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# taz.de -- GBW-Untersuchungsausschuss in Bayern: Mieterschutz á la Markus Sö…
> Den Verkauf zahlreicher Wohnungen an eine umstrittene Immobilienfirma
> hält der Ministerpräsident immer noch für „das bestmögliche Ergebnis“.
Bild: Markus Söder vor dem GBW-Untersuchungsausschuss: „Mehr ging nicht“
München taz | Es ist ein unangenehmer Termin an diesem Vormittag für Markus
Söder im Saal drei des bayerischen Landtags. Nicht als Ministerpräsident
mit absoluter Mehrheit nimmt der CSU-Mann Platz, sondern als einer, der zur
Zeugeneinvernahme geladen worden ist.
Der Parlaments-Untersuchungsausschuss zum [1][umstrittenen Verkauf der
landeseigenen GBW-Wohnungen] an eine große Immobilienfirma tagt. Und Söder
wird penibel dazu befragt, wie das damals war zwischen November 2011 und
dem Frühjahr 2012.
Da war er neuer bayerischer Finanzminister, plötzlich zuständig für die
marode Bayern-LB im Landesbesitz und damit auch für das Mega-Paket aus
33.000 Wohnungen, 10.000 davon im Großraum München. Der Käufer, der
Immobilien-Riese Patrizia aus Augsburg, ging danach nicht zimperlich mit
den Mietern um. Im Rahmen der Gesetze setzt das Unternehmen auf maximale
Rendite, das ist vielfach dokumentiert.
Söder kommt ohne Krawatte, trinkt eine Cola Light und setzt dann an zu
Rechtfertigungen. Sein „Leitmotiv“ sei damals immer gewesen, „die Mieter
bestmöglich zu schützen“. Er habe eine Sozialcharta mit der Patrizia
vereinbart, in der die Mieter besser gestellt werden als gesetzlich
verlangt.
## Söder will „abschließend darüber reden“
Er habe „das bestmögliche Ergebnis erreicht – mehr ging nicht“. Seit üb…
sechs Jahren verfolgt ihn und die CSU nun dieses komplexe Thema mit seinen
vielen Windungen, an diesem Tag will Söder „abschließend darüber reden“.
Er präsentiert eine Mischung aus Demut und Eigenlob, redet konzentriert,
setzt die Brille ständig nervös auf und wieder ab. Holzen oder provozieren
darf er in diesem Gremium nicht. Ein paar Patrizia-Mieter sitzen im
Publikum und sind auf den Verkäufer Söder nicht gut zu sprechen.
Eine Rentnerin aus München-Neuperlach hat seit dem Verkauf schon die vierte
Mieterhöhung erhalten, zwei Drittel der Rente gehen fürs Wohnen drauf. Die
Opposition lässt keine Gelegenheit aus, sich Söder vorzuknöpfen.
SPD-Landeschefin Natascha Kohnen wirft ihm „Verrat an 85.000 Mieterinnen
und Mietern“ vor.
Der Fall ist komplex. Er zeigt, was internationale Finanzspekulationen mit
Rentner-Mieten in Neuperlach zu tun haben. 2008, diese Vorgeschichte gehört
dazu, fädelte CSU-Ministerpräsident Edmund Stoiber den Kauf der
österreichischen Immobilienbank Hypo-Alpe-Adria (HAA) durch die Bayern-LB
ein, übrigens vom rechtspopulistischen damaligen Kärntner Landeshauptmann
Jörg Haider. Man wollte groß ins Geschäft einsteigen. Doch die HAA erwies
sich als Schrottbank mit Milliardenschulden. Das brachte die Bayern-LB kurz
vor die Pleite.
Die EU verlangte, zur Begleichung der Schulden die GBW-Wohnungen zu
verkaufen, denn sie gehörten nicht zum eigentlichen Bankengeschäft.
Daraufhin entzündete sich die bis heute nicht geklärte Frage, ob die EU ein
offenes Bieterverfahren zur Bedingung machte – das glauben Söder und Co. -,
oder ob auch ein Kauf durch die Kommunen oder den Freistaat selbst möglich
gewesen wäre.
Im zweiten Fall hätte man die Mietwohnungen in öffentlicher Hand halten
können und sie nicht dem Turbo-Spekulationsmarkt überlassen müssen. Wäre
letzteres nicht gegangen? „Wenn die EU die Hürden so hoch hängt, dass es
nicht geht“, sagt Söder, „dann ist das ein faktisches Verbot.“
Zumindest der Verdacht bleibt bestehen, dass die CSU-Landesregierung Mieter
im Stich gelassen hat. Markus Söder hat übrigens das Wahlversprechen
gegeben, eine neue staatliche Wohnungsbaugesellschaft zu gründen. Die soll
„Bayernheim“ heißen.
20 Jul 2018
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## AUTOREN
Patrick Guyton
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