# taz.de -- Sozialer Wohnungsbau in Hamburg: Ein Kuchen, der zu klein ist | |
> Der Senat erhöht die Einkommensgrenze für Sozialwohnungen. Künftig haben | |
> 40 Prozent der Hamburger*innen eine Berechtigung. | |
Bild: Gebaut wird in Hamburg viel, aber meistens nicht für Geringverdiener*inn… | |
HAMBURG taz | Vierzig Prozent der Hamburger*innen haben einen Anspruch auf | |
eine Sozialwohnung. Jedenfalls nach der neuen Berechnungsgrenze, die der | |
Senat am Dienstag beschließen will, wie der NDR zuerst berichtete und die | |
Sozialbehörde bestätigte. Die Einkommensgrenze, die zum Bezug einer | |
Sozialwohnung berechtigt, soll um elf Prozent erhöht werden. Das letzte Mal | |
war sie vor zehn Jahren angehoben worden. | |
Zukünftig haben damit 368.000 Haushalte einen Anspruch auf eine | |
Sozialwohnung mit einer Miete von 6,50 Euro pro Quadratmeter. Dazu kommen | |
454.000 Haushalte mit einem Anspruch auf einen Quadratmeterpreis von 8,60 | |
Euro. Insgesamt drängen dann 94.000 Haushalte mehr auf den | |
Sozialwohnungsmarkt. | |
Aus Sicht des Mieterverbands [1][Mieter helfen Mietern] ist die Erhöhung | |
deshalb zugleich eine gute und eine schlechte Nachricht. „Es wird | |
Verteilungskämpfe geben“, sagt die Juristin Eve Raatschen. „Es wollen mehr | |
Leute von einem Kuchen essen, der zu klein ist.“ | |
Obwohl es erfreulich für diejenigen sei, die nicht viel verdienten und dank | |
der höheren Grenze jetzt auch in den Genuss einer Sozialwohnung kommen | |
könnten, verschlechterten sich die Chancen derer, die weniger oder gar | |
nichts verdienen. „Sie rutschen auf der Bewerberliste weiter nach unten“, | |
sagt Raatschen. Diese Menschen müssen jetzt mit fast halb Hamburg | |
konkurrieren. Den 368.000 berechtigten Haushalten stehen nur 80.000 | |
Sozialwohnung gegenüber. | |
Der Sprecher der Sozialbehörde, Marcel Schweitzer, verteidigt den Schritt | |
und nennt ihn wichtig und richtig: „Jedes Jahr steigen die Sozialleistungen | |
und die Renten“, sagt Schweitzer. Damit Bezieher*innen von Sozialleistungen | |
nicht innerhalb kurzer Zeit über dem Satz liegen, müsse die | |
Einkommensgrenze ebenfalls angehoben werden. Außerdem investiere Hamburg | |
wie keine andere deutsche Großstadt in den Wohnungsbau. Deshalb bedeute | |
eine größere Anzahl an berechtigten Haushalten keine Verschärfung des | |
Sozialwohnungsmarkts. | |
## Nach der Devise „Viel hilft viel“ | |
Aus Sicht von Mieter helfen Mietern greift diese Argumentation nicht. „Mehr | |
Wohnungsbau ist gut, aber es müssen auch die richtigen Wohnungen gebaut | |
werden“, sagt Raatschen. Der in Hamburg geltende Drittelmix, nach dem | |
Investor*innen bei größeren Bauprojekten auf städtischen Flächen jeweils | |
ein Drittel Sozialwohnungen, ein Drittel normale Mietwohnungen und ein | |
Drittel Eigentumswohnungen bauen müssen, gehe am Bedarf vorbei. „Da müssen | |
auch mal [2][hundert Prozent Sozialwohnungen] gebaut werden“, fordert | |
Raatschen. | |
Die Stadt könnte, um den Wohnungsmarkt wirklich zu entspannen, | |
beispielsweise Grundstücke nur an Investoren vergeben, die sich dem | |
Gemeinwohl verpflichten: Genossenschaften, das städtische | |
Wohnungsunternehmen Saga oder gemeinwohlorientierte Privatinvestor*innen. | |
In der vergangenen Woche hatte Stadtentwicklungssenatorin Dorothee | |
Stapelfeldt (SPD) die Frist für die Sozialbindung verlängert: Künftig | |
bleiben Sozialwohnungen für 20, statt nur für 15 Jahre als solche erhalten, | |
bevor sie auf den freien Wohnungsmarkt übergehen. Bei Neubauten der Saga | |
sind es ab jetzt 30 Jahre. Laut Mieter helfen Mietern reiche auch das nicht | |
aus. Bei 30 bis 50 Jahren könne man anfangen, ernsthaft zu diskutieren, | |
sagt Raatsche der taz. „Idealerweise müsste die Bindung ewig gelten.“ | |
23 Jul 2018 | |
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[1] https://mhmhamburg.de/willkommen.html | |
[2] /!5522658/ | |
## AUTOREN | |
Katharina Schipkowski | |
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