# taz.de -- Solidarität mit Pflegekräften: Kritik am Klatschen reicht nicht | |
> Um Pfleger:innen zu unterstützen, müssen Löhne erhöht und | |
> Arbeitsbedingungen verbessert werden. Aber auch wir können etwas tun. | |
Bild: Demonstration zum Tag der Pflege am 12. Mai in Berlin | |
Erst war da das Klatschen. Und dann schnell der Konsens, dass klatschen | |
allein ziemlich armselig ist. Seitdem kommt immer die gleiche Aussage: | |
„Klatschen reicht nicht“. Das meinte schon im September [1][Volker Hoppmann | |
von Verdi]. Olaf Scholz [2][twitterte Ende März]: „Danke an alle | |
Pflegerinnen und Pfleger! Ohne sie geht nichts. Antwort auf diese | |
Erkenntnis ist nicht, Beifall zu klatschen.“ Und [3][Annalena Baerbock | |
sagte am ersten Mai]: „Es reicht nicht, wenn man Pflegekräften zuklatscht.“ | |
So weit, so gut, [4][denn natürlich hilft klatschen nicht]. Applaus bezahlt | |
keine Miete. Applaus verhindert keine Überstunden. Applaus schützt nicht | |
vor einem Burnout. Das Klatschen war nur gut, weil es die | |
Klatschen-reicht-nicht-Sätze möglich gemacht hat. Aber auch „Klatschen | |
reicht nicht“ sagen reicht nicht. Und viel mehr ist bisher nicht passiert. | |
Coronaboni für Pflegende wurden diskutiert, einige haben ihn auch bekommen. | |
Doch niemand hat die Löhne von Pfleger:innen deutschlandweit und auf | |
Dauer erhöht. Niemand hat ihre Arbeitsbedingungen wesentlich verbessert. | |
Dabei sind die Probleme viel älter als die Pandemie. | |
Vergangene Woche haben Pfleger:innen, Gewerkschaften und Verbände am Tag | |
der Pflege mehr Gehalt gefordert. Es gab Kundgebungen, an denen sich | |
Menschen beteiligen konnten. In Dresden gingen [5][laut dem MDR] mehrere | |
Dutzend auf die Straße. Es ist immer noch Corona, aber mehrere Dutzend sind | |
wirklich nicht viel. Und auch in sozialen Medien sah es nicht so aus, als | |
interessieren sich besonders viele für den Tag der Pflege. | |
## Nicht nur Politiker:innen müssen agieren | |
Es gibt feministische Kämpfe, die mehr Aufmerksamkeit bekommen als andere. | |
Weil sich manche Missstände auf viel mehr Menschen auswirken als nur auf | |
Pfleger:innen (Werbeverbot für Abtreibungen). Oder weil sie attraktiver | |
erscheinen (mehr Frauen in Führungspositionen!). | |
Natürlich, unser aller Ressourcen sind begrenzt. Aber wer eine gerechtere | |
Gesellschaft fordert, besonders für Frauen, kann auch für Pfleger:innen | |
mehr tun als nur zu sagen: „Klatschen reicht nicht.“ Menschen in | |
politischen Positionen sowieso, aber auch wir anderen. Effektiver wäre es, | |
zumindest auf Kundgebungen zu klatschen. Oder seine Wahlentscheidung daran | |
zu knüpfen. Gerade weil Pfleger:innen ohne deutschen Pass keine | |
Wahlstimme haben. | |
Und eigentlich ist die Pflege erst der Anfang. Haben Sie sich schon einmal | |
gefragt, wie die Arbeitsbedingungen für Menschen in der Abfallwirtschaft | |
sind? Oder für die, die putzen? Diese Tätigkeiten berühren viele Herzen | |
noch weniger als eine so lebenserhaltende und liebevolle wie die Pflege. | |
Wenn Gutverdienende andere ihr Zuhause reinigen lassen, bezahlt man ihnen | |
weniger, als man selbst in den zwei, drei Stunden verdient. Warum | |
eigentlich? Fair ist auch das nicht. Bevor jetzt jemand anfangen will, für | |
Putzende zu klatschen: Einfach mal den Lohn erhöhen. | |
19 May 2021 | |
## LINKS | |
[1] https://www.sueddeutsche.de/politik/warnstreiks-klatschen-reicht-nicht-1.50… | |
[2] https://twitter.com/olafscholz/status/1377379343236669441?lang=de | |
[3] https://www.sueddeutsche.de/leben/soziales-dgb-pandemie-nicht-als-vorwand-f… | |
[4] /Systemrelevante-Jobs-in-Coronakrise/!5670828 | |
[5] https://www.mdr.de/nachrichten/sachsen/protest-tag-der-pflege-100.html | |
## AUTOREN | |
Susan Djahangard | |
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