# taz.de -- Statistik des BKA: Höchststand bei rechter Gewalt | |
> Politisch motivierte Straftaten haben den höchsten Stand seit Einführung | |
> der Statistik erreicht. Eine Beobachterin hält die Zahlen für | |
> unvollständig. | |
Bild: Reichsbürger demonstrieren am Brandenburger Tor gegen die Corona-Maßnah… | |
BERLIN taz | Die politisch motivierten Straftaten haben 2020 den höchsten | |
Stand seit Einführung der Statistik im Jahr 2001 erreicht. Das | |
Bundeskriminalamt (BKA) hat im vergangenen Jahr 44.692 solcher Straftaten | |
registriert, das sind 8,5 Prozent mehr als im Vorjahr. Mehr als die Hälfte | |
dieser Straftaten, insgesamt 23.604, gehen auf das Konto von Rechten. | |
Das sind 5,7 Prozent mehr als ein Jahr zuvor – ebenfalls ein neuer | |
Höchststand. „[1][Rechtsextremismus] ist die größte Bedrohung für unsere | |
Gesellschaft“, sagte CSU-Innenminister Horst Seehofer am Dienstag in Berlin | |
und verwies auf eine „Blutspur“, die sich durch das Land gezogen habe. | |
„Der traurige Rekord rechter Straftaten kommt nicht überraschend“, sagte | |
Timo Reinfrank, Geschäftsführer der Amadeu Antonio Stiftung. „Seit Jahren | |
befeuern Rechtsradikale in den Parlamenten und auf der Straße eine Rhetorik | |
des Hasses, die sich immer mehr in Gewalt entlädt.“ Angehörige von | |
Minderheiten spürten diese wachsende Aggression schon lange. | |
Bei den politisch motivierten Gewalttaten, also etwa Körperverletzungen und | |
Widerstand gegen die Staatsgewalt, lag die Anzahl der Fälle mit 3.365 | |
Straftaten laut BKA im vergangenen Jahr sogar um fast 19 Prozent über dem | |
Wert des Vorjahres und damit etwa auf dem Niveau von 2018. Hier sind | |
insbesondere die links motivierten Taten angestiegen. Das BKA registrierte | |
1.526 solcher Delikte, 45 Prozent mehr als im Vorjahr. Die Gewaltdelikte, | |
die auf das Konto von Rechten gingen, stiegen laut BKA um gut 10 Prozent | |
auf 1.092. Darunter aber ist die schlimmste Tat des vergangenen Jahres: der | |
rassistische Anschlag von Hanau, bei dem neun Menschen ermordet wurden. | |
Judith Porath, Vorstand des Verbands der unabhängigen | |
Opferberatungsstellen, betonte, dass die von den Polizeibehörden der Länder | |
gemeldeten Zahlen zu rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt | |
erneut unvollständig seien. Die in acht Bundesländern vertretenen | |
Anlaufstellen zählten im vergangenen Jahr 1.322 rechte und rassistische | |
Angriffe. Mindestens drei bis vier Menschen würden täglich Opfer rechter | |
Gewalt, sagte Porath. | |
Zwei Menschen wurden 2020 durch islamistisch motivierte Taten getötet. | |
Insgesamt nahm die Anzahl der religiös motivierten Straftaten mit 12 | |
Prozent auf 477 zu, liegt aber deutlich unter den Werten vergangener Jahre. | |
Im Zusammenhang mit der Coronapandemie registrierte das BKA insgesamt 3.559 | |
politisch motivierte Straftaten, darunter 478 Gewaltdelikte. Die Mehrheit | |
der Straftaten – knapp 60 Prozent – konnten die Behörden politisch nicht | |
zuordnen. 22 Prozent werden Rechten, 18 Prozent Linken zugerechnet, bei | |
Letzteren geht es aber auch um Gegendemos. | |
Bei den Coronaprotesten nähmen Menschen ihr Recht auf Versammlungsfreiheit | |
wahr, sagte Seehofer. Für die Sicherheitsbehörden problematisch sei aber, | |
„dass sich neue Koalitionen zwischen normalen Demonstranten und Anhängern | |
von [2][Verschwörungsideologien, Impfgegnern, Esoterikern, Reichsbürgern], | |
Selbstverwaltern und sonstigen Extremisten bilden“. | |
Mehr als verdoppelt hat sich gegenüber dem Vorjahr die Zahl der Straftaten, | |
die sich gegen staatliche Einrichtungen und Symbole, Amts- und | |
Mandatsträger richteten. Um fast ein Fünftel haben die Delikte im Bereich | |
der Hasskriminalität zugenommen. Der Präsident des Zentralrats der Juden, | |
Josef Schuster, nannte die Zahlen „absolut alarmierend“ und forderte einen | |
„Schulterschluss aller Demokraten“. | |
4 May 2021 | |
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## AUTOREN | |
Sabine am Orde | |
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