# taz.de -- Rechtsextreme Hasskriminalität: Für Entwarnung ist es zu früh | |
> Der Rechtsextremist, der Dutzende Gewaltdrohungen unter dem Kürzel „NSU | |
> 2.0“ verschickt haben soll, ist gefasst. Das ist gut. Doch es bleiben | |
> offene Fragen. | |
Bild: Selbst wenn die Polizist:innen keine Mittäter:innen waren, sind sie doch… | |
Im Kern gibt es zwei gute Nachrichten. Zum einen wurde der | |
Drohbriefschreiber, der unter dem Kürzel [1][„NSU 2.0“ für eine Serie von | |
115 Hassnachrichten verantwortlich ist], mutmaßlich identifiziert und | |
festgenommen. Es ist ein 53-jähriger rechtsextremer Arbeitsloser aus | |
Berlin. | |
Noch wichtiger ist: Der Mann war (soweit bisher ersichtlich) n[2][icht Teil | |
eines rechtsextremistischen Netzwerks in der Polizei] – obwohl er mehrfach | |
Informationen aus Polizeicomputern benutzen konnte. Er soll diese vielmehr | |
durch Anrufe als vermeintlicher Kollege und ähnliche Amtsanmaßung | |
herausgelockt haben. | |
Wenn es so war, dann ist das wichtig. Denn es war eine fast unerträgliche | |
Vorstellung, dass Menschen wie die Anwältin Seda Başay-Yıldız, die sich | |
schutzsuchend an die Polizei wandten, dann ausgerechnet von Beamt:innen | |
dieser Polizei mit Informationen aus dem Polizeicomputer bedroht werden. | |
Es ist auch durchaus plausibel, dass der verhaftete Berliner keine | |
Mittäter:innen bei der Polizei hatte. Schließlich hat er nur bei einer | |
Handvoll seiner 115 Hassnachrichten interne Polizeiinformationen benutzt. | |
Er hätte damit sicher öfter Verunsicherung erzeugt, wenn er darauf | |
einfachen Zugriff gehabt hätte. | |
Dennoch besteht kein Grund zur Entwarnung. Wie kann es sein, dass ein | |
Rechtsextremist mit einfachen Anrufen bei hessischen Polizeidienststellen | |
sensibel persönliche Daten von bedrohten Personen erhält? Selbst wenn die | |
auskunftsfreudigen Polizist:innen keine Mittäter:innen waren, sind | |
sie doch offensichtlich eine Gefahr. | |
Außerdem wurden seit Beginn der Drohbriefserie – teilweise im Zuge der | |
Ermittlungen hierzu – immer wieder rechtsextreme Chatgruppen unter | |
Polizist:innen und Polizeischüler:innen bekannt. | |
## Ein Grund zum Frösteln | |
Auch das ist für alle, die auf den Schutz der Polizei angewiesen sind, ein | |
Grund zum Frösteln – vor allem wenn sie selbst ins rechtsextreme Feindbild | |
passen. Vielleicht war es eben doch auch eine Frage der Gesinnung, dass | |
hessische Polizist:innen dem Berliner Arbeitslosen so bereitwillig | |
Auskunft über schutzbedürftige Menschen wie Seda Başay-Yıldız gaben. | |
Leider ist auch die Hoffnung, dass die Drohbriefserie des „NSU 2.0“ nun zu | |
Ende ist, nicht realistisch. Es ist zwar zu hoffen, dass der festgenommene | |
Berliner nun mit seinen Einschüchterungen aufhört. | |
Doch es gab bereits mehrere Trittbrettfahrer, darunter ein pensionierter | |
Polizist. Das wird vermutlich nicht aufhören. [3][Innenminister Horst | |
Seehofer hat am Dienstag mitgeteilt, dass die Hasskriminalität in | |
Deutschland weiter zugenommen hat.] 87 Prozent der Täter:innen sind | |
Rechtsextremist:innen. | |
4 May 2021 | |
## LINKS | |
[1] /NSU-20/!t5578246 | |
[2] /NSU-20-Drohschreiben/!5769540 | |
[3] https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/anstieg-politisch-motivierte-… | |
## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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