# taz.de -- Sicherheitspaket der Ampelparteien: Verschärfungen geplant | |
> Die Ampelkoalition hat beim Sicherheitsgesetz nachgebessert. Ende der | |
> Woche sollen die Gesetze beschlossen werden. | |
Bild: Soll Polizei und Bundesamt für Migration und Flüchtlinge erlaubt werden… | |
Freiburg taz | Die Koalition hat sich auf letzte Änderungen beim | |
Sicherheitspaket geeinigt, das in dieser Woche im Bundestag beschlossen | |
werden soll. Nachbesserungen gab es insbesondere beim biometrischen | |
Abgleich von Fotos mit Bildern aus dem Internet. | |
Das Sicherheitspaket war von den Ampelparteien Ende August unmittelbar nach | |
dem islamistischen Messerattentat von Solingen vereinbart worden, bei dem | |
drei Menschen starben. Es sieht Verschärfungen in Sicherheitsgesetzen und | |
im Migrationsrecht vor. Bei einer Anhörung im Bundestags-Innenausschuss | |
zeigten Sachverständige Ende September [1][viele Kritikpunkte] auf, weshalb | |
die Verabschiedung der beiden Gesetze zunächst verschoben wurde. | |
Die größten Änderungen gibt es nun bei der biometrischen Gesichtserkennung | |
anhand von Fotos aus dem Internet. Diese soll sowohl der Polizei als auch | |
dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) erlaubt werden. Die | |
Polizei soll diese Form der Fotofahndung aber nur noch bei besonders | |
schweren Straftaten und zur Ermittlung von Tatverdächtigen anwenden dürfen. | |
## Wie soll die Gesichtserkennung realisiert werden? | |
Da das Innenministerium bisher nicht sagen konnte, wie die | |
Gesichtserkennung mithilfe von Internetfotos überhaupt [2][realisiert | |
werden soll], haben die Koalitionäre eine wichtige neue Bedingung | |
eingeführt: Die Befugnis kann erst genutzt werden, wenn die Bundesregierung | |
eine Verordnung erlassen hat, in der sie „das Nähere zu dem technischen | |
Verfahren“ regelt. Zuvor muss die Bundesdatenschutzbeauftragte gehört | |
werden. Zudem soll die Befugnis nach drei Jahren unabhängig evaluiert | |
werden. | |
Im Migrationsrecht gab es keine wesentlichen Änderungen, nur | |
Klarstellungen. Flüchtlinge, die nach Deutschland kamen, obwohl nach den | |
Dublin-Regeln ein anderer EU-Staat für das Asylverfahren zuständig ist, | |
sollen keine Sozialleistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz mehr | |
erhalten, sobald eine Aufnahmezusage des zuständigen Staates vorliegt. | |
Stattdessen sollen sie nur noch zwei Wochen lang eingeschränkte | |
„Überbrückungsleistungen“ („Bett, Brot und Seife“) erhalten. Hier soll | |
klargestellt werden, dass die Ausreise in den zuständigen EU-Staat | |
„rechtlich und tatsächlich“ möglich ist. Dabei soll die Einschätzung des | |
Bamf maßgeblich sein. | |
Anerkannte Flüchtlinge, die in den Staat zurückreisen, in dem ihnen Gefahr | |
droht, sollen ihren Schutzstatus dadurch weiter in der Regel verlieren. | |
Hier wird aber klargestellt, dass dies nicht gilt, wenn die Heimreise | |
„sittlich zwingend geboten ist“, etwa zur Beerdigung der Eltern. Die | |
deutschen Behörden müssen vorab informiert werden. | |
## Ausnahmen sollen deutlicher werden | |
Die Regelungen zu Messerverboten in Bussen, Bahnen und Messerverbotszonen | |
wurden neu formuliert. Es soll nun deutlicher werden, welche Ausnahmen | |
gelten, etwa in Restaurants. | |
Die Änderungsanträge sollen am Dienstag in den Fraktionen und am Mittwoch | |
im Innenausschuss beraten werden. Am Donnerstag oder Freitag sollen die | |
beiden Gesetzentwürfe im Plenum beschlossen werden. So könnte der Bundesrat | |
am Freitag auch gleich zustimmen. | |
## GEAS-Anpassung geplant | |
Unterdessen hat Innenministerin Nancy Faeser (SPD) zwei Gesetzentwürfe zur | |
