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# taz.de -- Samar Badawi über saudischen Blogger: „Raifs Fall ist besonders …
> Vor einem Jahr wurde Raif Badawi zu 1.000 Stockhieben verurteilt. Trotz
> internationalen Drucks sitzt der Blogger in Haft. Seine Schwester kämpft
> für seine Freilassung.
Bild: Nicht nur Raif Badawi: In Mexiko fordern Demonstranten die Freilassung vo…
taz: Die Hiebe für Ihren Bruder Raif Badawi haben weltweit einen Aufschrei
ausgelöst. Hat [1][die Aufmerksamkeit] etwas bewirkt? Er sitzt ja immer
noch im Gefängnis.
Samar Badawi: Ohne die Aufmerksamkeit hätten sie nicht aufgehört ihn
auszupeitschen. Bislang hat Raif nur 50 der 1.000 Stockhiebe bekommen, zu
denen er verurteilt wurde. Ich habe noch Hoffnung, dass er freigelassen
wird. Der internationale Druck hält an. Die schwedische Außenministerin hat
Saudi-Arabien offen kritisiert. Schweden hat sogar einen Waffendeal mit den
Saudis gestoppt. In den USA haben mehr als 60 Mitglieder des Kongresses
einen Brief an König Salman geschrieben und ihn gedrängt, Raif und alle
anderen politischen Gefangenen freizulassen.
Die saudische Regierung hat das als Einmischung in innere Angelegenheiten
heftig kritisiert. Haben Sie keine Angst, dass internationaler Druck Raifs
Chancen auf Freilassung mindert?
Nein. Das Allerwichtigste für die Regierung ist, dass die internationale
Gemeinschaft schweigt. Die Kampagne für Raif hat ihr viele Kopfschmerzen
bereitet. Nur wenn wir weiter Druck machen, gibt es Hoffnung, das Raif und
Walid entlassen werden ...
... Walid Abu al-Kheir ist Ihr Ehemann. [2][Er war Raifs Anwalt, bevor er
selbst verhaftet]
[3][http://www.amnesty.de/downloads/fallbeschreibung-waleed-abu-al-khair][4
][wurde.]
Ja, meine ganze Familie wurde ins Gefängnis gesteckt. Walid wurde im April
letzten Jahres verhaftet und wegen „Rufschädigung“ und „Aufhetzens der
öffentlichen Meinung“ zu 15 Jahren Haft verurteilt.
Wie geht es den beiden?
Gott sei Dank geht es ihnen gesundheitlich gut. Ich kann Walid regelmäßig
Medizin und Bücher bringen. Raif ruft mich täglich an und ich besuche ihn
oft im Gefängnis. Sie behandeln ihn gut. Sollte er schlecht behandelt
werden, würde ich in den sozialen Medien darüber sprechen. Das würde der
Regierung noch mehr Kopfschmerzen machen.
Die beiden wurden verhaftet, weil sie Kritik an der Regierung und der
Religion geübt haben. Wie viele politische Gefangene sitzen in saudischen
Gefängnissen?
Mehrere Tausend, aber nur wenige sind in der Öffentlichkeit mit Namen
bekannt. Die Familien der meisten Gefangenen wollen nicht, dass ihre Namen
zum Beispiel auf Facebook oder Twitter kursieren.
Warum hat ausgerechnet Raif so viel Aufmerksamkeit erregt?
Raifs Fall ist besonders krass. Mein Bruder ist noch nicht einmal
Menschenrechtsaktivist wie Walid. Wenn Du einen harmlosen Blogger
auspeitschst und 10 Jahre ins Gefängnis sperrst, werden die Leute
hellhörig. Weder Walid noch andere prominente Gefangene wie [5][Mohammed
Fahad al-Qahtani oder Abdullah al-Hamid] werden ausgepeitscht. Deshalb hat
Amnesty International Raif für [6][die Kampagne] gewählt.
Viele Liberale in Saudi-Arabien stehen Raif und Walid kritisch gegenüber.
Die beiden hätten es zu weit getrieben. Wer etwas bewegen wolle, müsse
langsam und vorsichtig vorgehen.
Das sehe ich anders. So funktioniert das nicht. Entweder haben diese Leute
Angst oder sie wollen nicht wirklich etwas verändern. Es mag bestimmte
Dinge geben, für die man behutsam kämpfen kann, aber andere muss man auf
die harte Art angehen. Nur wer richtig Druck macht, kann wirklich etwas
bewegen.
Hat es Sie überrascht, dass Raif und Walid verhaftet wurden?
