# taz.de -- Studie zu Aborten: 44 Fehlgeburten in der Minute | |
> Jede zehnte Frau weltweit erlebt mindestens einmal in ihrem Leben eine | |
> Fehlgeburt, berichtet ein Fachmagazin. Betroffene brauchen dringend | |
> Hilfe. | |
Bild: Eine von sieben Schwangerschaften weltweit wird ungewollt beendet | |
BERLIN taz/afp | Für betroffene Frauen ist es eine Katastrophe, für die | |
Statistik nicht mehr als eine Zahl: Mehr als jede zehnte Frau erleidet | |
mindestens einmal in ihrem Leben eine Fehlgeburt. So berichtet es am | |
Dienstag die Zeitschrift The Lancet. Hochgerechnet sollen es laut des | |
medizinischen Fachblatts jährlich rund 23 Millionen spontane Aborte | |
weltweit sein. Oder anders dargestellt: eine von sieben Schwangerschaften | |
wird ungewollt beendet, 44 pro Minute. | |
Für fast alle Frauen kommt die Fehlgeburt plötzlich, in vielen Fällen | |
unangekündigt. Die Auslöser können vielfältig sein: genetische oder | |
krankhafte Veränderungen des Fötus, fortgeschrittenes Alter der Mutter (und | |
hin und wieder des Vaters), Adipositas, aber auch starkes Untergewicht. | |
Ebenso können übermäßiges Rauchen und Alkoholkonsum eine Fehlgeburt | |
auslösen, starker Stress, ungünstige Arbeitszeiten wie Nachtschichten, | |
außerdem Umweltgifte und Luftverschmutzung, wenn die Schwangeren diesen | |
regelmäßig ausgesetzt sind. | |
Von einer Fehlgeburt spricht man, wenn der Fötus vor der 20. bis 24. | |
Schwangerschaftswoche abgeht. Mitunter wird [1][die Schwangerschaft] noch | |
früher beendet – das passiere laut Gynäkologen nicht selten, ohne dass | |
Frauen überhaupt bemerkt hätten, dass sie schwanger sind. Die 31 | |
Wissenschaftler:innen der Lancet-Studie sprechen zudem davon, dass die | |
von ihnen genannte Abortzahl höher sein kann, weil nicht alle Fehlgeburten | |
den zuständigen Behörden gemeldet würden. | |
Frauen, die sich ein Kind wünschen, erleben einen Abort in der Regel als | |
traumatisches Erlebnis. In den meisten Fällen erleiden betroffene Frauen | |
einmal in ihrem Leben eine Fehlgeburt, etwa zwei Prozent zweimal. Für | |
schwarze Frauen sei das Risiko besonders hoch, heißt es in dem Bericht. | |
## In der Trauer nicht ernst genommen | |
Die Betroffenen brauchen dringend psychologische Unterstützung und eine | |
ausreichende medizinische Versorgung, erklären die Autor:innen der | |
Studie. [2][Stattdessen werde kaum offen darüber gesprochen] – sowohl im | |
Umfeld der Betroffenen als auch beim medizinischen Personal. Etwa 20 | |
Prozent der Frauen litten der Untersuchung zufolge neun Monate nach einer | |
Fehlgeburt an Depressionen oder posttraumatischen Belastungsstörungen. Gut | |
gemeinte Sätze wie „Das wird schon wieder“ oder „Versucht es einfach noch | |
mal“ können die seelischen Verletzungen zusätzlich verstärken. Betroffene | |
empfinden diese Art Zuspruch oft [3][als Verhöhnung ihres | |
Schicksalsschlages] und fühlen sich in ihrer Trauer nicht ernst genommen. | |
Für Betroffene ist es gleichgültig, in welcher Schwangerschaftswoche sie | |
das Kind verlieren. Dennoch wird in Deutschland schematisch zwischen | |
[4][einer Fehlgeburt und einer Totgeburt] unterschieden. Von einer | |
Totgeburt spricht man, wenn ein weit zu früh geborenes Kind keine | |
Lebenszeichen aufweist, mindestens 500 Gramm wiegt und etwa 25 bis 35 | |
Zentimeter groß ist. Diese Definition hat Folgen: Frauen, die eine | |
Fehlgeburt erleiden, müssen sich krank schreiben lassen, um sich davon zu | |
erholen. Nach einer Totgeburt bekommen sie so lange frei, als sei das Kind | |
lebend geboren. | |
27 Apr 2021 | |
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## AUTOREN | |
Simone Schmollack | |
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