Anpassung des deutschen Asylrechts an das kommende Gemeinsame Europäische | |
Asylsystem (GEAS) vorgelegt. Das GEAS soll ab Mitte 2026 gelten, ebenso die | |
deutschen GEAS-Anpassungsgesetze. | |
Das GEAS besteht aus elf EU-Verordnungen, gilt also unmittelbar und muss in | |
den EU-Staaten nicht mehr durch nationales Recht umgesetzt werden. Das GEAS | |
sieht vor, dass weiterhin jeder Asylantrag individuell geprüft wird. Bei | |
Migrant:innen aus Ländern mit niedriger Schutzquote (unter 20 Prozent) | |
sollen die Asylverfahren aber in Einrichtungen an den EU-Außengrenzen | |
durchgeführt werden. Im Rahmen eines Solidaritätsmechanismus können | |
Flüchtlinge aus überlasteten EU-Staaten in andere EU-Staaten umverteilt | |
werden, die zur Übernahme bereit sind. | |
Die beiden deutschen GEAS-Anpassungsgesetze sollen nun nur noch Details | |
regeln, die die EU-Verordnungen offen gelassen haben. So soll das | |
BAMF-Verfahren für Flüchtlinge, die direkt aus einem Nicht-EU-Staat an | |
einem deutschen Flughafen ankommen, binnen acht Wochen abgeschlossen sein. | |
Die Verwaltungsgerichte sollen binnen zwei Wochen über Eilanträge der | |
Migrant:innen entscheiden. Wenn Asyl abgelehnt wird, soll in einem | |
„Rückkehrgrenzverfahren“ binnen zwölf Wochen die Abschiebung in den | |
Herkunftsstaat organisiert werden. | |
Bei Asylantragsteller:innen, die im Rahmen des Solidaritätsmechanismus | |
übernommen werden, ist in jedem Einzelfall vorher ein | |
„Sicherheitsinterview“ durchzuführen. So will Faeser sicherstellen, dass | |
auf diesem Wege keine gefährlichen Personen nach Deutschland kommen. | |
Das Innenministerium hat die Referentenentwürfe an Länder und Verbände zur | |
Stellungnahme verschickt. | |
13 Oct 2024 | |
## LINKS | |
[1] /Kritik-in-der-Ampel-an-Sicherheitspaket/!6035706 | |
[2] /Gesichtserkennung-im-Internet/!6026767 | |
## AUTOREN | |
Christian Rath | |
## TAGS | |
Ampel-Koalition | |
Sicherheit | |
Migration | |
GNS | |
Social-Auswahl | |
Rüstungsindustrie | |
Schwerpunkt Flucht | |
Abschiebung | |
Ampel-Koalition | |
Ampel-Koalition | |
Datenschutz | |
FDP | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Brandanschlag auf Sicherheitsfirma: Molotowcocktails gegen Überwachung | |
In der Nacht zu Dienstag brannten Büros einer Bremer Sicherheitsfirma. Das | |
Unternehmen liefert Überwachungstechnik an Polizei und Militär. | |
Bundestag beschließt Sicherheitspaket: Polit-Show statt echter Sicherheit | |
Das Sicherheitspaket drangsaliert Geflüchtete und simuliert Tatkraft. | |
Maßnahmen, die wirklich Schutz versprechen, werden abgeschwächt. | |
Zurückweisung an der Grenze: Deutschland verurteilt wegen Abschiebung nach Gri… | |
2018 war ein Syrer an der deutschen Grenze zurückgewiesen und ohne | |
Asylprüfung abgeschoben worden. Die Richter sahen gleich mehrere Rechte | |
verletzt. | |
Sicherheitspaket der Ampel: „Menschliches Armutszeugnis“ | |
Noch diese Woche will die Ampel ihr Sicherheitspaket verabschieden. Von | |
zivilgesellschaftlichen Organisationen und Opposition kommt Kritik. | |
Nach Solingen-Anschlag: Ampel einig über Sicherheitspaket | |
In Asylfragen ergeben die Nachverhandlungen im Bundestag wenig Änderungen. | |
Ausreisepflichtigen Dublin-Flüchtlingen werden Sozialleistungen gestrichen. | |
Kritik am Sicherheitspaket: Gefährliche Datenspeicherung | |
Teile des neuen Sicherheitspakets könnten eine weitreichende Überwachung | |
der Bevölkerung erlauben. Einige Maßnahmen verstoßen gegen das Grundgesetz. | |
Zusätzliche Forderungen für Asylgesetz: FDP will mehr Leistungen kürzen | |
Der Bundestag diskutiert eigentlich ein anderes Migrationspaket, doch die | |
FDP erhebt neue Forderungen. Von Verbänden kommt scharfe Kritik. |