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# taz.de -- Analogfernsehen am Ende: Alles so schön digital hier
> Weil am 30. April der analoge Satellit abgeschaltet wird, baut die ARD
> ihr Angebot an Digitalkanälen um. Aus dem Info-Kanal EinsExtra wird
> tagesschau24.
Bild: Bald rauschen analoge Programme nur noch.
BERLIN taz | Wer am Sonntag, dem 29. April, noch analoges Fernsehen über
Satellit sieht, ist nicht zu beneiden. Denn der Bildschirm bleibt hier ab
30. April schwarz oder sendet rauschendes Grieseln. In der Nacht zum Montag
endet die analoge Ausstrahlung des TV-Signals via Satellit. Wie das
Antennenfernsehen DVB-T ist es dann nur noch digital zu haben.
Einige Sender wie Dmax, Viva, Comedy Central oder Nickelodeon haben schon
Ende Dezember 2011 ihr analoges Satelliten-Signal abgeschaltet. Analog
geglotzt werden kann dann nur noch via Kabel – was heute noch knapp die
meisten TV-Haushalte (48 Prozent) in Deutschland tun. Per Satellit
versorgen sich derzeit gut 47 Prozent der Haushalte, DVB-T kommt nur in
Ballungsräumen auf nennenswerte Zahlen.
Der Umstieg ist vor allem für die ARD willkommener Anlass, ihre bislang
nicht sonderlich wahrgenommenen Digitalkanäle nach vorn zu bringen. Drei
gemeinsame Kanäle hat der ARD-Verbund, doch wenn es um Digitalkanäle geht,
reden alle nur von ZDFneo. Und vielleicht noch ein bisschen von ZDFkultur.
Die Konkurrenz aus Mainz hat es auch leichter mit ihren ebenfalls drei
digitalen Zusatzprogrammen (das dritte heißt ZDFinfo): Für das ZDF mit
bislang nur einem großen Hauptprogramm sind die neuen Kanäle ein Segen. Für
die ARD, so schien es zwischenzeitlich, eher ein Fluch, auf den sich auch
noch alle einigen mussten.
Doch jetzt soll auch hier alles besser werden. Der SWR verordnet dem von
ihm verantworteten bisherige Doku- und Service-Digitalkanal ein neues
Pogramm – und behält den Namen: EinsPlus will ab Montag in den Abendstunden
[1][mit jugendorientiertem Programm] punkten. Jetzt lies auch der NDR die
Katze aus dem Sack, hier bleibt zwar inhaltlich fast alles beim Alten,
dafür ändert sich der Name: Aus EinsExtra wird Tagesschau24.
„Das inhaltliche Konzept wird nicht verändert“, sagt NDR-Intendant Lutz
Marmor, es bleibe beim Informationskanal. Der soll eigentlich ein
Nachrichtenkanal sein, aber das darf Marmor nicht sagen, sonst gibt es
Ärger mit der privaten Konkurrenz von n-tv und N24. Der dritte Kanal im
Bunde, das vom WDR verantwortete EinsFestival, sendet Serien, Filme und
Musiksendungen und orientiert sich schon länger an dem, was man im
öffentlich-rechtlichen Rundfunk für junge Zuschauer hält.
## „Ein Maximum an Synergie“
„Der Name tagesschau24 signalisiert den Zuschauerinnen und Zuschauern, was
der Mehrwert dieses Digitalkanals ist: Nachrichten nonstop, alle 15 Minuten
aktuell und direkt aus dem Studio der 'Tagesschau'“, sagt Marmor. Die
Sendungen werden dabei von derselben Redaktion gefahren, die ohnehin für
die täglich rund 20 „Tagesschau“-Ausgaben im Ersten arbeitet. „Das ist e…
Maximum an Synergie“, sagt Marmor, zugleich mache der Name tagesschau24
„deutlich, dass es dabei um den Kern unseres Auftrags geht – die
Information.“
In diesem Zusammenhang äußerte sich der NDR-Chef, der ab 2013 den
ARD-Vorsitz übernimmt, auch ein bisschen kritisch über die bisherige
Digitalstrategie der ARD: „Also wenn Sie EinsExtra, EinsPlus, EinsFestival
einfach so hören, wüssten Sie wahrscheinlich nicht, was drin ist“, sagte
Marmor. Bei Tagesschau24 wisse der Zuschauer nun, was er geboten bekomme.
Bislang erreicht EinsExtra rund 700.000 Zuschauer am Tag. Auch künftig
sollen werktags von 9 bis 20 Uhr jede Viertelstunde aktuelle Nachrichten
gezeigt werden, natürlich in „Tagesschau-Qualität", betont der NDR. Wobei
allen klar sei, dass kein Mensch rund um die Uhr Tagesschau24 gucken werde.
„Wer bei uns länger als eine Viertelstunde zuguckt, ist doch entweder
eingeschlafen oder wirklich ein absoluter Nachrichtengenießer", so
ARD-aktuell-Chefredakteur Kai Gniffke.
Und ein bisschen geht es natürlich auch ums liebe Geld im teuren
TV-Nachrichtengeschäft: „Die enge Verzahnung bei Redaktion und Produktion
spart nicht nur Geld, sondern trägt auch zur Qualitätssteigerung bei“, sagt
Gniffke. Und dass sich als Folge der Namensänderung weitere
Einsparmöglichkeiten ergeben, weil man ja jetzt das komplette
„Tagesschau-Design" Ersten ARD-Programm wie auf dem umbenannten
Digitalkanal verwenden kann. Das bisherige Online-Angebot Eins-Extra.de
soll ebenfalls eingestellt werden bzw. geht in tagesschau.de auf.
## Unter verschärfter Beobachtung
Allerdings steht die Digitalstrategie der ARD weiter unter verschärfter
medienpolitischer Beobachtung: Am 25. April hatte die aktuelle
ARD-Vorsitzende, WDR-Intendantin Monika Piel nach einiger Sitzung aller
ARD-IntendantInnen in Frankfurt/Main neue Verhandlungen mit den zuständigen
Bundesländern angekündigt. Dabei wird es auch um teilweise laut gewordene
Forderung gehen, deren Zahl wieder zu reduzieren oder ARD und ZDF zu
Kooperationen bei den Digitalkanälen zu bewegen.
Piel will hierüber in den nächsten Wochen mit dem rheinland-pfälzischen
Ministerpräsidenten Kurt Beck (SPD) und seinem sächsischen Amtskollegen
Stanislaw Tillich (CDU) reden. Wegen der leisen politischen Skepsis setzen
die IntendantInnen stark auf die jetzt anstehende Satellitenabschaltung:
Sie soll den Digitalkanälen ab dem 30. April deutlich mehr Zuschauer
bescheren als bislang.
29 Apr 2012
## LINKS
[1] /!90598/
## AUTOREN
Steffen Grimberg
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