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# taz.de -- SPD-Jugendorganisation: Jusos lehnen Koalitionsvertrag ab
> Vor allem der Asyl-Kurs und die Sozialpolitik stößt der Parteijugend
> sauer auf. Am Dienstag startet die Abstimmung der SPD-Basis über das
> Regierungsprogramm.
Bild: Nein heißt Nein: Die Jusos sind wieder auf No-Groko-Kurs
Berlin taz | Eigentlich gilt das Ja der SPD-Basis zu dem [1][144 Seiten
starken Koalitionsvertrag] nur als Formsache. Trotz ihres mageren
Wahlergebnisses von 16,4 Prozent erhalten die Sozialdemokraten sieben
Ministerien, darunter drei zentrale – Finanzen, Arbeit und Verteidigung.
Doch in der Partei formiert sich Widerstand. [2][Juso-Chef Phillip Türmer]
kündigte am Montag an, dass die Jugendorganisation mit Nein stimmen werde.
„Für uns reicht es nicht“, sagte Türmer dem Sender ntv. Der
Koalitionsvertrag gehe „den falschen Weg“. Die Parteijugend stört vor allem
der verschärfte Anti-Asyl-Kurs und die Abschaffung des Bürgergeldes. Die
Finanz- und Steuerpolitik sei ambitionslos, so der Juso-Chef.
Der designierte Kanzler Friedrich Merz hatte auch Steuersenkungen für
niedrige und mittlere Einkommen, die im Koalitionsvertrag angekündigt
werden, infrage gestellt. Man müsse sehen, was finanzierbar sei. Der
Finanzierungsvorbehalt, kritisiert Türmer, sei eine „tickende Zeitbombe“.
Schon die Ampel sei daran gescheitert, dass es keinen tragfähigen, klar
definierten Konsens gegeben hatte, wofür wie viel Geld da war.
Zu den Jusos zählen formal rund 70.000 Mitglieder. Einzelne Landesverbände
wie Bayern hatten bereits Widerstand ankündigt. Als Jusos gelten alle
GenossInnen unter 35 Jahren. Türmers Absage an den Koalitionsvertrag
bedeutet jedoch nicht, dass alle Jüngeren mit Nein stimmen werden.
## Kritik auch aus einer Partei-AG
Türmers Absage an eine neue Koalition mit der Union kommt pünktlich zum
Beginn der Abstimmung der SPD-Basis über die Regierungsbeteiligung am
Dienstag. 358.322 SPD-GenossInnen können bis zum 29. April über Schwarz-Rot
und den Koalitionsvertrag entscheiden.
Dieses Verfahren ist in der SPD üblich. 2013 stimmten 76 Prozent für eine
Groko, 2018 waren es 66 Prozent. Bündnisse mit der Union werden offenbar
nicht beliebter.
Scharfe Kritik äußerte auch die Arbeitsgemeinschaft Migration und Vielfalt
in der SPD. Deren Chef [3][Aziz Bozkurt], Staatssekretär für Soziales im
Berliner Senat, klingt ähnlich wie die Jusos. Wenn eine von der SPD
getragene Regierung „alles grundsätzlich unter Finanzierungsvorbehalt“
stelle, könne das ein Förderprogramm für die AfD für die Zukunft werden, so
Bozkurt kürzlich im Berliner Tagesspiegel.
Die Gegner des Koalitionsvertrages fordern nicht den Ausstieg der SPD aus
der kommenden Regierung. Denn was danach droht, kann nicht im Sinne der
SPD-Linken sein. Schwarz-Rot ist die einzige mögliche Regierung in der
Mitte. Alternativen wären eine Minderheitsregierung der Union, eine
Zusammenarbeit mit der AfD oder Neuwahlen, an denen die SPD dann ein
gehöriges Maß Mitschuld hätte.
## Nachverhandlungen nicht realistisch
Angesichts dieser finsteren Alternativen fordern die Koalitionsgegner
Nachverhandlungen mit der Union. Das ist jedoch unrealistisch. Zum einen
wird Friedrich Merz, dem innerparteilich vorgehalten wird, der SPD zu weit
entgegengekommen zu sein, sich kaum von den Jusos treiben lassen. Zudem
stellt sich die Frage, was das SPD-Mitgliedervotum wert wäre, wenn der
Vertrag verändert würde.
Die SPD-Spitze kontert den aufflackernden Widerstand mit zwei Argumenten:
Wer mit Nein stimme, müsse die Alternativen bedenken, so Parteichef Lars
Klingbeil. Auch der Aspekt Verantwortung sei wichtig: Deutschland könne
sich angesichts von Trumps Zollpolitik, dem russischen Überfall auf die
Ukraine und der zerfallenden Nato kein politisches Vakuum leisten.
Deutschland brauche schnell eine stabile Regierung.
Beunruhigend für die SPD-Spitze ist, dass es in der schwarz-roten Regierung
schon Stress gibt – noch bevor die Koalition überhaupt im Amt ist. Die
SPD-Linke glaubt, der Vertrag fixiere eine Steigerung des Mindestlohns auf
15 Euro. Merz verkündete jedoch am Sonntag in der Bild am Sonntag, es gebe
keinen Automatismus Richtung 15 Euro. Das bringt selbst gemäßigte SPD-Linke
wie Wiebke Esdar, Co-Chefin der Parlamentarischen Linken, auf. Merz solle
auch mit Blick auf das SPD-Mitgliedervotum aufhören „zu provozieren“. Esdar
hat sich noch nicht entschieden, ob sie Ja zum Koalitionsvertrag sagen
wird.
Michael Schrodi, SPD-Finanzpolitiker und Mitglied der parlamentarischen
Linken, hat den schwarz-roten Vertrag mitverhandelt – und sieht die Sache
anders. Die Juso-Forderung nach Nachverhandlungen gehe in die falsche
Richtung. Es gebe „keinen Bedarf, den Vertrag wieder aufzuschnüren“ – die
Forderung sei möglicherweise kontraproduktiv, weil aus der Union mit
Gegenforderungen zu rechnen sei.
Merz stehe in der Union stärker unter Druck als die SPD-Führung in ihrer
Partei. „Ich rate allen Seiten, den Koalitionsvertrag so zu akzeptieren,
wie er ist“, so Schrodi zur taz. Schwarz-Rot sei keine Wunschkoalition,
trotzdem gebe es in dem Vertrag progressive Elemente. Schrodi wird Ja zu
dem Koalitionsvertrag sagen. Wie höchstwahrscheinlich die Mehrheit der
385.322 abstimmungsberechtigten GenossInnnen.
14 Apr 2025
## LINKS
[1] https://www.spd.de/fileadmin/Dokumente/Koalitionsvertrag2025_bf.pdf
[2] /Jungpolitikerinnen-ueber-Zukunft/!5998032
[3] /Aziz-Bozkurt/!a43532/
## AUTOREN
Stefan Reinecke
## TAGS
SPD
Jusos
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Friedrich Merz
Mindestlohn
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Jens Spahn
Regierungsbildung
Schwarz-rote Koalition
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