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# taz.de -- Rechtsstreit zwischen ARD und Bild TV: 18-Uhr-Prognose besonders ge…
> Bild TV hat das Urheberrecht verletzt, als es am Wahlabend ARD-Livebilder
> übernahm. So sagt es ein Gerichtsurteil – zumindest teilweise.
Bild: Bild TV ist seit 22. August auf Sendung, hier im Bild ein ehemaliger Mita…
Berlin taz | [1][Bild TV] durfte am [2][Wahlabend] die Prognosen und
Hochrechnungen aus der ARD nicht zeitgleich im eigenen Programm senden. Das
hat das Landgericht Berlin nach mündlicher Verhandlung am Donnerstag
entschieden. Die ARD hatte eine entsprechende einstweilige Verfügung gegen
Bild TV beantragt.
Hingegen hielt das Gericht es für zulässig, dass Bild TV ein kurzes
ARD-Interview mit dem CDU-Politiker Paul Ziemiak, ebenfalls am Wahlabend,
leicht zeitversetzt gesendet hatte. Das Gericht gab dem ARD-Antrag damit
nur teilweise statt.
Am Wahlabend am 26. September hatte Bild TV mehrfach ohne Erlaubnis
Livebild und -ton von ARD und ZDF ins eigene Programm übernommen. Das
betraf die ersten Prognosen und Hochrechnungen ab 18 Uhr, außerdem ein
dreiminütiges Interview mit CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak sowie die
ZDF-“Elefantenrunde“ um 20.15 Uhr.
ARD und ZDF sehen ihr Urheberrecht verletzt und werfen Bild außerdem
unlauteren Wettbewerb vor. In Sachen der „Elefantenrunde“ des ZDF hatte im
November bereits das Landgericht Köln festgestellt, dass Bild TV die
Sendung nicht hätte übernehmen dürfen. Bei der aktuellen Entscheidung ging
es daher nur noch um die Hochrechnungen und das Ziemiak-Interview.
## 0,1 Prozent Publikumsanteil
Das Gericht, die für Urheberrechtsfragen zuständige Zivilkammer, sah im
zeitgleichen Senden von Prognose und erster Hochrechnung eine Verletzung
der Leistungsschutzrechte der ARD in § 87 Urheberrechtsgesetz. Damit war
das Verhalten von Bild TV in diesem Punkt unzulässig.
Bild TV ist als Ableger der Bild-Zeitung und von Bild.de [3][im August im
linearen Fernsehen gestartet]. Mit Quoten tut sich der Sender seither
überraschend schwer, mit zuletzt etwa 0,1 Prozent Publikumsanteil. Gerade
bei nachrichtlichen Großereignissen aber war erwartet worden, dass Bild
seine Stärken ausspielen würde: Schnelligkeit und Schärfe im Kommentar.
Dass Bild TV in der Wahlnacht das Programm anderer sendete, wurde daher am
Abend von einigen Journalist*innen mit Häme kommentiert.
Der Axel Springer-Verlag, der Bild TV betreibt, hatte sich auf die
zeitgeschichtliche Bedeutung der 18-Uhr-Prognose berufen. Der Anwalt der
Bild-Gruppe argumentierte in der Verhandlung mit dem „einzigartigen
Moment“, den die Preisgabe der ersten Prognosen und Hochrechnungen am
Wahlabend darstelle. Zumal es sich um eine wegweisende Wahl gehandelt habe.
Dieser Moment müsse bildlich zu sehen sein. Deshalb sei die Übernahme des
Programms notwendig und angemessen gewesen.
Das Gericht folge dem nicht. Die Übernahme der Sendung sei nicht unter dem
Gesichtspunkt einer Berichterstattung über Tagesereignisse (§ 50 UrhG)
gerechtfertigt gewesen. Das entscheidende Ereignis sei hier der Ausgang der
Wahl, den könne man mit eigenen Grafiken darstellen, so der Richter. Es sei
daher nicht notwendig, ARD-Livebilder zu zeigen.
## Ziemiak-Interview war okay
Ebenfalls als nicht anwendbar sah das Gericht das Zitatrecht (§ 51 UrhG).
Bild-TV hatte die Hochrechnungen aus ARD und ZDF zeitgleich als
Split-Screen gezeigt und von Bild-Moderator Kai Wiese live kommentieren
lassen, dadurch habe man der Sendung etwas hinzugefügt, hatte Bild sich
verteidigt. Der Richter argumentierte hier: Das Zitatrecht sei nur
anwendbar, wenn ein Werk herangezogen werde, um zuvor entwickelte Gedanken
zu belegen. Dies sei bei einer Live-Sendung nicht vorstellbar.
