# taz.de -- Reform des Urheberrechts: EU-Staaten stimmen mehrheitlich zu | |
> Deutschland hat der Reform im EU-Ministerrat zugestimmt. Eine | |
> Protokollerklärung betont hehre Ziele und lässt deren Umsetzung | |
> weitgehend offen. | |
Bild: Insbesondere gegen Artikel 13 wurde mobilisiert. Jetzt ist er beschlossen… | |
Die hoch umstrittene EU-Urheberrechtsreform kommt. Der EU-Ministerrat hat | |
am Montagvormittag zugestimmt. Das deutsche Votum gab dabei den Ausschlag. | |
Am 26. März [1][hatte bereits das Europäische Parlament zugestimmt]. Die | |
Richtlinie muss nun binnen zwei Jahren in nationales Recht umgesetzt | |
werden. | |
Die Abstimmung fand im Rat der Agrarminister statt, weil keine Aussprache | |
mehr vorgesehen war. Das deutsche Ja wurde von Agrarministerin Julia | |
Klöckner (CDU) abgegeben. Sie handelte dabei aber auf Weisung der | |
federführenden Justizministerin Katarina Barley (SPD). | |
19 von 28 EU-Staaten stimmten zu, erforderlich waren 16. Da hinter dem Ja | |
aber auch 65 Prozent der EU-Bevölkerung stehen müssen, kam es auf die | |
Ja-Stimme Deutschlands an. Am Ende waren 71 Prozent der Bevölkerungsstimmen | |
für die Reform. Gegen die Richtlinie stimmten Italien, Polen, Finnland, | |
Schweden, Luxemburg und die Niederlande. Es enthielten sich Belgien, | |
Estland und Slowenien. | |
Über die „EU-Richtlinie für das Urheberrecht im digitalen Binnenmarkt“ wi… | |
schon seit drei Jahren diskutiert. Besonders umstritten ist Artikel 17 | |
(Ex-Artikel 13), der die urheberrechtliche Verantwortung von | |
Upload-Plattformen wie Youtube oder Facebook einführt. Diese sollen | |
Lizenzvereinbarungen schließen und dafür sorgen, dass keine unlizensierten | |
Inhalte hochgeladen werden. | |
## Mit Protokollerklärung | |
[2][Kritiker] um die ehemalige Piraten-Abgeordnete Julia Reda kritisierten, | |
die erforderlichen Uploadfilter seien so aufwändig, dass nur große Konzerne | |
sich die Investition leisten können. Außerdem sei eine derartige Software | |
nicht in der Lage, Parodien, Memes und Remixes zu erkennen. Letztlich sei | |
also auch die Meinungs- und Kunstfreiheit bedroht. | |
Deutschland gab bei der Abstimmung im Rat eine Erklärung zu Protokoll, über | |
die Kanzleramt und Justizministerium noch das ganze Wochenende über | |
gerungen hatten. Diese Protokollerklärung ist rechtlich nicht verbindlich | |
und stellt nur eine politische Meinungsäußerung der Bundesregierung dar. | |
Hiermit deutete die Bundesregierung an, wie sie die Richtlinie umsetzen | |
will. Allerdings sollen nationale Sonderwege vermieden werden. In einem | |
Dialog-Prozess, der in der Richtlinie vorgesehen ist, soll eine „europaweit | |
einheitliche Umsetzung vereinbart“ werden. | |
Als Ziel gibt die Bundesregierung aus, „das Instrument ‚Uploadfilter‘ | |
weitgehend unnötig zu machen“. Auch der Eu-weite Dialog soll von diesem | |
Geist getragen sein. | |
Der zentrale Ansatz der Richtlinie hierzu ist, dass Youtube und Co. | |
Lizenzen erwerben, so dass die Kreativwirtschaft besser an den | |
Werbeeinnahmen der Plattformen teilhaben kann. Für den Lizenzerwerb wünscht | |
sich die Bundesregierung „praktikable Lösungen“, die von den Plattformen | |
nichts Unzumutbares verlangen. Zugleich sollen die Plattformen aber „faire | |
Vergütungsangebote“ machen. | |
Damit „möglichst alle“ hochgeladenen Inhalte lizensiert werden, nennt die | |
Erklärung verschiedene Modelle, etwa den Einsatz von | |
Verwertungsgesellschaften (wie die Gema) oder einen Kontrahierungszwang, | |
das heißt eine Pflicht, Lizenzverträge zu schließen. Die Bundesregierung | |
werde „alle diese Modelle prüfen“, heißt es in der Protokoll-Erklärung. … | |
Diskussion in der Regierung ist also eher noch am Anfang als am Ende. | |
Die Regierung erinnert daran, dass geschützte Inhalte auch künftig für | |
Rezensionen, Zitate oder Parodien ohne Vergütung genutzt werden können. Für | |
darüber hinausgehende Nutzungen – gemeint sind wohl Remixe und Mash-Ups – | |
sollen die Plattform wiederum Lizenzen erwerben. Gemeint sind hier | |
vermutlich die von der CDU vorgeschlagenen „Pauschallizenzen“. | |
## Spätere Korrekturen wären aufwändig | |
Falls die Plattformen Uploadfilter einsetzen, sollen die Nutzer vor | |
ungerechtfertigten Blockaden geschützt werden. Wer Inhalte Dritter erlaubt | |
hochlädt, etwa im Rahmen einer Parodie, soll dies beim Upload mitteilen, um | |
eine automatische Löschung zu verhindern. Dann müsste ein Mensch den Upload | |
prüfen, schlägt die Regierung vor. Falls die Reform am Ende doch negative | |
Auswirkungen auf die Meinungsfreiheit haben sollte, will die | |
Bundesregierung auf Korrekturen hinwirken. Dazu wäre aber wahrscheinlich | |
ein neues aufwändiges EU-Gesetzgebungsverfahren erforderlich. | |
Die Bundesregierung betont, dass die neue urheberrechtliche Verantwortung | |
nach ihrer Lesart nur auf die großen kommerziellen Plattformen wie Youtube | |
und Facebook abzielt. Die Regierung will klarstellen, dass Angebote wie | |
Wikipedia, Blogs und Foren sowie Messenger wie Whatsapp nicht zu den in Art | |
17 erfassten Plattformen gehören. | |
Die Reform soll nicht dazu führen, dass die großen Plattformen mittels | |
ihrer bereits vorhandenen Filtertechnologien „ihre Marktmacht weiter | |
festigen“. Die Bundesregierung will deshalb den Einsatz von quelloffener | |
Software und offenen Schnittstellen „fördern“. | |
Die Erklärung der Bundesregierung liest sich nicht so, als hätte sie bis | |
zum Abschluss der Richtlinie erfolgreich verhandelt. Warum sie ihre Ziele | |
nun plötzlich bei der Umsetzung der Richtlinie erreichen kann, wird nicht | |
deutlich. | |
15 Apr 2019 | |
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## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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