der Plan], als sich | |
Bundeskanzler Olaf Scholz und die anderen Staats- und Regierungschefs am | |
Montagabend zu einem EU-Sondergipfel in Brüssel trafen. | |
Sie wollten Ursula von der Leyen schnell mal eben als | |
Kommissionspräsidentin bestätigen und gleich noch ein paar andere wichtige | |
Jobs vergeben – völlig losgelöst vom Wahlergebnis: Eine Stelle für die | |
Konservativen, eine für die Sozialdemokraten und noch eine für die | |
Liberalen – so ist es bisher immer gelaufen. | |
Zum Glück ist dieser Plan gescheitert. Denn diese Aufteilung der Macht | |
entspricht nicht mehr dem Wählerwillen. Die EU ist nach rechts gerückt, vor | |
allem Grüne und Liberale wurden abgestraft. Auch von der Leyen hat nicht | |
überzeugt; die meisten Deutschen sind laut Umfragen gegen eine zweite | |
Amtszeit der CDU-Politikerin. | |
## Alle Posten für die EVP? | |
[2][Doch der Streit] entbrannte nicht etwa an von der Leyen, ihren Affären | |
und ihrem Flirt mit den italienischen Postfaschisten. Scholz hat sich sogar | |
ausdrücklich hinter sie gestellt, wie viele andere Staats- und | |
Regierungschefs auch. | |
Zum Stolperstein wurde die konservative Europäische Volkspartei EVP, in der | |
auch CDU und CSU vertreten sind. Die hat nämlich gänzlich anderes vor als | |
Olaf Scholz. Sie fordert mehr Macht und möchte künftig auch den Posten des | |
EU-Ratspräsidenten besetzen, zumindest zeitweise. Die Kommissionschefin | |
(von der Leyen) und die Parlamentspräsidentin (Roberta Metsola) stellt sie | |
schon. | |
Wenn sich die EVP durchsetzt, würden in wenigen Jahren alle drei wichtigen | |
EU-Institutionen von Konservativen und Christdemokraten geführt. Damit | |
würde das Wahlergebnis endgültig auf den Kopf gestellt. Die EVP hat zwar | |
leicht dazugewonnen, aber längst keinen Erdrutschsieg erzielt. | |
Scholz und [3][andere Sozialdemokraten] haben daher gut daran getan, sich | |
diesem Ansinnen in den Weg zu stellen. Es gibt keinen vernünftigen Grund | |
dafür, dass die EU künftig nur noch von einer Partei regiert wird. Es gibt | |
aber auch keinen Grund, das Fell einfach wie bisher unter den drei großen | |
proeuropäischen Familien aufzuteilen. | |
Gefragt ist ein „New Deal“, der dem Wunsch der 27 EU-Staaten, aber auch dem | |
Wählerwillen gerecht wird. Doch bisher spricht wenig dafür, dass dieser | |
tatsächlich berücksichtigt wird. Statt nach den Ursachen des Rechtsrucks | |
und des Wahlbebens zu fragen, geht es den EU-Chefs wieder einmal nur um | |
Macht. | |
18 Jun 2024 | |
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## AUTOREN | |
Eric Bonse | |
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