Der Anwalt der Bild-Gruppe hatte beteuert, es handle sich wegen der
besonderen Tragweite des Wahlergebnisses 2021 um einen Einzelfall. Es
bestehe seitens Bild keine Wiederholungsgefahr. Die Frage ob
Wiederholungsgefahr besteht, ist bei einstweiligen Verfügungen relevant.
Das Interview mit CDU-Generalsekretär [4][Paul Ziemiak] zu übernehmen
hingegen hielt das Gericht für angemessen. Dieses Interview sendete die ARD
unmittelbar nach der 18-Uhr-Prognose. Das Gericht befand, diese erste
Reaktion eines wichtigen Politikers in diesem Moment sei von öffentlichem
Interesse.
Zweitens habe Bild TV in diesem Fall das Interview nicht zeitgleich
gesendet, sondern leicht zeitversetzt. Damit sei das Primärverwertungsrecht
der ARD nicht beeinträchtigt.
## Am Ende nur Gewinnerinnen
Ebenfalls zurückgewiesen hat das Gericht die Vorwürfe des unlauteren
Wettbewerbs. Das Gericht bezweifelt, dass ARD und Bild TV überhaupt
Wettbewerberinnen sind. Die ARD sei im Moment der Wahlnacht nicht
unternehmerisch tätig gewesen, sondern habe ihren Auftrag als
öffentlich-rechtlicher Rundfunk erfüllt.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig; es kann dagegen Berufung beim
Berliner Kammergericht eingelegt werden.
Die ARD zeigte sich mit dem Ergebnis zufrieden. „Das Berliner Landgericht
hat dem Antrag der ARD auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen Bild
TV im für uns wichtigsten Punkt stattgegeben“, sagte eine Sprecherin der
taz am Donnerstag. „Hinter unserer Wahlberichterstattung stehen viel
journalistische Erfahrung und ein großer Aufwand. Deswegen informieren sich
die meisten Bürgerinnen und Bürger bei der Bundestagswahl bei ARD und ZDF
aus erster Hand.“
Der Springer-Verlag sieht sich derweil ebenfalls als Gewinner. Bild habe
sich in Sachen das Ziemiak-Interviews „durchgesetzt“. „Wir begrüßen seh…
dass das Landgericht Berlin in seiner Entscheidung unsere Rechtsauffassung
teilt, dass die Übernahme des Ziemiak-Interviews der ARD am Wahlabend durch
BILD TV eine urheberrechtlich zulässige Berichterstattung über ein
Tagesereignis von überragendem öffentlichen Nachrichteninteresse war.“
## Verknüpfung mit Leistungsschutzrecht
Was das Verbot der Übernahme von Prognosen und Hochrechnungen angehe, prüfe
der Verlag hingegen die Einlegung eines Rechtsmittels.
Bild hatte im Vorfeld bereits angekündigt, Leistungsansprüche an die
öffentlich-rechtlichen zu begleichen, sollten diese vom Gericht
festgestellt werden. Ein Bild Sprecher hatte dies in Statements stets mit
einem Seitenhieb auf das [5][Leistungsschutzrecht] verknüpft, welches
ebenso gegen die Netz-Konzerne Google, Apple, Facebook und Amazon
durchgesetzt gehöre.
Der Axel Springer-Vorsitzende Mathias Döpfner setzt sich seit Jahren für
ein strenges Leistungsschutzrecht gegen die Internetriesen ein, das diese
zur Zahlung verpflichten soll, wenn sie Abschnitte aus Pressetexten etwa in
Suchergebnissen anzeigen.
Aktenzeichen: 16 O 297/21
10 Dec 2021
## LINKS
[1] /Bild-TV-im-Kabelnetz/!5780888
[2] /Schwerpunkt-Bundestagswahl-2025/!t5007549
[3] /Bild-im-linearen-Fernsehen/!5794124
[4] /Paul-Ziemiak/!t5446259
[5] /Deal-zwischen-Google-und-Medien/!5816635
## AUTOREN
Peter Weissenburger
## TAGS
Axel Springer
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Leistungsschutzrecht
Öffentlich-Rechtliche
Bild-Zeitung
Kolumne Flimmern und Rauschen
Schwerpunkt Urheberrecht
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