# taz.de -- Förderung für Dokumentarfilme: Ergänzung zum System | |
> Filmemacher*innen beklagen im Aufruf „Docs for Democracy“ eklatante | |
> Defizite bei der Förderung. Eine Stiftung, die direkt Geld gibt, soll | |
> helfen. | |
Bild: Die klassische Produktion und Auftragsvergabe der Sender soll weiter best… | |
Der öffentlich-rechtliche [1][Rundfunk wird reformiert]. Er soll | |
öffentlich-rechtlicher werden. Höchste zeit wird’s. Was das allerdings | |
genau meint und wie es bewerkstelligt werden soll, bleibt in der aktuellen | |
Diskussion so wattig wie vage. Die Politik darf schließlich nur ein hehres | |
Wunschkonzert übergeordneter Begrifflichkeiten anstimmen und muss sich aus | |
gutem Grund von allem Inhaltlich-Konkreten fernhalten. Die Sender selbst | |
sind noch dabei sich zu sortieren. Womit sie nun auch schon mehr als ein | |
halbes Jahrzehnt beschäftigt sind. Also muss mal wieder der Dokfilm ran. | |
Ein Teil seiner Macher*innen hat jetzt den Aufruf „Docs for Democracy“ | |
(DfD) gestartet. | |
Die Idee ist so simpel wie bestechend und eigentlich uralt. Dokumentarische | |
Inhalte sind ein – wenn nicht das – Herzstück aller öffentlich-rechtlichen | |
Angebote. Also sollen sie auskömmlich und gerne auch ein bisschen besser | |
als bisher finanziert werden. Gleichzeitig soll den eingefahrenen | |
Spielregeln und Spielchen des real existierenden öffentlich-rechtlichen | |
Beauftragungsgeschäfts der Anstalten ein zusätzliches Alternativmodell an | |
die Seite gestellt werden. „Mit öffentlichen Mitteln geförderte Medien | |
werden zu gemeinwohlorientierten öffentlichen Gütern“, nimmt „Docs for | |
Democracy“ ein Argument von ARD, ZDF & Co. auf, mit denen diese seit ein | |
paar Jahren die Politik becircen. | |
Docs for Democracy (DfD) [2][entstand als Arbeitsgruppe der AG Dok], in der | |
die meisten deutschen Dokfilmer*innen organisiert sind. „Wir dürfen | |
keine Angst vor neuen Modellen haben“, sagt DfD-Mitinitiator Thorolf Lipp. | |
„Dazu gehört auch, alte Zöpfe abzuscheiden, um einen Public Value zu | |
erreichen, von dem auch die Macher*innen etwas haben.“ | |
Konkret ist eine Stiftung geplant, die direkt Geld für dokumentarische | |
Produktionen gibt. Dabei entscheiden nicht Sender und Redaktionen, sondern | |
unabhängige Jurys, was gefördert wird. Anders als bei der heute Film- und | |
TV-Förderung soll es nicht um eine anteilige Finanzierung gehen, die | |
Projekte sollen voll bezahlt werden – mit anständigen Konditionen für die | |
Macher*innen. | |
## Das Geld sei schon da | |
Im Umkehrschluss ist eine möglichst freie Lizenzierung „für ein langfristig | |
verlässliches kulturelles Gedächtnis“ geplant, wie es in dem Aufruf weiter | |
heißt. Das Geld ist – zumindest in der Sicht von DfD – auch schon da. Zwei | |
Prozent vom Rundfunkbeitrag sollen in solche DfD-Projekte fließen, aktuell | |
wären das rund 160 Millionen Euro pro Jahr. Auf diese Weise werden heute | |
schon die für die Aufsicht über den privaten Rundfunk zuständigen | |
Landesmedienanstalten finanziert, die sich schon länger über zwei | |
Beitragsprozente freuen können. | |
Die DfD will dabei nicht die Branche auf den Kopf stellen. Die klassische | |
Produktion und Auftragsvergabe der Sender soll weiter bestehen bleiben. DfD | |
versteht sich ausdrücklich als – allerdings dringend notwendige Ergänzung �… | |
zum bestehenden System, bei dem allerdings eklatante Defizite ausgemacht | |
werden. | |
Laut DfD ist das dokumentarische Genre „eklatant unterfinanziert und im | |
Programm unterrepräsentiert“. Zudem ließen „eindimensionale Doku-Formate�… | |
zu wenig Raum für die komplexe Realität von heute. „Erratische | |
Entscheidungswege in den Redaktionen“ verhinderten mehr Mut und Experiment | |
bei den Macher*innen und vor allem die „Quotenfixierung ist und bleibt | |
ein Problem“. | |
Daher sollen mit der Direktförderung nach dem DfD-Konzept vor allem solche | |
dokumentarischen Beiträge ermöglicht werden, „die es im derzeitigen | |
Medienangebot kaum gibt, obwohl sie als Bestandteil der demokratischen | |
Daseinsvorsorge unerlässlich sind“. Hier wird’s dann doch auch ein wenig | |
schwammig. Immerhin: Eher nicht für die Förderung vorgesehen sind aktuelle | |
Beiträge wie Nachrichten, Magazinsendungen oder rein unterhaltende | |
„Doku“-Formate wie Zoo-Dokus, Reisefilme, Abenteuer-Reportagen oder „form… | |
standardisierte Human Interest-Themen“. | |
22 Dec 2021 | |
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## AUTOREN | |
Steffen Grimberg | |
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