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# taz.de -- Neuseelands Auszeit nach Fehlgeburten: Freinehmen ohne Bedingung
> Wer eine Fehlgeburt erleidet, kann in Neuseeland drei bezahlte Tage
> freinehmen. Wie wäre es mit einer bedingungslosen Auszeit für alle?
Bild: Jede dritte Frau in Deutschland erleidet vor der zwölften Woche eine Feh…
Wenn eine Frau in Neuseeland ihr Kind durch eine Fehlgeburt verloren hat,
kann sie in Zukunft drei Tage freinehmen. Sie wird weiter bezahlt. Es ist
unerheblich, wie lange sie schon schwanger war. Und ein zweiter Elternteil
bekommt eine dreitägige Trauerzeit.
Die neuseeländische Regierung und [1][ihre Chefin Jacinda Ardern] wurden
für diese neue Regelung weltweit bejubelt, weil sie wieder einmal gezeigt
haben, wie fortschrittliche, feministische Politik aussieht: Freie,
bezahlte Tage bekamen in Neuseeland bisher nur Frauen, die ab dem fünften
Schwangerschaftsmonat ihr Kind verloren – und die Partner:innen nicht.
In Deutschland unterscheidet man anhand von Schwangerschaftswoche und
Geburtsgewicht zwischen Fehlgeburt und Totgeburt. Nach einer Totgeburt
bekommt man frei wie nach einer Entbindung. Spezielle freie Tage nach einer
Fehlgeburt gibt es nicht. Spürt man danach eine seelische oder körperliche
Belastung, kann man sich krankschreiben lassen.
Die Labour-Abgeordnete Ginny Andersen sagte in Neuseeland: „Die Trauer, die
mit einer Fehlgeburt einhergeht, ist keine Krankheit, es ist ein Verlust.“
Sollten wir also fordern, dass auch in Deutschland freie Tage [2][nach
einer Fehlgeburt] eingeführt werden? Sinnvoll wäre das. Die Frage kann man
aber auch anders betrachten. Größer und allgemeingültiger.
## Regelungen schließen Viele aus
Zu einem Menschenleben gehören Trauer und Verlust so wie Ereignisse, die
schön sind und trotzdem anstrengend. Man kann als Person mit Uterus eine
Fehlgeburt erleben. Man kann Familienangehörige und Freund:innen
verlieren, weil sie sterben. Man kann umziehen oder heiraten. In
Deutschland kann man sich in vielen dieser Fälle Sonderurlaub nehmen. Die
maximalen Tage dafür sind gezählt (meistens: Hochzeit: 1; Tod
vonEhepartner:in/ Lebensgefährte/Lebenspartner:in: 3; Geburt Väter: 1).
Diese Regelungen schließen viele aus. Manche heiraten nie und möchten dafür
an einem Geburtstag oder dem Frühlingsbeginn das Fest ihres Lebens
schmeißen. Das ist nicht das einzige Problem. Die Regelungen sind auch
nicht besonders menschenfreundlich. Wer soll am vierten Tag nach dem
plötzlichen Tod des geliebten Menschen wieder normal arbeiten gehen können?
In den vergangenen Jahren wurde viel über das [3][bedingungslose
Grundeinkommen] diskutiert. Wie wäre es, wenn es auch eine bedingungslose
Auszeit gäbe? Man bekommt Lohn, kann sich aber frei nehmen, weil man
besonders belastet ist. So lange, bis man sich wieder imstande fühlt zu
arbeiten. Mögliche Gründe werden nicht zuvor katalogisiert.
Alle entscheiden für sich, wann und warum sie eine Auszeit brauchen. Dann
kommt ja überhaupt niemand mehr zur Arbeit? Es gibt Firmen, die bieten
Mitarbeiter:innen sogar den regulären Urlaub unbegrenzt an – und die
Unternehmen laufen weiter. Die Leute haben sich durchschnittlich nur wenige
Tage mehr frei genommen, als ihnen gesetzlich zustünde.
20 Apr 2021
## LINKS
[1] /Neuseelands-Premierministerin-Ardern/!5720045
[2] /Fehlgeburten-und-Oeffentlichkeit/!5728717
[3] /Bedingungsloses-Grundeinkommen/!5750450
## AUTOREN
Susan Djahangard
## TAGS
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