# taz.de -- SPD zu Merz' Asylvorschlägen: Sie nennen es „Erpressung“ | |
> Die SPD-Chefin Esken wirft Merz Erpressung vor. Für Kanzler Scholz ist | |
> Merz' Plan Rechtsbruch. Aber auch die SPD will Asylrechtsverschärfungen. | |
Bild: Die SPD-Vorsitzende Saskia Esken zeigt sich empört über den aktuellen T… | |
Berlin taz | Die Empörung in der SPD ist groß. Nachdem Unionsfraktionschef | |
[1][Friedrich Merz angekündigt] hatte, in der kommenden Sitzungswoche | |
Anträge [2][in den Bundestag einzubringen], die darauf hinauslaufen, die | |
deutschen Grenzen für Asylsuchende zu schließen, hat SPD-Vorsitzende Saskia | |
Esken dem Kanzlerkandidaten von CDU und CSU am Samstag einen „einmaligen | |
Erpressungsversuch“ vorgeworfen. | |
Auf einer Wahlkampfveranstaltung in Wiesbaden forderte sie Merz auf: | |
„Kehren Sie ab von Ultimaten und Erpressungsversuchen und kehren sie zurück | |
auf den Pfad der Verantwortung, indem Sie mit anderen Demokraten | |
Kompromisse aushandeln.“ | |
Kompromisse hatte Merz [3][vergangene Woche] zunächst abgelehnt und | |
angedeutet, auch auf die [4][Stimmen der AfD] zu zählen, um die | |
Verschärfungen zu beschließen. Am Wochenende warb er in seinem Newsletter | |
#MerzMail vor allem um die Stimmen von Grünen und SPD – ohne allerdings | |
inhaltliche Zugeständnisse zu machen. | |
Kern der Vorschläge sind dauerhafte Grenzkontrollen und die Zurückweisung | |
aller Menschen, die ohne gültige Einreisepapiere einreisen wollen, was | |
praktisch alle Asylsuchenden betrifft. Die SPD hält die Vorschläge der | |
Union für rechtlich bedenklich und praktisch kaum umsetzbar. | |
## Praktisch nicht durchführbar | |
In einem internen Papier, das der taz vorliegt, heißt es, ein faktisches | |
Einreiseverbot für Menschen ohne Papiere „verstieße gegen europäisches und | |
internationales Recht, wofür sich Deutschland verantworten müsste“. Auch | |
ein nationaler Alleingang (Nationaler Notstand) sei nicht angezeigt. Man | |
habe keine rechtliche Handhabe, „solche Zurückweisungen ohne Einverständnis | |
gegen den Willen der anderen EU-Mitgliedsstaaten durchzusetzen.“ | |
Auch eine dauerhafte Kontrolle der deutschen Außengrenzen hält die SPD laut | |
dem Papier für „praktisch aktuell nicht durchführbar.“ Denn: „Man bräu… | |
eine sehr kurzfristige Aufstockung des Personals um hunderte oder tausende | |
Bundespolizist:innen.“ Die Forderung der Union, dass ausreisepflichtige | |
Personen unmittelbar in Haft genommen werden, hält die SPD ebenfalls für | |
„rechtlich schwierig“. „Mit gutem Grund ist im Rechtsstaat Inhaftierung | |
immer nur Ultima Ratio.“ | |
Bundeskanzler Olaf Scholz warf Merz, den er auf der Wahlkampfveranstaltung | |
in Wiesbaden nur den „Oppositionsführer“ nannte, Rechtsbruch mit Ansage | |
vor. Der CDU-Chef mache Vorschläge, die über das Grundgesetz und die | |
europäischen Verträge hinausgingen. „Das ist nicht richtig“, sagte Scholz. | |
Die Union forderte er auf, die nationalen Elemente des Gemeinsamen | |
Europäischen Asylsystems, GEAS, nun gemeinsam zu beschließen. Dabei geht es | |
unter anderem darum, sogenannte EU-Grenzverfahren auch an deutschen | |
Flughäfen einzuführen und die Bewegungsfreiheit von Geflüchteten | |
einzuschränken. Ergebnis könnten geschlossene Zentren mit Haftbedingungen | |
für Asylbewerber*innen wie in Griechenland sein. Außerdem soll eine | |
sogenannte Asylverfahrenshaft eingeführt werden, um etwa die Identität von | |
Geflüchteten zu klären. | |
Auch SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese drängt auf die Umsetzung der nationalen | |
Elemente von GEAS und verweist auf die noch nicht in Kraft getretenen Teile | |
des Sicherheitspakets, welches der Bundestag im November beschlossen hatte. | |
Es sieht unter anderem erweiterte Befugnisse bei der Datenanalyse für die | |
Polizei vor, etwa den Einsatz von Künstlicher Intelligenz bei der | |
Bilderfahndung nach Tätern. | |
Der taz sagte Wiese: „Was der CDU-Chef vorschlägt, bricht mit unserer | |
Verfassung und mit den europäischen Verträgen. Wenn Friedrich Merz ehrlich | |
daran interessiert ist, etwas für die Sicherheit in unserem Land zu tun, | |
dann könnten wir noch in dieser Woche das Bundespolizeigesetz, die | |
nationale Umsetzung GEAS, sowie die Teile des Sicherheitspakets | |
beschließen, die von der Union bislang im Bundesrat blockiert werden.“ | |
Die SPD will nächste Woche eigene Anträge in den Bundestag einbringen. Wie | |
aus der Fraktion bestätigt wurde, laufen auch interne Gespräche zwischen | |
der Fraktionsspitze und der Union. Fest steht bereits, dass Kanzler Scholz | |
am Mittwoch eine Regierungserklärung im Bundestag abgeben will. | |
26 Jan 2025 | |
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## AUTOREN | |
Anna Lehmann | |
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