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# taz.de -- Rückblick auf das taz lab 2025: Links vom Parlament
> Das taz lab ist ein Raum für politische Diskussionen und Ideen. Mit
> Robert Habeck, Saskia Esken und anderer Politprominenz klappte das schon
> ganz gut.
Bild: Robert Habeck, scheidender grüner Vizekanzler, im Gespräch mit taz-Reda…
Natürlich musste es auch um die Ampel gehen. Dabei sollte es dem Motto des
diesjährigen taz labs nach, dem Kongress der taz, doch eigentlich
weitergehen, nach vorne: „Weiter machen – jenseits der Empörung“. Einen
kurzen Blick zurück warfen allerdings einige. Um dann aber umso fundierter
in den zahlreichen Diskussionsrunden darüber zu diskutieren, wie es eben
doch weitergehen kann.
Einer derer, die kurz zurückschauten, war der taz-lab-Dauergast und
Noch-Vizekanzler Robert Habeck. „In der Ampel zu sein hat sich wirklich wie
Elend angefühlt – und sich das von außen anzusehen hat sich wahrscheinlich
nicht besser angefühlt“, sagte er. Zuvor lobte er aber noch die
Veranstaltung, auf der er nun zum wiederholten Mal sprach: „Schöne
Tradition, super Ding.“
Nun ist die Ampelregierung Geschichte und eine neue ist dabei, sich zu
bilden. Darüber, unter welchen Bedingungen sie regieren wird, hat unter
anderem die [1][SPD-Parteivorsitzende Saskia Esken] mitverhandelt. Der
parteiintern aktuell zur Abstimmung stehende Koalitionsvertrag zwischen
ihrer Partei und der CDU/CSU sei zwar nicht „SPD pur“, wie sie sagte. Den
gefundenen Kompromiss finde sie aber zustimmungsfähig und, auch wenn es ein
„hässliches Wort“ sei: alternativlos.
Wie wird die nächste Regierung also weitermachen? Der bald von der großen
Politbühne abtretende Habeck zeigte sich wenig optimistisch: „Die Union hat
keinen Plan, was sie mit Deutschland will, außer es zu haben“, sagte er.
Wenn es so weiterginge, könnte es bei der kommenden Bundestagswahl nur für
eine Kenia-Koalition aus CDU/CSU, SPD und Grünen reichen. Für Habeck ist
das eine Befürchtung, auf die er „keine Lust“ habe. Eine Partei findet in
seinen Überlegungen keinen Platz: die FDP. Sie sei, so Habeck, „nicht mehr
existent“. Dass das eine zukünftige Zusammenarbeit zwischen der CDU und AfD
mindestens mal auf dem Papier wahrscheinlicher macht, sorgt Habeck, der die
Gründe für den Rechtsdrift so beschreibt: „Die politische Linke hat in
Deutschland keinen machtpolitischen Plan, während die politische Rechte
seit zehn Jahren einen hat, den sie eisern verfolgt.“
Seine grüne Parteikollegin Ricarda Lang nahm sich derweil ihre eigene
Partei vor. Nur wer Veränderungen anspreche, könne die neue Welt gestalten.
Und das wollten die Grünen auch. Damit das gelingen kann, wünscht sich Lang
in ihren Reihen aber mehr Konfliktfähigkeit: „Wir dürfen nicht nur
Meinungen abbilden, sondern müssen selbst welche bilden.“
In über 100 Panels und Diskussionen wurde auf dem taz lab genau darüber
diskutiert. Zum Beispiel über Russlands Angriffskrieg auf die Ukraine, der
nicht zuletzt auch aus deutscher Sicht alte pazifistische Ideale infrage
stellt. Muss Deutschland die Ukraine stärker militärisch unterstützen? Wie
nah ist der Krieg? Und, falls er noch näher kommt, wer verteidigt uns dann?
Der ehemalige Europaparlamentsabgeordnete der Grünen, Daniel Cohn-Bendit,
beklagte in einem leidenschaftlichen Plädoyer die „knappe
Militärunterstützung für die angegriffene Ukraine“. Und der Autor Ole
Nymoen begründete seinen Standpunkt, nicht militärisch kämpfen zu wollen,
damit, dass er „keine Lust“ habe „auf Menschen zu schießen, von denen mi…
nichts unterscheidet außer dem Pass“.
In seinen Ausführungen nahm Cohn-Bendit es nicht nur mit Russland auf,
sondern mit der ganzen Welt. „Tausende Amerikaner“ seien im Zweiten
Weltkrieg gestorben, „um Europa zu befreien“, sagte er. „Und diese
Sicherheit – Amerika an unserer Seite – das bricht gerade zusammen. Und
damit ist auch für mich eine Welt zusammengebrochen.“
Aber es hilft ja nichts, es muss weitergehen. Und wenn alte Gewissheiten
einer neuerlichen Überprüfung nicht standhalten, muss man sie eben
anpassen. Cohn-Bendit sagt, bei aller Bewusstheit für die deutsche
Geschichte, sei die Frage: „Israel oder Netanyahu?“
Um Israel, Palästina, den Nahostkonflikt und seine vielen Dimensionen ging
es an gleich mehreren anderen Stellen an diesem Tag in Berlin. Die
Historikerin Fania Oz-Salzberger zum Beispiel attestierte der israelischen
Demokratie ein erkranktes Dasein. In Richtung des Publikums sagte sie:
„Deutsche Verantwortung ist etwas anderes als blinde Solidarität.“
Solidarität, Solidaritätszuschlag, Ostdeutschland? Ja, Ostdeutschland! Wer
wollte, konnte sich gleich den ganzen Kongresstag damit beschäftigen, wie
es in den fünf Bundesländern östlich von, sagen wir, Göttingen weitergehen
wird (Tenor: Es wird weitergehen!). Und das wollten viele, wie sowieso über
den ganzen Tag hinweg zahlreiche Menschen zum Zuhören sowie Mit- und
Gegenreden in die Friedrichstraße kamen.
In den Gesprächen auf und neben den Bühnen verdeutlichte sich immer wieder,
wie die großen politischen Fragen auch im Kleinen zu finden sind.
Darüber berichteten zum Beispiel die beiden Abgeordneten der Linkspartei,
Nam Duy Nguyen und Ferat Koçak. Sie schilderten ihre Erfahrungen aus dem
Wahlkampf vor Ort, in ihren Wahlkreisen in Sachsen und Berlin. „Man muss zu
den Menschen gehen und nicht darauf warten, dass sie zu einem an den Stand
kommen“, sagte der Neuköllner Koçak etwa. Und Nguyen ergänzte: „Viel
passiert links und rechts vom Parlament.“ Zum Beispiel einmal im Jahr auf
dem taz-Kongress.
27 Apr 2025
## LINKS
[1] /SPD-Vorsitzende-Saskia-Esken/!6076074
## AUTOREN
Adrian Breitling
## TAGS
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Kolumne Die eine Frage
Schwarz-rote Koalition
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