# taz.de -- SPD beschließt Abkehr von Hartz IV: Programmatischer Neuanfang | |
> Die SPD will wieder ein Herz für die Benachteiligten haben. In Berlin hat | |
> der Vorstand sein Sozialstaatskonzept präsentiert. | |
Bild: Angesichts dramatischer Verluste versucht die Partei, sich vom Stigma der… | |
BERLIN taz | Der SPD-Vorstand hat am Sonntagnachmittag sein | |
Sozialstaatskonzept vorgestellt. Bei einer Pressekonferenz im Berliner | |
Willy-Brandt-Haus sagte Parteichefin Andrea Nahles: [1][„Wir lassen Hartz | |
IV hinter uns.“] Das Konzept sei ein neuer Anfang für Menschen, die Hilfe | |
brauchen. Die SPD werde nie vergessen, dass Menschen für gute Arbeit guten | |
Lohn wollen, „wir wollen Partner dieser Menschen sein“. | |
[2][Die Sozialdemokraten lösen sich mit ihrem Konzept] von weiten Teilen | |
der Agenda-Politik. Ältere Arbeitslose ab 58 Jahren sollen das | |
Arbeitslosengeld I künftig 33 Monate statt wie bisher nur bis zu 24 Monate | |
erhalten können. Auch für Jüngere sollen sich die Bezugszeiten des ALG I | |
verlängern. Zusätzlich will die SPD ein Recht auf Weiterbildung und auf | |
Homeoffice verankern. | |
Zudem will sie eine Kindergrundsicherung „aus einer Hand“ einführen, die | |
einfach und digital beantragt werden kann. Kinder – vor allem Kinder | |
Alleinerziehender – sollen damit auch aus dem als stigmatisierend | |
empfundenen Hartz-IV-System herausgeholt werden. Zudem plant die SPD einen | |
Mindestlohn von 12 Euro. Auf die Frage, ob die SPD sich für Hartz IV | |
entschuldigen müsse, sagte Nahles: „Wir überwinden, was wir erkannt haben, | |
was nicht der richtige Weg war.“ Die Finanzierung sei kein Problem, | |
parierte sie eine entsprechende Frage. | |
Für die SPD ist die Einigung auf ein gemeinsames Konzept ein | |
programmatischer Neuanfang. Angesichts dramatischer Wahlverluste und | |
sinkender Umfragewerte versucht die Partei, sich vor den diesjährigen | |
Landtagswahlen vom Stigma der Hartz-IV-Partei zu befreien. Zudem will man | |
programmatisch auf mögliche Neuwahlen vorbereitet sein. | |
## Vereinbarte Bedingung | |
Juso-Chef Kevin Kühnert sagte der ARD: „Seit 15 Jahren haben in der SPD | |
alle durcheinandergeredet, wenn es um das Thema Hartz IV ging.“ Jetzt habe | |
man endlich mal das aufgeschrieben, wohinter sich die Partei gemeinsam | |
versammeln könne. Der Koalitionspartner feuert aus allen Rohren. | |
Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) hat die SPD noch vor der | |
Vorstellung am Sonntag aufgefordert, sich an den Koalitionsvertrag zu | |
halten und die Pläne zur Grundrente entsprechend zu ändern. | |
Der Minister pocht auf die dort vereinbarte Bedingung, dass nur Bedürftige | |
Sonderleistung erhalten. Hessens CDU-Ministerpräsident Volker Bouffier | |
erklärte, die SPD „beerdige die soziale Marktwirtschaft“. Und Bayerns | |
Regierungschef Markus Söder (CSU) warnte vor einem „ideologischen | |
Linksruck“. | |
Konkrete Folgen hat die Initiative der SPD erst einmal nicht. Der | |
Koalitionsvertrag ist bindend – jedenfalls bis zum Ende dieser Koalition. | |
Möglich ist aber, dass diese keine vier Jahre hält, schließlich haben die | |
Sozialdemokraten eine Mitgliederbefragung zur Hälfte der Legislatur | |
vereinbart. Gäbe es Neuwahlen, hätte sich die SPD dann sozialpolitisch | |
bereits klar positioniert. | |
10 Feb 2019 | |
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## AUTOREN | |
Anja Maier | |
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