Raifs Urteil hat mich überrascht. Er hatte ja kaum etwas gemacht, nur
darüber geredet, was die Leute denken. Dass Walid verhaftet werden würde,
hatte ich erwartet. Sie hatten ihn gewarnt, hatten ihm ein Reiseverbot
erteilt und ihn zuvor bereits für drei Monate eingesperrt. Aber Walid hat
nicht aufgehört. Ich habe ihm gesagt, er müsse vorsichtiger sein, aber er
wollte nicht. Ich habe ihm gesagt, dass er verhaftet werden würde, aber er
sagte nur: 'Sollen sie mich doch verhaften'. Walid ist sehr stark. Er war
und ist fest davon überzeugt, dass er nichts Falsches gemacht hat.
Walid wurde auf Grundlage des neuen Terrorismusgesetzes verurteilt. Warum
wird ein solches Gesetz für Menschenrechtsaktivisten verwendet?
Das Terrorismusgesetz wurde erst im vergangenen Jahr erlassen. Amnesty
International und Human Rights Watch warnten damals bereits, dass es gegen
Menschenrechtsaktivisten verwendet werden könne. Nun sehen wir genau das,
was sie vorhergesagt haben: Der wahre Zweck des Gesetzes ist es, Aktivisten
zu verurteilen. Mein Mann war der erste, der auf dieser Grundlage
verurteilt wurde. Andere folgten: Die beiden saudischen Frauen Loujain
al-Hathloul und Maysa al-Amoudi wurden vor das Antiterrorgericht in Riad
gestellt, weil sie angeblich gegen das Autofahrverbot verstoßen haben.
Schüchtert das Gesetz Aktivisten im Königreich ein?
Natürlich. Die meisten Leute trauen sich nicht mehr, sich in den sozialen
Medien zu äußern oder mit Journalisten zu sprechen. Sie haben Angst und
halten den Mund. Die Regierung hat Walid, Raif and andere Gefangene als
Beispiele gewählt, um alle wissen zu lassen, was passiert, wenn man offen
über Politik oder Religion redet – und zwei weitere Beispiele für Frauen,
die es wagen Auto zu fahren. Nach dem Arabischen Frühling hätte sich ohne
das Gesetz auch hier in Saudi-Arabien viel verändert. Aber die saudische
Regierung wollte nicht so enden wie das Regime in Ägypten.
Haben Sie keine Angst, selbst verhaftet zu werden?
Das Risiko muss ich eingehen. Wer redet noch, wenn alle den Mund halten?
Aber sie können mich nicht verhaften. Sie haben Angst, da ich gut vernetzt
bin. Letztes Jahr standen drei Autos zwei Wochen lang Tag und Nacht vor
meiner Haustür. Die Regierung weiß genau, wo ich bin und was ich mache. Sie
wartet, dass ich einen Fehler mache. Aber ich kämpfe nur für meine Familie.
Alle Menschenrechtsaktivitäten habe ich eingestellt. Wie würde die
Regierung meine Verhaftung rechtfertigen? Samar Badawi hat für ihren Bruder
und Ehemann gekämpft? Das wäre doch peinlich.
Das Innenministerium hat bereits ein Reiseverbot gegen Sie erlassen. Wenn
Sie reisen könnten, würden Sie das Land verlassen und im Exil leben?
Nein. Im Ausland hätte ich keinen Grund mehr zu kämpfen. Ich könnte meine
Meinung äußern und in Freiheit leben. Ich kann nicht außerhalb
Saudi-Arabiens leben und zum Beispiel dafür eintreten, dass saudische
Frauen Auto fahren dürfen. Mein Kampf ist es, Saudi-Arabien zu einem
besseren und gerechteren Land zu machen. Ich bleibe lieber hier und sende
meinen Mitbürgern die Nachricht: Auch wenn ihr Angst habt, ich habe keine,
ich kämpfe weiter.
7 May 2015
## LINKS
[1] http://www.raifbadawi.org/
[2] http://www.amnesty.de/downloads/fallbeschreibung-waleed-abu-al-khair
[3] http://www.amnesty.de/downloads/fallbeschreibung-waleed-abu-al-khair
[4] http://www.amnesty.de/downloads/fallbeschreibung-waleed-abu-al-khair
[5] http://www.hrw.org/node/121372/section/10
[6] http://www.amnesty.de/2015/5/6/pruegelstrafe-aufheben-badawi-freilassen?des…
## AUTOREN
Jannis Hagmann
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