# taz.de -- Nein der Jusos zum Koalitionsvertrag: Fliehkräfte noch vor dem Sta… | |
> Die SPD wird Ja sagen zum Koalitionsvertrag. Aber dass sich Union und SPD | |
> schon jetzt in den Haaren liegen, ist kein gutes Zeichen. | |
Bild: Pressekonferenz nach Einigung bei Koalitionsverhandlungen am 9. April: In… | |
Die Jusos wollen Nein zum Koalitionsvertrag sagen. Ist das nur eine Art | |
Reflex? Junge SPD-Linke können keine Regierung abnicken, in der Friedrich | |
Merz und Alexander Dobrindt den Takt vorgeben und Bürgergeld und | |
Migrationspolitik rasiert werden? Es ist etwas komplexer. [1][Juso-Chef | |
Philipp Türmer] hat bislang Realpolitik und eher gesinnungsfeste Äußerungen | |
fein gemixt und dosiert. Dass die Jusos nun auf Oppositionskurs gehen, ist | |
etwas mehr, als noch mal die Fahne hochzuziehen, ehe man sie für vier Jahre | |
einrollt. Das Juso-Nein ist Ausdruck eines sozialdemokratischen Unbehagens | |
in der Regierung, das über die SPD-Linke hinausreicht. | |
Das große Aber lautet: Alle Alternativen sind schlimmer als Schwarz-Rot. | |
Die Juso-Idee, [2][die SPD solle mal eben Migration und Bürgergeld | |
nachverhandeln], löst dieses Dilemma nicht. Den Koalitionsvertrag | |
aufzumachen, heißt, das übersichtliche gegenseitige Vertrauen zu | |
erschüttern. Ein neuer Deal würde der SPD auch eher schaden, weil es | |
Gegenforderungen aus der Union hageln würde. Merz steht in der Union viel | |
stärker unter Beschuss als Lars Klingbeil in der SPD. | |
Die SPD wird am Ende Ja sagen. Ihr Bauchgrimmen ist aber ein Puzzleteil in | |
einem ernüchternden Bild. Die Regierung der Mitte setzt, schon bevor die | |
Namen der MinisterInnen bekannt sind, Fliehkräfte frei. Die SPD glaubt, 15 | |
Euro faktisch vereinbart zu haben, Merz hält das für offen. Die CSU glaubt, | |
die Mütterrente fest vereinbart zu haben, SPD-Generalsekretär Matthias | |
Miersch hält das für offen. Die SPD hält weniger Steuern für | |
Normalverdiener für gesetzt, Merz nicht. | |
## Es fehlt an Führung | |
Normalerweise trennt das Ende der Koalitionsverhandlungen ein Vorher, den | |
Streit, vom Nachher, der Einigung. Bei Schwarz-Rot ist nach den | |
Koalitionsverhandlungen vor dem Streit. Worauf man sich eigentlich geeinigt | |
hat, ist unklar. Das erinnert ungut an die Ampel. Allerdings begann der | |
Ampel-Stress erst nach zwei Jahren; Schwarz-Rot bringt das Kunststück | |
fertig, sich schon vor dem Regieren in den Haaren zu liegen. Lars Klingbeil | |
kündigte vor zwei Wochen an, dass es bei Schwarz-Rot „keine schön | |
klingenden Sätze“ geben werde, die alle verschieden verstehen, und „am Ende | |
feststellen, dass kein Geld da“ sei. Dieser Satz ist nicht gut gealtert. | |
Was fehlt, ist Führung. Merz scheint noch immer ein Getriebener seiner | |
krachenden „Jetzt wird alles anders“-Rhetorik zu sein. Die SPD ist normal | |
unglücklich mit ihrer Rolle als Juniorpartner. Aber die Zeiten sind nicht | |
normal. Die schwarz-rote Führung muss jetzt klären, was sie vereinbart hat. | |
Sonst scheitert diese Regierung schneller, als uns lieb sein kann. | |
15 Apr 2025 | |
## LINKS | |
[1] /Juso-Chef-ueber-Bundestagswahlkampf/!6051070 | |
[2] https://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/koalitionsvertrag-grobes-f… | |
## AUTOREN | |
Stefan Reinecke | |
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