| # taz.de -- Reform der Öffentlich-Rechtlichen: Aufruf zum Einmischen | |
| > Eine Initiative möchte die Öffentlich-Rechtlichen reformieren. Sie | |
| > fordert eine echte Digitalstrategie und mehr Lokaljournalismus. | |
| Bild: Passiert da noch was im Netz? | |
| Welchen öffentlich-rechtlichen Rundfunk hätten’s denn gern? Diese Frage | |
| sollte sich eine aufgeklärte Mediengesellschaft eigentlich immer mal wieder | |
| stellen. Bislang war trotz vieler engagierter Einzelinitiativen von | |
| gesamtgesellschaftlicher Debatte, geschweige denn von daraus ableitbaren | |
| Forderungen und Ideen, wenig zu sehen. | |
| Das könnte jetzt anders werden. Unter [1][„#UnsereMedien – | |
| Öffentlich-rechtliche Medien müssen unterstützt und weiterentwickelt | |
| werden“] rufen Medienschaffende, aktive und gewesene | |
| Medienpolitiker*innen und auch ein paar ganz normale Menschen zum | |
| Einmischen auf. Hinter der Initiative steht das vom Ex-Grimme-Direktor, | |
| Filmemacher und Journalistikprofessor Lutz Hachmeister gegründete Institut | |
| für Medien- und Kommunikationspolitik in Köln, das sich schon seit ein paar | |
| Jahren an der Reform von ARD, ZDF und Deutschlandradio die Zähne ausbeißt. | |
| Die Zeit ist eigentlich günstig. Die für Medienpolitik und damit vor allem | |
| für den öffentlich-rechtlichen Sektor zuständigen Bundesländer haben nach | |
| ebenfalls jahrelangem Her und Hin ein paar neue Spielregeln formuliert. Sie | |
| sollen in einen neuen Staatsvertrag münden, der entsprechende | |
| „Diskussionsentwurf zu Auftrag und Strukturoptimierung des | |
| öffentlich-rechtlichen Rundfunks“ ist gerade in der öffentlichen | |
| Konsultationsphase. Beziehungsweise war, was #UnsereMedien ein bisschen zu | |
| spät gekommen aussehen lässt: Die Möglichkeit für jede*n, sich hier online | |
| mit Anregungen und Kommentaren zu beteiligen, endete am Dienstag. | |
| Doch der Zug ist längst noch nicht abgefahren. Medienpolitische Mühlen in | |
| Deutschland mahlen gründlich und manchmal sehr, sehr langsam. „Uns geht es | |
| darum, die Debatte möglichst breit aufzustellen“, sagte die frühere | |
| WDR-Redakteurin Sabine Rollberg, die zu den Initiator*innen von #Unsere | |
| Medien gehört. „Bei Sendern und der Politik darf nicht weiter der Eindruck | |
| entstehen, sie machten das alles unter sich aus“. Denn bei so einer | |
| „Betriebsblindheit“ bleibe jede echte Reform auf der Strecke. | |
| „Es gibt doch eine breite Mehrheit, die sagt: Wir finden die | |
| Öffentlich-Rechtlichen im Prinzip gut, aber es muss sich ganz viel ändern.“ | |
| Es gehe schlicht um „konstruktive Kritik“ – zu der es aber überhaupt nic… | |
| passe, „dass die, die Kritik an den Öffentlich-Rechtlichen üben, gleich in | |
| eine Ecke mit bestimmten Kreisen der Union oder gleich der AfD gestellt | |
| werden“, so Rollberg. | |
| ## Schluss mit Quotenfetisch | |
| Die Initiative pocht auf eine [2][Digitalstrategie der Sender], die dem | |
| Namen gerecht wird. „Über lineare Kanäle hinaus müssen die Sender mehr | |
| Möglichkeiten zur Verbreitung online haben, damit alle | |
| Beitragszahler*innen zeitlich souverän auf die von ihnen finanzierten | |
| Programme zugreifen können. Ziel sollte eine Digitalstrategie sein, die | |
| Abhängigkeiten von globalen kommerziellen Plattformen reduziert und | |
| stattdessen auf eigene interaktive, vernetzte Plattformen und europäische | |
| Kooperationen setzt“, heißt es in dem Grundsatzpapier. | |
| Selbst von „Technologieführerschaft“ ist die Rede. Dafür müssten sich die | |
| Öffentlich-Rechtlichen aber deutlich klarer auf den Zahn fühlen lassen. | |
| Gefordert werden „sinnvolle, transparente Maßstäbe“ für eine „unabhän… | |
| Kontrolle der Zielerreichung, die über rein prozessorientiertes | |
| Qualitätsmanagement“ und den immer noch dominierenden Klick- oder | |
| Quotenfetisch – egal ob bei TV, Radio oder Online – hinausgehen. | |
| [3][Die Öffentlich-Rechtlichen] sollen außerdem eine größere Rolle im | |
| Lokaljournalismus spielen, der nach der Einschätzung von der Initiative „in | |
| Teilen Deutschlands kaum noch vorhanden“ sei. Sie sollten die bislang vor | |
| allem von den Tageszeitungsredaktionen geleistete Arbeit zwar nicht | |
| vollständig ersetzen. „Trotzdem müssen sie in der Fläche unseres Landes, | |
| gerade abseits der Ballungsräume, mehr Präsenz zeigen.“ Strukturelle | |
| Kooperationen mit kommerziellen Lokalmedien dürften dabei „kein Tabu sein“, | |
| heißt es weiter im Papier. | |
| Zu den Erstunterzeichner*innen des Appells gehören neben so ziemlich | |
| allen einschlägigen (Medien-)Wissenschaftler*innen auch | |
| medienpolitische Strippenzieher*innen wie der SPD-Mann Paul Leo Giani, der | |
| Ex-Koordinator der Rundfunkkommission der Länder Martin Stadelmaier (SPD), | |
| ZDF-Unruheständlerin Petra Gerster, Dokfilmpapst Stephan Lamby, der | |
| Schauspieler Burkhard Klaußner und Ex-Piratin [4][Marina Weisband]. Um es | |
| mal vorsichtig zu sagen: Mit weiteren Unterschriften wird gerechnet. Eine | |
| Reaktion der Öffentlich-Rechtlichen selbst steht momentan noch aus. | |
| 15 Dec 2021 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://unsere-medien.de/wp-content/uploads/2021/12/UnsereMedien.pdf | |
| [2] /Analogfernsehen-am-Ende/!5095111 | |
| [3] /Oeffentlich-rechtlicher-Rundfunk/!5791847 | |
| [4] /Gespraech-mit-Marina-Weisband/!5816151 | |
| ## AUTOREN | |
| Steffen Grimberg | |
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