# taz.de -- Russische Deportationen aus der Ukraine: Fakten schaffen ohne Waffen | |
> Verschleppungen von Ukrainer*innen nach Russland sind seit Monaten | |
> Praxis. Der Kreml will auch so die Ukraine von der Landkarte tilgen. | |
Bild: Mariupol im Mai: Zivilist*innen steigen zur Evakuierung in einen Bus | |
Es ist wichtig, dass die USA Deportationen von Ukrainer*innen nach | |
Russland gerade jetzt vor dem UN-Sicherheitsrat zum Thema gemacht haben. | |
Nur: Was für viele wie eine neue schockierende Nachricht daherkommen mag, | |
ist bereits seit Monaten weitverbreitete Praxis und fester Bestandteil der | |
russischen Kriegsstrategie. Nach wie vor lautet [1][die von oberster Stelle | |
verordnete Vorgabe], die Ukraine, diesen „bedauerlichen Unfall der | |
Geschichte“, von der Landkarte zu tilgen. Um dieses Ziel zu erreichen, gilt | |
es nicht nur den Nachbarn um den Preis sinnloser Zerstörung und | |
Zigtausender Toter militärisch in die Knie zu zwingen, sondern auch die | |
Köpfe und Herzen der Menschen zu erobern – unter Einsatz von Zwang und | |
Gewalt. Nach dem Motto: Fakten schaffen auch ohne Waffen. | |
Wie das funktioniert, ist zahlreichen Berichten und Zeug*innenaussagen | |
zu entnehmen, beispielsweise aus und über Mariupol. Menschen, schwer | |
traumatisiert vom wochenlangem Überlebenskampf im Bombenhagel und nur mit | |
einem One-Way-Ticket ausgestattet, werden einfach verschleppt. Ihre | |
Unterbringung in sogenannten Filtrationslagern erinnert an finsterste | |
Zeiten aus den beiden Tschetschenienkriegen. Registrierung? Von wegen. | |
Stattdessen Gehirnwäsche, Folter, Erniedrigung, Verschwindenlassen oder | |
Tod. | |
Besonders Waisenkinder – es soll Tausende Fälle geben – sind eine | |
hochwillkommene Beute. Da fällt es noch am leichtesten, [2][das verhasste | |
kulturelle ukrainische Gedächtnis auszulöschen] und gehorsame Russ*innen | |
heranzuziehen. | |
Selbst diejenigen, die diesen Terror überleben, sind ihren neuen | |
Machthabern hilflos ausgeliefert. Oder wie sonst sollte jemand, der oder | |
die sich plötzlich im hintersten Winkel Russlands wiederfindet und komplett | |
mittellos ist, diesem Freiluftknast entkommen können? | |
Wie viele Ukrainer*innen betroffen sind, weiß niemand. Doch es könnten | |
noch weitaus mehr Menschen zu Opfern dieses Vorgehens werden, das ein | |
klarer Bruch humanitären Völkerrechts ist. Warum? Erfolge der russischen | |
Truppen lassen auf sich warten. Den ganzen Donbass bis zum 15. September zu | |
besetzen scheint illusorisch. [3][Stattdessen machen die ukrainischen | |
Streitkräfte in den russisch besetzten Gebieten Boden gut.] Um dort | |
geplante Pseudoreferenden Moskaus ist es still geworden. Dafür sollten | |
diejenigen Organisationen, die Kriegsverbrechen dokumentieren, umso lauter | |
werden. Ihre Arbeit ist von unschätzbarem Wert – nicht nur, um | |
Täter*innen zur Verantwortung zu ziehen, sondern auch, um den Opfern | |
eine Stimme zu geben. | |
8 Sep 2022 | |
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## AUTOREN | |
Barbara Oertel | |
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