# taz.de -- SPD drängt auf Kündigungsstopp: Überstunden für den Mieterschutz | |
> Mieter*innen müssen im Herbst mit hohen Heizkosten rechnen. Die SPD | |
> fordert nun einen Kündigungsschutz und eine Kappungsgrenze für | |
> Indexmieten. | |
Bild: Wer zur Miete wohnt, wird im Herbst mit Nachzahlungen für seine Heizkost… | |
BERLIN taz | Angesichts der Inflation und steigender Energiekosten geraten | |
immer mehr Mieter*innen unter Druck. Im Herbst müssen viele mit enormen | |
[1][Nachzahlungen bei den Heizkosten] rechnen. Die SPD sieht nun akuten | |
Handlungsbedarf. Es brauche „einen Kündigungsstopp im Herbst“, sagte Verena | |
Hubertz, stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, am | |
Dienstag in Berlin. Es könne nicht sein, dass Mieter*innen auf die | |
Straße gesetzt und aus den Städten hinausgedrängt würden, weil sie ihre | |
Gasrechnung nicht bezahlen könnten. | |
Auch im ersten Jahr der Pandemie 2020 hatte die Bundesregierung ein | |
zeitlich befristetes Kündigungsmoratorium beschlossen. Covidbedingte | |
Mietschulden aus den Monaten April bis Juni 2020 durften nicht zu einer | |
Kündigung führen – allerdings mussten diese Schulden bis Ende Juni 2022 | |
zurückgezahlt werden. | |
## Kappungsgrenze für Indexmieten | |
Vor besonderen Herausforderungen stehen derzeit Mieter*innen mit einem | |
Indexmietvertrag. Der wohnungspolitische Sprecher der Fraktion, Bernhard | |
Daldrup, forderte nun eine Kappungsgrenze für solche Verträge. „Die Lage | |
ändert sich dramatisch zum jetzigen Zeitpunkt, und deswegen muss hier | |
interveniert werden“, sagte er. Die SPD werde darüber mit der FDP reden | |
müssen. Eine konkrete Zahl, wann eine Kappungsgrenze gelten sollte, verriet | |
Daldrup nicht. | |
Auch das SPD-geführte Baumministerium prüft derzeit, wie Mieter*innen | |
mit Indexmietverträgen vor übermäßiger Belastung geschützt werden können. | |
Allerdings ist das Mietrecht im FDP-geführten Justizministerium angesiedelt | |
– und das ist noch nicht vollends überzeugt. Das Ministerium sei „sich der | |
Diskussion um das Thema Indexmieten bewusst. Ob hier gesetzgeberischer | |
Handlungsbedarf besteht, muss noch geprüft werden“, heißt es auf Nachfrage | |
der taz aus dem Justizministerium. Der Deutsche Mieterbund fordert bereits | |
seit Wochen eine solche Kappungsgrenze. Der Eigentümerverband Haus und | |
Grund lehnt eine solche ab. | |
Zum Hintergrund: Indexmieten sind direkt an die Inflation gekoppelt, | |
berechnet werden sie über den Verbraucherpreisindex des Statistischen | |
Bundesamtes. Bei einer vereinbarten Indexmiete dürfen Eigentümer*innen | |
die Miete jährlich um diesen Wert steigern. Die Anfangsmiete muss sich zwar | |
nach dem örtlichen Mietspiegel richten. Danach gilt für die Indexmiete | |
allerdings keine Kappungsgrenze mehr. Für viele Mieter*innen kann das | |
nun zum Problem werden. Im Mai erreichte die Inflation mit 7,9 Prozent den | |
Höchstwert seit der Wiedervereinigung. | |
## Kühnert fordert Tempo vom Justizminister | |
Die Spannungen in der Ampelkoalition nehmen offenbar zu. Um perspektivisch | |
stärker zu entlasten, forderte SPD-Generalsekretär und Mietenpolitiker | |
Kevin Kühnert den Justizminister Marco Buschmann (FDP) auf, die im | |
Koalitionsvertrag vereinbarten [2][Verbesserungen für Mieter*innen] | |
schnell anzugehen. Unter anderem gehe es dabei um die Absenkung der | |
sogenannten Kappungsgrenze in angespannten Wohnlagen von derzeit 15 auf 11 | |
Prozent. | |
Es gebe keinen Grund, die vereinbarten Reformen weiter zu verzögern, sagte | |
Kühnert. Finanzminister Christian Lindner (FDP) habe gesagt, gegen die | |
Krise müssten alle Überstunden machen. „Vielleicht fängt Herr Buschmann | |
einfach an mit den Überstunden und sorgt dafür, dass das nach der | |
Sommerpause zackig funktioniert mit der Gesetzgebung“, sagte Kühnert. | |
Auch das vereinbarte Vorhaben der Wohngemeinnützigkeit soll zügig umgesetzt | |
werden, um den Bau bezahlbarer Wohnungen zu beschleunigen. Nach Vorstellung | |
der Vizefraktionschefin Verena Hubertz sollen Wohnungsbauer | |
Steuervergünstigungen erhalten, wenn sie bezahlbaren Wohnraum schaffen. | |
Renditen sollen nur begrenzt möglich sein, aber auch zu Reinvestitionen | |
verpflichten. Die Wohngemeinnützigkeit solle dafür sorgen, dass Mieten | |
„zehn Prozent unter der ortsüblichen Vergleichsmiete“ liegen. Nach der | |
Sommerpause wolle sie „mit FDP und Grünen austarieren, wie so ein Konzept | |
aussehen kann“, sagte Hubertz. Die alte Wohngemeinnützigkeit wurde 1990 | |
abgeschafft. | |
5 Jul 2022 | |
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[1] /Zuschuesse-fuer-steigende-Heizkosten/!5829674 | |
[2] /Lage-von-Mieterinnen-in-Deutschland/!5860729 | |
## AUTOREN | |
Jasmin Kalarickal | |
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