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# taz.de -- Neue Formate im Fernsehen: Willkommen in Digitalistan
> Das analoge TV-Signal wurde abgeschaltet – nun zeigen ARD und ZDF auf
> ihren Digitalkanälen, wie gutes Fernsehen aussehen kann. Das muss man
> sehen. Vier Empfehlungen.
Bild: Es darf geraucht werden, moderiert wird kaum: Charlotte Roche und Jan Bö…
## „Roche & Böhmermann“, ZDF Kultur, ab 2. September, Sonntag, 22 Uhr
Das rockt: Hier sitzen einfach fünf Gäste an einem runden Tisch im
Retrostudio und reden Quatsch. Jeder, so viel er kann, kreuz und quer – und
nur sehr vage geleitet von den Moderatoren. Eine charmante, ziemlich
urförmige Umsetzung des Begriffs „Unterhaltung“. Wenn andere Fernsehrunden
Ort für Selbstdarstellung sind, kann man bei Roche und Böhmermann
beobachten, wie der Rapper Sido ausflippt, als er sich wegen seiner Haltung
zum Ökostrom zensiert fühlt, wie der frühere Spielshowmoderator Werner
Schulze-Erdl über seine weißen Tennissocken sinniert und Charlotte Roche
dem Ochsenknecht-Spross Wilson Gonzales eröffnet, bis kurz vor der Sendung
nicht gewusst zu haben, dass er und sein Bruder Jimmy Blue überhaupt zwei
Personen seien. Außerdem gut: Es wird geraucht.
Das floppt: Am Tisch von Roche und Böhmermann werden zurückhaltende Gäste
einfach weggequatscht.
## „Elektrischer Reporter“, ZDFinfo, Mittwoch, 14.15 Uhr, wird mehrmals
wiederholt
Das rockt: Mario Sixtus gehört mit seinem elektrischen Reporter schon seit
Jahren mit zu dem Besten, was der hiesige Journalismus zu Internetthemen zu
bieten hat – erst unabhängig vom ZDF, nun in dessen Dienst. Im deutschen
Fernsehen informiert niemand so treffend über eBook-Markt,
Internetaktivisten, Datenjournalismus oder alles andere, was gerade so
ansteht. Vor allem mit einer Masse von Bildideen für dröge Internetthemen,
von denen sich andere Redaktionen noch ziemlich viel abgucken könnten. Da
werden die Geschichten interessanter Netzprotagonisten anhand eines Tweets
erzählt oder aber darüber spekuliert, wie sich technische Entwicklungen von
heute auf die vernetzte Welt von morgen auswirken können. Ach wären doch
alle ZDF-Sendungen optisch und inhaltlich so weit vorne! Und alle
Moderatoren so herrlich trocken wie Sixtus.
Das floppt: Niemand versteht, wann die Sendungen wiederholt werden.
## „ZDF Marker“, ZDFKultur, täglich 20 Uhr
Das rockt: In 15 Minuten kann man nicht die Welt erklären. Die Redaktion
des „Markers“ ist deswegen besonders gut, weil sie einen Mix aus
Konzentration und Ausschweifung hinkriegt. Unter einem Oberthema wie
„Aufmerksamkeit“ sind dann relativ nachrichtliche Beiträge über die
Piratenpartei ebenso zu sehen wie ein verspulter Animationsfilm über das
Leben der Einminutenfliege. Der Look der Sendung ist gekonnt unfertig
inszeniert und passt zum „Wir diskutieren das noch“ von Occupy, Piraten und
dem Zeitgeist allgemein.
Das floppt: Moderatorin Hadnet Tesfai verwechselt zu oft Begeisterung mit
Kreischen und Coolness mit dem, was sie für Jugendsprache hält. Als
Moderatorin des Musiksenders Viva hätte sie in den 90ern damit vielleicht
reüssieren können, im „Marker“ wirkt sie nur seltsam aus der Zeit gefalle…
Leider floppt auch der ambitionierte Blog zur Sendung, für eine wirkliche
Diskussion mit dem Publikum beteiligen sich bisher zu wenige Leute.
## „Ausflug mit Kuttner“, Eins Plus, Sonntag, 20.15 Uhr
Das rockt: In den zwei jeweils halbstündigen Sendungen, die Eins Plus vorab
zur Verfügung stellte, fuhr Moderatorin Sarah Kuttner mit dem
Schriftsteller Wladimir Kaminer zum Campen ins Brandenburgische und mit dem
Schauspieler Til Schweiger zum Kartfahren an den Rand von Berlin. Gut waren
die Momente, in denen der Ausflug Kuttners Gäste tatsächlich berührte und
nicht nur Staffage für die sonst üblichen Gespräche war. Kaminer doziert am
Gaskocher über Leidenschaft, Schweiger verliert am Kicker zehn zu null
gegen Kuttner. Tipp: Auf der Fahrt zum Ausflugsziel immer die Gäste ans
Steuer lassen. Abgelenkt durch den Verkehr, plaudern sie auch eher
Unbedachtes.
Das floppt: Kuttner hat diese Gottschalk-Macke, über alles zu witzeln. Das
erweckt den Eindruck, dass sie sich für nichts wirklich begeistern oder
interessieren kann. Wenn das Gespräch festzufahren droht, können Kuttners
Sprüche jedoch die Erstarrung lösen. Idealer Einsatzort für sie.
30 Apr 2012
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Charlotte Roche
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